Neobanken: Erobern die Gratiskonten nun wieder den Markt?

Kostenlose Firmenkonten bei Neobanken im Vergleich 2025

Mit einem brutalen Unterbietungswettbewerb bei Firmenkonten ruinierten sich die Neobanken beinahe selbst. Nach kurzer Pause beginnt der Kampf jetzt von vorn. Machen es die Ex-Start-ups dieses Mal besser?

Es gab eine Zeit, da war es völlig selbstverständlich, dass ein Firmenkonto eröffnet werden konnte, ohne dass eine Führungsgebühr fällig wurde. Vor 2020 war die Rechnung für Anbieter wie N26, Solaris und Holvi als Newcomer im Bankengeschäft ganz einfach. „Es war die Honeymoon-Phase der Neobanken”, erzählt Alex Müller. Deutschlandchef der Neobank Holvi, der damals noch als Strategieberater bei Accenture und als Investor bei Speedinvest tätig war. Angeheizt von scheinbar nicht endenden Finanzierungsrunden, wuchsen die Neobanken und versuchten gerade kleinen und neu gegründete Unternehmen mit digitalen Antragsstrecken anzusprechen. Was vorher nur in der Filiale möglich war, ging nun bequem online. Doch für die Banken war dieses „Race to the Bottom” ruinös, spätestens nach Covid und der Zinswende war es mit den Gratiskonten vorbei.

Bis jetzt: Neobanken wie Vivid, Tide, N26 und Holvi bieten erneut kostenlose Modelle an. Doch die Fintech-Welt hat sich verändert: Der Druck, profitabel zu werden, ist höher als früher. Investoren und Regulatoren und die Bafin sitzen vielen Neobanken im Nacken. Kann die Strategie mit den Gratiskonten aufgehen?

Wachstum ohne Rücksicht auf Verluste

Allein bei Holvi stieg die Zahl der Kunden in der ersten Geiz-ist-Geil-Epoche auf zwischenzeitlich über 250.000. Teilweise wuchsen sie auch ohne Rücksicht auf Verluste. „Wagniskapitalgeber haben dieses Wachstum vorfinanziert”, sagt Müller. Die Einnahmen kamen dabei hauptsächlich aus Kartenzahlungen und nicht aus Abo- oder Kontogebühren. Dass es nicht ewig so weitergehen konnte, kam vielen nicht in den Sinn. Doch genauso kam es. 

Denn es stieg die Belastung durch Regulierung: „In diesem Skalierungswahnsinn, die operativen Prozesse für Geldwäschebekämpfung und Risikoeinschätzung aufzubauen, war eine große Belastung”, sagt Alex Müller. „Im deutschen Markt wird es sehr schnell sehr kompliziert.” Besonders beim Risikomanagement waren viele Neobanken scheinbar überfordert: Für sie hagelte es Strafen durch die Bafin. Die Solarisbank bekam sogar einen Sonderprüfer vorbeigeschickt und N26 durfte zeitweise maximal 50.000 neue Kunden pro Monat aufnehmen. 

Zielgruppe befindet sich im Wachstum

Zudem sorgte die Corona-Pandemie dafür, dass weniger Kunden kamen. Gleichzeitig gaben Investoren ihr Geld nicht mehr so leichtfertig. Für viele hieß es nun: Profitabilität als oberstes Ziel. Es folgten Stellenabbau, neue Finanzierungsrunden und – erhöhte Gebühren. Die Zeit der Gratiskonten schien damit erstmal beendet. Die Zahl der Kunden schrumpfte: Bei Holvi etwa um 85 Prozent. Ein Glück war für die Banken, dass die Einlagezinsen stiegen. So konnten sich viele erst einmal finanzieren. 

Nun wächst ihre Zielgruppe wieder: So stieg die Zahl der Neugründungen von Unternehmen laut Statistischem Bundesamt 2024 um 0,2 Prozent auf fast 600.000. Auch die Gewerbeanmeldungen stiegen.  

Mittlerweile haben Vivid, Fyrst, N26 und Tide wieder ein kostenloses Konto eingeführt. Auch Holvi führte in dieser Woche ein kostenloses Konto ein. Pro Sepa-Transaktion bezahlen Kunden 25 Cent. Hinter den Kulissen spielt sich ein erneuter Preiskampf ab zwischen denen, die weiter von Kapitalgebern versorgt werden und denen, die nun ein profitables Geschäft führen müssen.

Keine Gratismentalität

„Wir haben aus der Wachstumsphase gelernt”, glaubt Müller. „Wir wissen jetzt, was man für ein stabiles und nachhaltiges kostenloses Angebot braucht.” Man müsse die Kosten für Kunden nun transparenter machen. Zwar werde man mit einem kostenlosen Angebot auf Listen oben angezeigt, aber heute ließen sich Kunden nicht nur mit einem niedrigen Preis überzeugen. „Für das Gratisangebot haben wir die Funktionen auf das Notwendige heruntergebrochen – so haben Kunden die volle Wahlfreiheit.” So habe man bis auf die DATEV-Schnittstelle und die Kontoauszüge viele Services für diesen Tarif gekürzt. Trotzdem seien Services wie Schnittstellen zur Buchhaltung und digitale Gründungsservices nun wichtiger als noch vor fünf Jahren. Und die gibt es nicht zum Nulltarif.

Was Müller damit noch meint, ist die Kalkulation. Demnach ist besonders für Unternehmen kurz nach der Gründung, die wenig Transaktionen über ihr Konto laufen lassen, dieses Angebot ein Vorteil. Bei zehn Buchungen pro Monat ist das Gratiskonto mit SEPA-Gebühren günstiger als das günstigste Abonnement, das bei 4,50 Euro liegt. Wenn jedoch ein Konto zwölf Monate nicht aktiv sei, behalte man sich vor, Gebühren zu erheben oder Anreize für höhere Einlagen zu geben. „Das heißt für uns, dass auch wenn ein einzelner Kunde im Kern nicht profitabel ist, wir insgesamt ein profitables Segment haben.” Die Zeiten, in denen Neobanken mit Gratisangeboten Geld verpulverten, sei endgültig vorbei.

Die scheinen nun in einen echten Preiskampf eingetreten zu sein, bei dem es nicht mehr auf bloße Wachstumszahlen ankommt, sondern auf die Fähigkeit, weiterhin profitabel zu bleiben. Die guten Ergebnisse einiger Banken in letzter Zeit sollten dabei nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich einige damit noch verzocken könnten. 

Autor

  • Lukas Homrich ist freier Journalist und Mitarbeiter des dreimaldrei Journalistenbüros. Er schreibt über Wirtschafts- und Finanzthemen. Besonders Spaß macht es ihm, über Geschäftsmodelle zu philosophieren.

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