Aufgrund der Vorgaben der BaFin und der zusätzlich europaweit geltenden Vorschriften dürfen ohne einen Legal Entity Indentifiers (LEI) keine meldepflichtigen Transaktionen mehr getätigt werden. Die ESMA beispielsweise hat in der europäischen Finanzmarktrichtlinie (Markets in Financial Instruments Directive, MiFID II) und der EU-Finanzmarktverordnung (MiFIR) festgelegt, dass zur eindeutigen Identifizierung der an einem Handel beteiligten Gegenparteien der LEI genutzt werden soll.
Mit anderen Worten: Die Verwendung des LEI zur Identifizierung von Rechtsträgern im grenzüberschreitenden Handel kann dazu beitragen, sowohl Kosten als auch Aufwand beim Datenabgleich deutlich zu reduzieren. Heißt konkret: Ein Handel ohne LEI ist nicht möglich!
GLEIF als Initiative der G20
Was das künftig bedeutet und welche Schritte nun notwendig sind, wollen wir von Stephan Wolf, CEO, Global Legal Entity Identifier Foundation (GLEIF) wissen. Die Global Legal Entity Identifier Foundation (GLEIF) wurde im Juni 2014 vom Financial Stability Board mit dem Auftrag gegründet, die Implementierung und den Einsatz des Legal Entity Identifiers (LEI) zu fördern. Die GLEIF ist eine internationale gemeinnützige Organisation mit Hauptsitz in der Schweiz (Basel). Auf Initiative der G20 wurde sie im Juni 2014 vom Financial Stability Board (FSB) mit dem Auftrag gegründet, die Einführung und den Einsatz des LEI zu fördern.
Legal Entity Identifier (LEI) – Was ist das eigentlich?
Der Legal Entity Identifier (LEI) ist für Unternehmen so einzigartig wie ein persönlicher Fingerabdruck und vergleichbar mit einem digitalen internationalen Pass. In einem LEI sind alle relevanten Informationen über ein Unternehmen oder eine juristische Person enthalten, so dass Fragen zur Identität („Wer ist Wer“) und zu den Eigentumsverhältnissen („Wer besitzt wen“) eindeutig beantwortet werden können. Diese Referenzdaten, also die öffentlich zugänglichen Informationen über Rechtsträger, werden ständig anhand von öffentlichen Drittquellen validiert. Technisch gesehen besteht der LEI als alphanumerischer Code aus 20 Zeichen und basiert auf der von der Internationalen Organisation für Normung (ISO) entwickelten ISO-Norm 17442. Der LEI Code der Europäischen Zentralbank (EZB) lautet beispielsweise „549300DTUYXVMJXZNY75“ und die dahinterliegenden Referenzdaten können hier in diesem Register offen zugänglich und transparent eingesehen werden.
Welches Problem löst der LEI und welche Aufgaben obliegen der Global Legal Entity Identifier Foundation (GLEIF)?
Ziel war es nach der Finanzkrise die Transparenz auf den weltweiten Finanzmärkten zu erhöhen – durch die eindeutige und zweifelsfreie Identifizierung der am Finanzmarkt agierende Unternehmen. Die Vision der GLEIF ist dank der erfolgreichen Implementierung des LEI deutlich umfangreicher geworden: Jetzt soll jedes Unternehmen weltweit eine individuell zuordbare digitale Identität bekommen können. Denn die rasant fortschreitende Digitalisierung erfordert eine sofortige und automatisierte Identitätsüberprüfung zwischen Gegenparteien, um die wachsende Zahl von digitalen Geschäftsaktivitäten bzw. Transaktionen abzusichern.
Genau das bietet das Global LEI System: Es ermöglicht Banken und Finanzinstituten, ihren potenziellen Geschäftspartnern, sowie Produkt- und Serviceanbietern und anderen regulierten und unregulierten Unternehmen in faktisch allen Industrien einen einfachen Zugang zu den wichtigsten rechtlichen Referenzdaten von Unternehmen. Die überprüfbaren Unternehmensdaten führen somit zu mehr Transparenz, Rechtssicherheit und stärken vor allem dauerhaft das Vertrauen zwischen den Marktteilnehmern.
Die GLEIF vergibt die LEIs aber nicht selbst, sondern sie werden dezentral durch Vergabestellen in den einzelnen Ländern vergeben. Über sogenannte LEI Issuing Organizations können Unternehmen ihre eindeutige digitale Rechtsträgerkennung erhalten. Die GLEIF stellt hierfür die organisatorischen, technischen und rechlichen Standards zur Verfügung und überwacht deren Einhaltung. Der öffentlich zugängliche LEI-Datenbestand bietet Nutzern die Möglichkeit offene, standardisierte und hochwertige Referenzdaten über Unternehmen, Organisationen und Rechtsträger zu beziehen. Um die Datenqualität garantieren zu können, müssen die Stammdaten der Unternehmen jährlich aktualisiert werden.
Welches Potenzial wird der GLEIF bzw. dem LEI zugesprochen?
Gerade der Onboarding-Prozesses bei Finanzinstituten birgt nach wie vor viel manuellen Aufwand. Traditionelle Unternehmen stehen derzeit vor der Herausforderung kosten- und zeitintensive KYC-Prozesse und -Anforderungen in Bezug auf die Identifizierung und Verifizierung von Kunden zu managen. Ein Forschungsbericht, der 2018 von Loudhouse für GLEIF erstellt wurde, ergab, dass Finanzinstitute beim Onboarding mindestens vier verschiedene Identifikationssysteme verwenden.
Dies führt zu inkonsistenten Informationen, bindet Ressourcen und hemmt die Transparenz aufgrund des Fehlens eines standardisierten Ansatzes zur Verifizierung der juristischen Person. Auch ein 2019 erschienener Bericht von McKinsey im Auftrag der GLEIF zeigt, dass Finanzinstitute, die den LEI verwenden, die Zeit bis zum Umsatz um bis zu sieben Tage verkürzen können, indem sie ein schnelleres Onboarding ermöglichen und die Kundenbindung durch ein besseres Kundenerlebnis verbessern.
Im digitalen Finanzwesen besteht Bedarf an einer einheitlichen und standardisierten Art der Identifizierung von Unternehmen.
Stephan Wolf, CEO von GLEIF
GLEIF hat vor Kurzem die Rolle der Validierungsstelle für Finanzinstitute, aber auch für FinTechs im globalen LEI System eingeführt. Das bedeutet, im bestehenden Onboarding-Prozesse können sie für ihre Kunden die jeweils individuelle, digitale Rechtsträgerkennung erhalten. Dies bietet eine Reihe von Vorteilen in Bezug auf Kosten, Effizienz und Kundenerlebnis. Denn es vereinfacht den Vergabeprozess und die gewonnenen Ressourcen können in die Entwicklung weiterer Services und innovativer Dienstleistungen investiert werden.
Wie frühzeitig sollte sich ein Fintech bzw. Start-up mit dem Thema beschäftigen?
Von Beginn an! In jeder Phase entlang des Wertschöpfungsnetzes von Unternehmen im digitalen Finanzwesen besteht Bedarf an einer einheitlichen und standardisierten Art der Identifizierung von Unternehmen. Das fängt beim digitalen Onboarding Prozess an und geht bis zur Identifizierung von Krypto-Asset Emittenten. Über qualitativ hochwertige, sichere und vergleichbare Daten sind bessere Geschäftsentscheidungen und schnellere Prozesse möglich. Digitales Identitätsmanagement bringt dabei Kosteneinsparungen und effizientere KYC-Prozesse.
Wie sehen die zukünftigen strategischen Pläne der GLEIF aus?
GLEIF erweitert das Global LEI System, um einen vollständig digitalisierten und kryptografisch verifizierbaren LEI (vLEI) zu schaffen, der eine sofortige und automatisierte Identitätsüberprüfung zwischen Gegenparteien ermöglicht. Hierdurch können Unternehmen nicht widerlegbare Identifikationsdaten bezüglich ihres Rechtsstatus, ihrer Eigentümerstruktur und ihrer autorisierten Vertreter in einer Vielzahl von digitalen Aktivitäten nutzen. Dazu gehören die Genehmigung von geschäftlichen Transaktionen und Verträgen, einschließlich Onboarding von Kunden, Geschäfte innerhalb von Import-/Export-Netzwerken und Lieferkettennetzwerken sowie die Einreichung von aufsichtsrechtlich vorgeschriebenen Unterlagen und Berichten. Mit einem vollständig digitalisierten und kryptographisch gesicherten LEI-Service soll dies Unternehmen aus allen Wirtschaftssektoren weltweit ermöglicht werden.