Money20/20 Asia 2018

Unser Recap zur Money 20/20 Asia

Unser Recap zur ersten asiatischen Ausgabe der Money 20/20…

In diesem Jahr gab es die erste Ausgabe der bekannten Money 20/20 Konferenz in Asien – genauer in Singapur (also Asien light). Natürlich waren wir von Paymentandbanking live dabei und geben Euch neben einen bereits erschienenen Podcast nochmals einen detaillierten Einblick in unsere Eindrücke.
Unser Recap zur Money 20/20 Asia
Photo Credit: Money 20/20 Asia
Das Event war für eine erste Ausgabe schon nicht ganz klein. Vor Ort waren ca. 4.000 Besucher hauptsächlich aus der ASEAN Region und natürlich einer überdurchschnittlichen Anzahl chinesischer Anbieter.

Wie war die Organisation?

Selbst für eine “Event-Maschine” wie die Veranstalter der Money 20/20 ist ein Event dieser Größenordnung, vor allem zum ersten Mal in einer neuen Region, organisatorisch eine Herausforderung – ohne Frage – auf der “ToDo Liste fürs nächste Mal” stehen sicherlich einige Punkte. Das prominenteste Beispiel hierfür dürfte die Schlange an der Registrierung am ersten Tag gewesen sein (bis zu 1h Wartezeit). Warum man sich im Jahre 2018 überhaupt noch registrieren muss, war eine viel diskutierte Frage während des Schlange-Stehens. Die Veranstaltung fand im angeschlossenen Konferenz-Bereich des ‚Marina Bay Sands Hotel‘ statt (das Premium Hotel in Singapur schlechthin) – da konnte man nicht viel falsch machen. Allerdings merkte man nach 1-2h auf der Messe auch nicht mehr, dass man in Asien war (ausser man schaute raus) da der Betreiber (Sands Corp.) halt US-amerikanisch ist und sogar den hochflorigen Teppich mit verbaut hat. Das Line-up las sich hervorragend, aber wie so oft gab es dabei “Licht und Schatten”. Zum ersten Mal wahrgenommen haben wir Simultan-Übersetzer Kabinen zumindest auf der Main-Stage. Was mich zum Thema Sprache bringt. Asien bietet eine sehr bunte Mischung an Kulturen und damit einhergehend auch eine bunte Mischung an Akzenten im Englischen. Bei dem ein oder anderen Vortrag musste man als Zuhörer erstmal “entschlüsseln” was da gerade gesagt wurde – besonders herausfordernd war das bei bunt gemischten Panels (Inder, Chinesen, Koreaner). Was ebenfalls auffiel war, dass einige angekündigte Speaker gar nicht erst auftauchten. Da schien die Konferenz “noch” nicht den richtigen Stellenwert in der Wahrnehmung zu haben. Hervorragend waren die Teilnehmer. Während man in Las Vegas oder Kopenhagen / Amsterdam es nicht mal auf die Örtlichkeiten schafft, weil man immer wieder ein bekanntes Gesicht trifft, war dies hier überhaupt nicht gegeben. Dies gepaart mit exzellenten Networking-Events gab sehr viel Möglichkeiten und Zeit zum “Quatschen”. Neben der Monster-Schlange am ersten Tag gab es aber noch einige weitere unglückliche Schlagseiten (kurzes Gejammer) die nur erwähnt werden sollen:
  • Lunch war sehr enttäuschend, gerade für eine Stadt wie Singapur die vor Vielfalt und Auswahl beim Essen strotzt
  • Pressebereich hatte zu wenig Sitzgelegenheiten – wenn auch ein Detail- schaut es etwas komisch aus, wenn man Interviews sitzend auf dem Boden macht….. v.a. bis wir in unserem Alter da wieder hochkommen :-) – da liegt sicher noch der ein oder andere.
  • Goodie Bags waren “fast” leer
  • Orga der offiziellen “Industry Night” – wenn ich 2-000 $ für ein Ticket zahle, sollte ich auch zur Party dürfen.
  • Der “Verkauf von VIP Areas” innerhalb der Party war extrem. Komischerweise konnte man sich so gut wie nicht auf dem “Observation Deck” des Marina Bay Sands am Geländer ablichten lassen – waren alles Sponsoren Plätze
Fazit der Organisation: 3+ 
Unser Recap zur Money 20/20 Asia
Photo Credit: Money 20/20 Asia

Wer war da? Wer hat gefehlt? Wer sollte kommen?

Vor Ort waren hauptsächlich Aussteller und Sprecher aus der ASEAN Region und natürlich auch etliche chinesische Anbieter. Auffällig war die Masse an Anbietern, die unsereins einfach überhaupt nicht kannte. Wenn wir in Europa über Asien sprechen, denken wir meist an BAT (Baidu, Alibaba, Tencent). Was es da sonst noch an Firmen gibt, merkt man erst wenn man vor Ort ist oder sich mit bestimmten Themen oder Ländern genauer beschäftigt. Von den großen chinesischen Playern war von Baidu, wenig bis gar nichts zu sehen. Dafür war Ant Financial (die Tochterfirma von Alibaba) gefühlt überall und in jeder Munde. Ernüchternd war die Teilnahme von europäischen Unternehmen. Mit wenigen Ausnahmen (Adyen, Ingenico, PPRO, Wirecard) war von Europa überhaupt nichts zu sehen und selbst bei den o.g. Firmen war überwiegend das lokale Team vor Ort. Auch auf dem Lineup gab es zwar die üblichen Verdächtigen aus Europa (Chris Skinner, David Birch) als Moderatoren oder Panelisten aber als Thema fand Europa nicht statt – mit 2 Ausnahmen: BBVA’s vision als Keynote und das Regulatory Panel mit sehr aktiver Teilnahme der britischen FCA (schon sehr bezeichnend). Auch von den US-Großkonzernen sah und hörte man fast nur auf den Vorträgen / Panels. Natürlich war jemand von Google vor Ort (O-Ton: “Wir wollen keine Bank sein” – aber nie definiert was eine Bank ist) aber man konnte sich des Eindrucks nicht verwehren, dass die GAFA’s diese Veranstaltung nicht ganz oben auf ihrer Event-Liste hatten (die Ausfälle im Speaker-Line up waren fast ausschließlich US-Amerikaner). Wir hatten über die gesamte Veranstaltung eigentlich immer das Gefühl, dass die Europäer sich gerade eine Chance entgehen lassen, nicht aktiv den Austausch mit Unternehmen in Asien zu suchen. Die asiatischen Player sind deutlich diverses als “nur” BAT. Von den Titanen sind wir ja riesige Zahlen gewohnt, die “zweite Reihe” von Unternehmen in Asien (insbesondere alles rund um China) sind aber ebenfalls riesig – da musste man bei den Gesprächen schon 2x nachfragen um sicher zu gehen, dass man die Zahl gerade richtig verstanden hat. Auffallend war auch, dass ASEAN gerade “explodiert” und sich dementsprechend unfassbar viele Möglichkeiten dort bieten. Mehr als einmal hörten wir den Satz “wenn man in ASEAN nicht ein Wachstumsunternehmen hat, dann muss das aktiv selbst sabotieren”. Ob man in der Region langfristig ein profitables Wachstumsunternehmen etablieren kann, steht auf einem ganz anderen Blatt. Auch probiert man in Asien Probleme zu lösen, die in Europa gefühlt im Jahr 2012 vor / während des FinTech-Booms angesagt waren (Ident, AML, KYC). Auch da zeigt sich, wie wenig Austausch zwischen den Regionen stattfindet, so dass das Rad halt wieder neu erfunden wird.
Unser Recap zur Money 20/20 Asia
Photo Credit: Money 20/20 Asia

Was waren die Messages? Was haben wir inhaltlich mitgenommen?

Bei FinTech oder Banking-Messen gibt es in unserer Hemisphäre ja eigentlich immer 2-3 Themenbereiche die hoch- und runter genudelt werden, darunter gehört das Thema Crypto-Currencies und Blockchain. Das Thema Blockchain tauchte zwar auch auf, war aber in Summe massiv unterrepräsentiert – entweder weil es eh gesetzt ist, oder weil die Marktteilnehmer in Asien “noch”(?) andere Probleme haben. Ein sehr häufig genutzte Metapher war die des “leapfroggings”. Diese kam immer wieder im Bereich Smartphone-Penetration und -Nutzung (Asien überspringt die PC Phase) und natürlich beim Payment (von Cash zu Mobile Payment). Bleiben wir kurz im Bereich Payment. Es war tatsächlich auffällig, dass wenig über karten-basiertes Payment gesprochen wurde (also Plastik) – (und wie wenig die Schemes außer Mastercard wirklich präsent waren) sondern sehr oft von Wegen raus aus Cash und hin zu Mobile Payment gesprochen wurde. Ein indischer Panelist brachte die Sichtweise aber auch den Pragmatismus der Region ganz gut auf den Punkt – bezogen auf die Demonetization von Indien: “Wir waren eine Cash Gesellschaft und durch die Anordnung der Bank of India sind wir das nun nach 3 Monaten nicht mehr. Das hat zwar ein bisschen gerumpelt und war nicht besonders sanft, aber die Alternative hätte Dekaden gedauert”. Bei unseren Gesprächen mit vielen chinesischen Anbietern wurde immer wieder der Punkt erläutert, dass die “Jugend” in China gar nicht weiß was eine Karte ist und de facto auch gar keine Karte im Alltag benötigt, dank AliPay und WeChat. Das mag vielleicht ein wenig übertrieben klingen, aber eine weitere Äußerung ging in eine ähnliche Richtung. ApplePay wäre in China nicht erfolgreich, weil das Produkt zu erklärungsbedürftig sei – man müsse ja erstmal das Konzept der Kreditkarte erklären. Natürlich stellten wir jedem unserer insbesondere chinesischen Gesprächspartner auch die 1Mio-$-Frage: “Wann kommen die Titanen nach Europa?” Die Antwort war so verblüffend wie ernüchternd. Wir werden auf absehbare Zeit uns nur um die chinesischen Konsumenten kümmern, wo auch immer die sind, müssen wir auch sein. Wenn wir die 1Mrd. Konsumenten dann mal befriedigt haben, dann schauen wir weiter. Uns entging auch nicht der Eindruck, dass die asiatischen Anbieter alle eine gewisse Fixation mit den USA haben. Europa findet in Gesprächen und in der Strategie so gut wie gar nicht statt (ein Grund mehr, dass wir glauben das dringend mehr Austausch stattfinden muss). Eine sehr interessante These von einem massiv großen Tier-2 Anbieter aus China war “Schaut Euch mal an was in Hong-Kong passiert. Dort ist Karte ein etabliertes Zahlungsmittel und die Titanen erkunden gerade wie man so kartenzentrierte Konsumenten auf die etablierten chinesischen Mobile Payment Plattform bringen kann. Wenn das erfolgreich wird, dann dürfte das zum Modell werden”. Wir werden diesen Markt genau im Auge behalten. Es gab aber noch mehr als nur Payment. Ein sehr heisses Thema war – mangels Alternativen in vielen Ländern in der ASEAN Region – alles rund um “social scoring”. Für uns als Europäer fast schon abstrus mit welcher Leichtigkeit (Naivität sollte man m.E. nicht unterstellen) über dieses Thema gesprochen wurde. Mitnichten war dies übrigens ein rein chinesisches Thema. Auf einem Panel mit einem indischen, chinesischen und australischen Panelisten, konnte man sich dem Eindruck nicht erwehren, dass die indischen Banken bei dem Thema noch forscher vorangehen als die chinesischen Anbieter. Aber auch eine “westliche” australische Sichtweise war dem Thema gegenüber sehr offen. Beim Thema Zahlen und Volumina glaubt man ja manchmal den Zahlen nicht, die da von den großen Anbietern so kolpoltiert werden. Da geht fast nichts mehr unter 100ten Millionen bei fast egal welcher KPI. Wenn man sich dann mit Tier-2 Anbietern unterhält sind die Volumina meist auch in fantastischen Bereichen – wenn man diese ganzen Zahlen dann addiert, wundert man sich etwas, wie groß denn dieser asiatische Markt wohl tatsächlich ist, denn die Titanen sagen ja selber, dass da noch viel Wachstumsphantasie im Heimatmarkt ist. Schaun ‚mer mal. Oder gibt es doch 5 Mrd. Chinesen ? Ein weiteres spannendes Insight betrifft die M&A / Investment-Strategie der BAT’s. Eine mehrfache betonte Aussage war: “In Asien gibt es kein spannendes FinTech oder Growth-Startup was nicht einen der 3 Titanen als Investor hat”. Auf die Nachfrage wie strategisch denn “ausser-asiatische” Investments wären, bekam man den Eindruck, dass dies eher der klassische “Fuss in der Tür” für später einmal ist. Wobei der Zeithorizont später sich eher langfristig anhörte. Nicht jedes Investment in Europa und den USA der 3 Großen sollte daher zu sehr in die Ecke “strategisch” gestellt werden. Es gab auch die faszinierende Antwort von einem der Titanen “Investments im unteren zweistelligen Millionen-Bereich machen wir nahezu täglich – da sollte man nicht zu viel rein interpretieren”. Autsch.
Unser Recap zur Money 20/20 Asia
Photo Credit: Money 20/20 Asia
Natürlich gab es auch noch ein paar Highlights wie z.B. der Vortrag des “Ethical Hackers” der einem auch mal den Security Aspekt vor Augen hielt. Der oben abgebildete Vortragende ist auch “technical advisor” der Serie Mr. Robot auf Netflix, was sich in dem Vortrag auch medial widerspiegelte (nix für Leute mit Hang zu epileptischen Anfällen – da sind ein paar Siemens Hörgeräte auf den Boden gefallen).

Fazit

In Summe hat es sich definitiv gelohnt vor Ort zu sein und sich mit den Anbietern zu unterhalten und einen “echten” Einblick in den asiatischen Markt zu bekommen. Die Money 20/20 Asia wird 2019 vermutlich deutlich größer sein und zum Pflichtprogramm für alle Keynote Speaker sein. Es bleibt zu hoffen, dass mehr Europäer sich “first hand” informieren und ein deutlich besserer Austausch und ein besseres Verständnis für beide Regionen das Ergebnis wird. Das gleiche gilt natuerlich auch in die andere Richtung “Asia to Europe”. Wir kennen hier jemand der helfen kann :-). Wir jedenfalls freuen uns auf nächstes Jahr Singapur.

Autor

  • Rafael Otero ist seit mehr als 15 Jahren im Payment- und Banking Bereich tätig. Nach mehreren Co-Founder Rollen im Fintech Bereich u.a. als Co-Founder bei payleven der globalen Kartenakzeptanz-Lösung für KMUs und Co-Founder Voice First – einer Strategie-Beratung / Agentur für Sprachassistenz-Lösungen im Bereich Finanzdienstleistungen, Mobility und VoiceCommerce.

    Seit Anfang 2020 ist er Managing Director bei der Deutschen Bank und dort als Chief Product Officer Teil der Corporate Bank. Rafael ist Business Angel/Board Member im Fintech und DeepTech-Umfeld.

Weitere interessante Beiträge

  • Warum Promi-Werbung zu oft Geldverschwendung ist 

    Warum Promi-Werbung zu oft Geldverschwendung ist 

    Ob Revolut mit Mario Götze, Naga mit Mike Tyson oder Bitpanda mit Alexander Zverev: Eine ganze Reihe von Fintechs lässt…

  • Die wichtigsten Lehren aus Singapur

    Die wichtigsten Lehren aus Singapur

    Manuel Klein und Stefan Grasmann waren für gleich zwei Krypto-Konferenzen in Singapur. Was es dort zu hören gab und was…

  • Inklusion auf Sparflamme

    Inklusion auf Sparflamme

    Obwohl Barrierefreiheit kein neues Thema ist, scheinen die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen im Bankensektor oft übersehen zu werden.

Newsletter
open close

Der beste Newsletter ever.

Wir versorgen dich täglich mit News, ausgewählten Artikeln und Kommentaren zu aktuellen Themen, die die Finanz-Branche bewegen. Jetzt anmelden!