N26: Ein Neinhorn.

N26: Ein Neinhorn.

Im Herzwald lebt ein kleines, schnickeldischnuckeliges Einhorn. Aber obwohl alle ganz lilalieb zu ihm sind und es ständig mit gezuckertem Glücksklee füttern, benimmt sich das Tierchen ganz und gar nicht einhornmäßig. Es sagt einfach immer Nein, sodass es alle bald nur noch NEINhorn nennen.

Das NEINhorn ist eines der besten Kinderbücher der letzten Monate und für Eltern und Kinder gleichermaßen komisch. Das die Beschreibung auf N26, DEM Einhorn unserer Fintech-Branche gleichermaßen passt, hatten Autor Marc-Uwe Kling und Illustratorin Astrid Henn sicher nicht auf dem Schirm. Aber es passt und es ist leider weniger komisch als man glaubt. Vor allem dann nicht, wenn man dieser Tage bei N26 auf die Idee kommt einen Betriebsrat zu gründen. Genau diese Idee hatten nämlich einige Mitarbeiter bei N26 und die spüren jetzt, was der Vorstand von N26 von der Sache hält. Nichts.

Im Grunde wäre die ganze Geschichte nicht mal eine Fußnote wert gewesen, wenn sich die Leitung von N26, bestehend aus Maximilian Tayenthal und Valentin Stalf sich nicht mit aller Macht gegen die Gründung wehren würde und damit sich nicht nur völlig lächerlich macht, sondern das ein oder andere gesellschaftliche Prinzip nicht verstanden hat, z.B. Demokratie. Natürlich herrscht es sich in einem Unternehmen einfacher, wenn es keine Interessenvertretung für Arbeitnehmer gibt.

N26: Ein Neinhorn.

Man kann das auch gut als “Agilität” oder “New Work” verkaufen. Ein Betriebsrat verstößt nämlich “gegen fast alle Werte, an die wir bei N26 glauben” so die Unternehmensleitung. Man könnte meinen, das ein Betriebsrat das Ende der Agilität bedeutet, ja der Untergang des Vorzeige-Fintechs wie wir es kennen. Kann man glauben, muss man aber nicht. Denn ein Betriebsrat ist nicht die Einführung des Kommunismus zuständig, sondern die Aufgaben sind unter anderem:

  • Ein Betriebsrat achtet darauf, das geltenden Gesetze, Unfallverhütungsvorschriften, und Betriebsvereinbarungen zu Gunsten der Arbeitnehmer durchgeführt werden. Zb dass bei 40 Grad im Callcenter vielleicht für frische Luft gesorgt wird.
  • Ein Betriebsrat achtet darauf, das Frauen und Männern tatsächlich gleichberechtigt werden. Diversität und so.
  • Ein Betriebsrat kümmert sich um besonders schutzbedürftige Personen und ArbeitnehmerInnen mit Behinderung
  • Ein Betriebsrat fördert die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit. Das so verrückte Sachen wie Elternzeit problemlos möglich sind.
  • uvm. Alles geregelt im §80 BetrVG.
N26: Ein Neinhorn.

Wenn Diversität, Unfallverhütungsvorschriften, Umweltschutz, Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit und am Ende die Rechte der ArbeitnehmerInnen “gegen fast alle Werte” an die man bei N26 glaubt, steht, dann sollte sich jede(r) NutzerIn gut überlegen, ob man sein Konto bei einer solchen Bank haben möchte. In einer Zeit, in der eine insbesondere die junge Zielgruppe auf Nachhaltigkeit, Kampf gegen Rassismus und Diversität achtet, passt das Verhalt der N26 Führung jedenfalls nicht ins Bild.


Vor dem Hintergrund, dass N26 mit 5 Millionen Kunden, zu den größten deutschen Bank zählt, hat eine solche Bank Verantwortung und kann sich nicht darauf ausruhen vielleicht mal in einer Garage angefangen zu haben. Die Wahrheit ist: N26 ist eine große Bank. Kein Startup. Eine Bank. Und als Unternehmen mit ca. 1.300 Mitarbeitern sollte man die Gründung eines Betriebsrates nicht mit einer einstweiligen Verfügung verhindern oder ein unternehmensweites Meeting einberufen zum Zeitpunkt der Betriebsversammlung. Man sollte stattdessen das Thema mit Handkuss vorantreiben. Denn das ist Größe.

Und all denen, die immer noch glauben, dass ArbeitnehmerInnen-Vertretungen unsere schöne neue digitale Welt zerstören, ein paar Errungenschaften der letzten Jahrzehnte:

  • Lohnfortzahlung im Krankheitsfall
  • 5 Tage Woche
  • Bezahlter Urlaub
  • Kündigungsschutz
  • uvm.

Gute Arbeitgeber haben von einem Betriebsrat nichts zu befürchten. Schlechte, nun ja.

Autor

  • Maik Klotz ist Berater, Sprecher und Autor zu den Themen Banking, Payment, Digital Identity, E-Commerce und Retail mit starkem Fokus auf „mobile“. Seit vielen Jahren berät Maik Unternehmen zu kundenzentrierten Innovationsmethoden und der Fokussierung auf den Nutzer. Er wurde von der Süddeutschen Zeitung in der Serie „Impulsgeber“ der Branche portraitiert und moderiert und spricht auf vielen Branchen-Events. Maik ist Imker.Maik ist Co-Founder von Payment & Banking und ist im Team mitverantwortlich für Marketing, Strategie und Events, insbesondere der Transactions.io

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