Teylor kauft sich gerade mit der Übernahme von Konkurrenten und Geschäftszweigen größer. Damit das schweizer Fintech für KMU-Kredite das auch verdauen kann, hat man sich mit Veronika Missbichler eine Spezialistin an Bord geholt.
Eine Meldung zu einer Übernahme ist meist das Ende eines langwierigen Prozesses: Über Monate wird der Verkauf in langen Gesprächen verhandelt und worauf eine aufwändige Due Diligence folgt, in der ein Unternehmen auf Herz und Nieren geprüft wird. Doch während der Verkäufer mit der Verkündigung des Deal meist damit beginnen kann, abzuschließen, startet für den Käufer eine entscheidende Phase, die vielleicht genauso wichtig ist wie der Deal selbst: die Integration.
Beim KMU-Finanzierer Teylor häufen sich solche Meldungen zu neuen Übernahmen gerade. Nachdem das schweizer Fintech das Portfolio des Konkurrenten Creditshelf im vergangenen Jahr eingliederte, folgte Anfang des Jahre das Factoring-Geschäft von Grenke. Die neueste Errungenschaft war die Finanz-Software Schmiede Capetec, mit der Teylor seine Whitelabel-Lösungen vorantreiben will. Und dabei soll es nicht bleiben. Erst gerade sicherte sich das Fintech eine neue Finanzierung über 150 Millionen Euro, unter anderem um damit die Einkaufstour fortzusetzen. Hinter den Kulissen häuft sich damit die Arbeit: Kund:innen, Abläufe, Mitarbeiter:innen. Die Einkäufe müssen fein säuberlich an das neue Mutterschiff angeschlossen werden, wenn man sich gegen den großen Konkurrenten Fincompare durchsetzen möchte.
PMI für schnelles Wachstum
Darum, dass die Deals auch nach der Meldung ein Erfolg werden, kümmert sich seit September das neue Vorstandsmitglied Veronika Missbichler. Als COO soll sie sicherstellen, dass die Einkäufe des KMU-Spezialisten gut über die Bühne gehen und zu schnellem Wachstum führen. „Starke Ergebnisse werden meist nicht mehr auf einzelne Übernahmen zurückgeführt, doch es ist ihr heimlicher Erfolg, den man später von außen sieht”, sagt die erfahrene Managerin. Zuvor hatte Missbichler 14 Jahre beim Zahlungsdienstleister Paysafe in Wien Erfahrungen mit Post-Merger Integration (PMI) gesammelt. Eine lange Zeit bei einem Unternehmen, die für den Fintech-Bereich heute eher wie eine Ausnahme scheint.
Ihre Karriere startete Missbichler als Beraterin für Bankenfusionen bei Accenture 2006: Dort arbeitete sie unter anderem an der Fusion der österreichischen BAWAG mit der PSK sowie mehreren Übernahmen der Uni Credit. Als sie zu Paysafe stieß, befand sich das Start-up gerade in einer Wachstumsphase. Die Idee war, Bargeld zu digitalisieren und im Internet verfügbar zu machen: „Damals wussten wir: Das Produkt funktioniert, nur der Markt ist noch nicht sehr groß”, sagt Missbichler. Der wuchs in den folgenden Jahren, genau wie Paysafe – auch dank zahlreicher Übernahmen. Das Unternehmen krönte seine Erfolgsgeschichte 2021 mit einem Börsengang an der New York Stock Exchange. Zuletzt war Missbichler als Vizechefin für die globalen Geschäftstätigkeiten verantwortlich. Doch es sei Zeit für eine neue Aufgabe gewesen, sagt sie.
Unterschätzt: Wie man Kulturen zusammenführt
Einer der Gründe für den Wechsel zu Teylor: Das Unternehmen steckt in einer ähnlichen Phase wie Paysafe, als Missbichler 2012 dorthin kam. „Ich wollte wieder die Phase miterleben, wenn in einem Unternehmen der Knoten platzt und das Wachstum richtig anzieht”, sagt sie. „Das ist extrem aufregend und durchaus auch mal chaotisch.” Statt auf organisches Wachstum setzt Teylor auf Konsolidierung. Das Ziel gehe darüber hinaus, dass ein Geschäft oder Portfolio ohne Probleme in bestehende Strukturen integriert und eingegliedert werde. „Wir möchten nicht nur schneller wachsen, sondern Kund:innen mit neuen Services versorgen.” Damit das funktioniert, brauche es viel Fokus, einen guten Plan, gute Steuerung, aber auch Geduld und eine Kultur, in der sich die Mitarbeiter wiederfinden, sagt Missbichler: „Es ist ja nicht so, dass am nächsten Tag das Geschäft weiterläuft wie bisher.”
Payment & Banking erreicht Missbichler, die für die Integration der Grenke-Geschäfte gerade viel unterwegs ist, in Polen. Neben dem expandierte Teylor damit auch nach Irland, Ungarn und Großbritannien – kulturelle Unterschiede sind da vorprogrammiert. Missbichler habe viele Projekte scheitern sehen, weil man davon ausging, dass eine Methode, die in einem Land erfolgreich war, in einem anderen Land einfach übernommen werden konnte. „Mein Rezept ist persönlicher Austausch“, sagt Missbichler. „Ich verbringe viel Zeit vor Ort.” Für Teylor, das europaweit expandiert, wird das immer wichtiger. Dabei versucht Missbichler möglichst viel festzuhalten und explizit zu machen. „Missverständnisse lassen sich dadurch vermeiden, sich möglichst oft zu vergewissern, dass die andere Person es genauso verstanden hat, wie man es meint”, sagt Missbichler.
Red Flags der Dealphase
Doch Missbichlers Job beginnt dabei nicht erst bei der Verkündung eines Deal: Obwohl sie vor allem für die Integration zuständig ist, wird sie schon während der Anbahnung von Deals einbezogen, um wichtige Hinweise zu geben. Denn eine Übernahme, die nicht integrierbar ist, kann zum Desaster werden. Veronika Missbichler entscheidet deshalb mit: „Ich habe eine Vetofunktion, wenn ich Red Flags sehe”, sagt sie. Die Dealphase sei für Unternehmen ein „Beauty Contest”, sagt Missbichler. „Da scheint alles perfekt.”
Ihre Aufgabe ist es, das wahre Gesicht des Unternehmens herauszufiltern. Dafür hat sie eine Methode: Statt mit der obersten Etage, geht sie gerne ein paar Stockwerke tiefer. „Ich rede gern mit dem mittleren Management”, sagt sie. Hier spreche man entweder offener oder wiederhole die vordefinierten Botschaften der Chefetage. Schnell merke sie dann, ob es sich um ein gesundes Geschäft handele oder versucht werden, einen schnellen und möglichst teuren Exit zu schaffen.
Neben der Integration ist Missbichler also gerade daran beteiligt, neue Deals für Teylor zu finden. Das Tempo sei dabei hoch, berichtet sie und gerade versuche sie überall gleichzeitig zu sein: „Es ist, wie ein Flugzeug zu bauen, während man es fliegt.” Die Pipeline der anstehenden Deals sei lang. Ihr stehen also anstrengende Monate und Jahre bevor.




