Neue Investitionsrekorde: Ein Überblick über den jüngsten FinTech-Funding-Wahn

Neue Investitionsrekorde: Ein Überblick über den FinTech-Funding-Wahn der jüngeren Vergangenheit

Ihre innovativen Geschäftsideen und ihren häufig disruptiven Technologien machen (Tech-) Startups überall auf der Welt für Investoren interessant. Auch in diesem Jahr flossen bereits gewaltige Summen an Startups aus den unterschiedlichsten Branchen,  darunter eine Vielzahl an FinTechs. In diesem Beitrag schauen wir uns genauer an, wie sich die Risiko-Investments in FinTechs in jüngster Zeit entwickelt haben und wo am meisten investiert wird. Außerdem werfen wir einen Blick auf die Anleger-Lieblinge – international und in Deutschland.

Höheres Finanzierungsvolumen, weniger Deals – so lässt sich die Entwicklung der Investitionen in der FinTech-Branche im zweiten Quartal 2019 zusammenfassen. Das ging aus dem vor wenigen Wochen veröffentlichten Global FinTech Report des Analyseunternehmens CBInsights hervor. Demnach ist das globale Volumen der FinTech-Investitionen mit Risikokapital im Vergleich zum ersten Quartal um 20 Prozent angewachsen –  auf 8,3 Milliarden US-Dollar. Beachtlich ist, dass es zwischen April und Juni 2019 dabei aber so wenige Deals gab wie zuletzt Ende 2016.

Höhere Investitionen

Gestiegene Investitionen bei gleichzeitig sinkender Zahl an Transaktionen. Und: eine Fokussierung der Investoren auf die spätere Phase. Allesamt Trends, die bereits 2018 deutlich wurden. In jenem Jahr, in dem die weltweiten Investitionen in FinTech-Startups einen nie dagewesenen Rekord erreichten.

Neue Investitionsrekorde: Ein Überblick über den FinTech-Funding-Wahn der jüngeren Vergangenheit

Zuletzt wurde vor allem in junge Unternehmen aus einem Sektor besonders kräftig Geld gepumpt: In Startups aus dem Segment „Banken und Kreditvergabe“ (über 40 Prozent der Investitionen im ersten Quartal 2019). Dahinter folgten die Branchen

  • Finanzen
  • Bezahlsysteme
  • Versicherung
  • Vermögen

Bezogen auf das Finanzierungsvolumen im ersten Quartal 2019 liegen global betrachtet die USA klar vorne. 52 Prozent des weltweiten Startup-Finanzvolumens vereint Nordamerika auf sich, gefolgt von Europa (28 %) und Asien (17 %). Künftig wird wohl Lateinamerika, das gegenwärtig als eine der am schnellsten wachsenden Regionen für Investitionen in FinTechs gilt, ebenfalls eine nicht unwichtige Rolle spielen. 2019 wurden dort bereits über 480 Millionen US-Dollar in aufstrebende Jung-Unternehmen gesteckt.

Neue Investitionsrekorde: Ein Überblick über den FinTech-Funding-Wahn der jüngeren Vergangenheit

Die meisten Investitionen in Startups der FinTech-Branche gab es im bisherigen Jahr in Europa – obwohl Asien mit seiner aufstrebenden Szene  immer mehr von sich reden macht. Manch ein Kenner des Marktes spricht sogar schon von Indien als möglichem neuem HotSpot der asiatischen Fintech-Szene – und sieht im südasiatischen Riesenreich in Zukunft einen wichtigen und nicht zu unterschätzenden Player am Markt. Indiens Vorteil: Im Gegensatz zu viele anderen Staaten unterstützen und fördern die Regierung sowie die gesamte politische Landschaft die Etablierung eines konkurrenz- und wettbewerbsfähigen inländischen FinTech-Marktes. Der IT-Verband Nasscom rechnet bis 2020 damit, dass sich das aktuelle Branchenwachstum verdoppelt. Fest steht: In Indien wurden 2019 bislang mehr Deals abgeschlossen als in China. Allerdings liegt das Reich der Mitte beim Investitionsvolumen klar vorne.[1]

Rekord bei Venture-Capital-Investitionen

Erstmals überhaupt schaffte Deutschland letztes Jahr den Sprung in die Top-Ten der Länder mit den höchsten Investments. Dabei pumpten die Anleger hierzulande ihr Geld vor allem in Unternehmen aus vier Branchen:

  • FinTech
  • Mobility
  • Blockchain
  • KI[2]

Und 2019 hat sich Deutschland im globalen Startup-Ländervergleich auf Platz drei vorgekämpft. Lediglich US-amerikanische und britische Startups konnten mehr Geld einsammeln. Ein entscheidender Treiber: die Finanz-Startups.

Neue Investitionsrekorde: Ein Überblick über den FinTech-Funding-Wahn der jüngeren Vergangenheit

Schon in den ersten neun Monaten des Jahres gingen laut einer Studie von London & Partners und Innovate Finance gewaltige 998,8 Millionen Dollar an deutsche FinTechs[3] – ein Rekordniveau beim Transaktions-Volumen. Verantwortlich dafür waren insgesamt 37 abgeschlossene Deals.

Die Botschaft scheint klar: für tragfähige, ausgereifte Geschäftsmodelle mit Zukunft geben (vor allem ausländische) Investoren immer mehr Geld aus.

Das FinTech-Segment bleibt auch 2019 „eines der wichtigsten Boomsegmente in der deutschsprachigen Startup-Szene“, prognostizierte Alexander Hüsing von „deutsche-startups.de“ Anfang des Jahres in seinem Beitrag. Tatsächlich, das lässt sich bereits drei Monate vor Jahresende festhalten, übertraf 2019 nochmals die Erwartungen.

Berliner „Vorzeige-Startup“

Risikokapital in Höhe von über einer Milliarde Dollar sammelten deutsche FinTech-Startups erstmals 2018.[4] Das bedeutete ein Wachstum von über 50 Prozent im Vergleich zu 2017. Entscheidenden Anteil daran hatte eine in den Medien häufig als „Vorzeige-Startup“ betitelte Smartphone-Bank mit Sitz in Berlin: N26.130 Millionen Euro an Investorengeld erhielt das im Jahr 2013 gegründete Unternehmen im Rahmen einer großen Finanzierungsrunde allein im Frühjahr 2018. Nur etwas mehr als ein Jahr später – im Sommer dieses Jahres – stieg die Online-Bank mit einer Bewertung von 3,5 Milliarden Dollar schließlich zum höchstbewerteten deutschen Startup und einem der wertvollsten in ganz Europa auf.

Hinter N26 folgen als wertvollste Startups hierzulande:

  • der Food-Delivery-Service „Delivery Hero“ mit 3,1 Milliarden Dollar
  • der Berliner Kochbox-Versender „HelloFresh“ (2,9 Millionen Dollar) und
  • der (nach eigenen Angaben) größte europäische Gebrauchtwagenhändler, Auto1Group (2,4 Milliarden Dollar).

N26 gehört auch zu jenen Startups, in die die Anleger weltweit das meiste Vertrauen setzten (Stand: erstes Quartal 2019). In Sachen – bisheriger – Investitionssumme wird die Digitalbank lediglich von der Greensill Group, die auf technologieorientierte „Supply Chain Finance“-Programme spezialisiert ist, sowie vom US-FinTech-Startup SoFi überboten. SoFis unternehmenseigene Perfomance-Management-Software ist branchenführend.

Berlin, London, San Francisco

Das 2011 gegründete Unternehmen SoFi hat seinen Sitz in San Francisco – und damit in jener Stadt, in der seit Anfang des Jahrzehnts die meisten FinTechs gegründet wurden. Die kalifornische Metropole ist damit die Welthauptstadt der Finanztechnologie-Startups und in diesem Bereich das führende globale Ökosystem – noch vor New York. Das europäische FinTech-Zentrum liegt in London. In keiner anderen Stadt auf dem Kontinent entstanden zwischen 2011 und 2019 mehr Finanz-Startups. Auf dem Spitzenplatz liegt die britische Hauptstadt auch bei der Investitionssumme für den gesamten Startup-Sektor. Im letzten Jahr sammelten die in London ansässigen Firmen im Rahmen ihrer Finanzierungsrunden fünf Milliarden Dollar ein.

In Deutschland ganz klar führend: Berlin. Anfang 2019 existierten in Berlin rund 9000 Startups aus allen Branchen, bei denen Schätzungen zufolge über 100 000 Menschen arbeiteten[5]. Vom „Medizin- und Gesundheitswesen“ über „Ernährung/Nahrungsmittel“, „Life Sciences“ und der „Informations- und Kommunikationstechnologie“ bis hin zu „Software“, „Finanzen/Banken/Digital Finance“ und „Versicherungen“.

„Anfang 2019 existierten in Berlin rund 9000 Startups aus allen Branchen.“

Berlins Wirtschaftssenatorin Ramona Pop verwies darauf, dass schon 2017 in Berlin mehr Firmen in der Digitalwirtschaft entstanden als im selben Jahr in den Metropolen München, Frankfurt und Hamburg zusammen. 2018: dasselbe Bild. Klar führend ist die Hauptstadt auch bei der Zahl der Neugründungen im Bereich Finanztechnologien. Ende 2018 waren in Berlin rund 250 FinTech-Startups beheimatet[6].

Neue Investitionsrekorde: Ein Überblick über den FinTech-Funding-Wahn der jüngeren Vergangenheit

Laut einer Comdirect-Studie von 2018 liegt die Stadt an der Spree in allen wichtigen „FinTech-Kategorien“ an der Spitze:

  • bei den Neugründungen
  • der Gesamtzahl der FinTechs
  • den VC-Investitionen
  • den VC-Finanzierungsrunden

Damit lässt Berlin die anderen, für die (FinTech-)Startup-Szene relevanten Städte (München, Hamburg, Frankfurt) weit hinter sich.

Quellen:

[1] https://www.auxmoney.com/de/finanzpilot/investitionen-start-up-fintech-branche/

[2] https://www.gruenderszene.de/gs-connect/kpmg/smart-start/venture-capital-2018-kpmg-2015-1601

[3] https://www.vc-magazin.de/blog/2019/09/24/hiesige-fintechs-sichern-sich-9988-mio-usd/

[4] https://t3n.de/news/deutsche-fintechs-milliarde-euro-1136345/

[5] https://www.berliner-wirtschaft.de/schwerpunkt/berlin-start-ups-gruenderszene/

[6] https://t3n.de/news/fintechs-berlin-frankfurt-1131569/

Autor

  • Nicole Nitsche ist studierte Theaterwissenschaftlerin und hat mehrere Jahre als Regieassistentin beim Thalia Theater Hamburg gearbeitet. Danach war Nicole Leiterin der Presse-und Marketingabteilung eines Hamburger Musiklabels. Als klassische Quereinsteigerin hat sie die komplette Kommunikation sowie den Aufbau der Redaktion bei Payment & Banking geleitet und verantwortet. Nicole ist seit August 2021 Geschäftsführerin von Payment & Banking und ist verantwortlich für die Bereiche Struktur, Planung, Umsetzung und Konzipierung von allen Events (z.B PEX, BEX, TRX & CryptX).

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