Lassen Hausbanken wirklich kleine Unternehmen versauern?

Patrick Stäuble Credit: Caroline Pitzke

Das kleine Unternehmen und die Hausbank von nebenan waren lange eine innige Liebesbeziehung. Doch wenn es um Kredite geht, drängen sich immer mehr alternative Finanzierer dazwischen. Was machen sie besser und wie verändert das den Markt? 

Auf dem Markt für KMU-Finanzierer ist einiges los. Während der schweizer Anbieter Teylor nach Deutschland expandiert, KMU-Finanzierer wie Banxware und Liberis neue Offensiven, höhere Kreditlinien und Finanzierungsrunden bekanntgeben, ließen Hausbanken sie lange Zeit gewähren. Jetzt wollen Hausbanken wieder aufholen und setzen dabei auf Vergleichsportale und andere Fintechs wie Fincompare, Verivox und Compeon. Nur wer läuft hier eigentlich wem den Rang ab? 

Es sind Welten, die da seit einigen Jahren verstärkt aufeinander prallen. Zunächst wäre da die alte Welt der Banken: Dass die Beziehung von Hausbanken zu manchen KMUs Risse zeigt, gelte besonders für die kleinen Unternehmen, sagt Christopher Schmitz, Partner bei EY: „Hier hat sich über die Jahre die Betreuung massiv verschlechtert.” Die Unternehmen könnten bei ihren Hausbanken nicht immer mit einem Angebot rechnen. Das liege sowohl an fehlender Zeit, aber auch an hohen Kosten von persönlicher Beratung, der häufig niedrige Erträge bei den kleinen Krediten gegenüberstehen. Außerdem versuchten viele Banken  das Risiko in ihrem Kreditportfolio zu senken. „Die Hausbanken halten sich stark an ihre Risikomodelle”, sagt Schmitz. 

Der Trend geht zu Plattformen

Vor allem junge Unternehmen suchen seit einiger Zeit deswegen zunehmend über andere Wege. Das eröffnete die neue Welt: Digital getriebene Kreditgeber gewannen einen Kunden nach dem anderen. Auf dem Markt tummeln sich heute Anbieter wie Teylor, Qonto, Tide, Iwoca, Auxmoney und Banxware. Patrick Stäuble ist Gründer des Schweizer KMU-Finanzierers Teylor und konkurriert seit Jahren digital mit den Angeboten der Hausbanken. Er hätte in den vergangenen Jahren mehr Digitalisierung bei den klassischen Banken erwartet, sagt er. Mit der Einschätzung mag er generell recht haben, doch nun nehmen manche Geldhäuser eine Abkürzung.

Dass deren Angebote nun auf Vergleichsportalen zu finden sind, ist kein Zufall. Denn dort sind junge Unternehmen unterwegs, die einen Kredit suchen. Selbst Teylor-Chef Stäuble sieht darin die Zukunft: „Der Markt wird sich in Richtung digitaler Kreditplattformen entwickeln, ähnlich dem Privatkundensegment”, sagt er. Länder wie Großbritannien zeigten dies bereits, wo ein Großteil der KMU-Finanzierungen über digitale Plattformen abgewickelt werde. 

Das mag charmant klingen, doch die bessere Vergleichbarkeit von Angeboten erhöht laut Schmitz auch den Wettbewerb: „Banken wissen, dass sie nur dann zum Abschluss kommen, wenn sie einen attraktiven Preis bieten”, sagt er. Dort findet man bereits einzelne Volksbanken und Sparkassen, die als Anbieter auch online zunehmend sichtbarer werden. Ähnlich zur Entwicklung bei Privatkrediten könnte also ein wachsender Teil des Geschäfts bald über Vergleichsportale und Plattformen laufen, meint Schmitz.

Wer den Kunden besser kennt, gewinnt

Aber wie reagieren die alternativen Finanzierer auf die digitalen Offensiven der Hausbanken? Ist ihre gerade erst erkämpfte Nische in Gefahr?

Einige folgten der Strategie bewusst Kredite mit hohem Risiko oder besonders günstig herauszugeben, sagt EY-Experte Schmitz. Damit könne man zwar schnell Marktanteile gewinnen, laufe aber bei Ausfällen Gefahr, selbst in finanzielle Schieflage zu geraten, wenn Preise zu niedrig und eingegangene Risiken zu hoch seien: „Das ist einfach nur Mathematik: Wenn Finanzierer die Ausfälle nicht auffangen können, geht das nach hinten los”, sagt Schmitz.

Stäuble von Teylor glaubt an eine andere Strategie. Er nimmt dabei unter anderem eine spezielle Kundengruppe ins Visier: Unternehmen, deren gute Bonität aufgrund einer unzureichenden Datenlage oder komplexer Strukturen nicht unmittelbar erkennbar ist. Er nennt ein Beispiel: Ein Unternehmen in Deutschland mit einem niederländischen Geschäftsführer braucht Geld für eine Fabrik in Polen. „Für viele Hausbanken ist es zu aufwändig, diese Datenlage auszuwerten”, sagt er. „Obwohl es aus objektiver Sicht ein super Kunde ist.” Es ist also die Nische der Nische, wenn man so will.

Hier zahlt sich laut Stäuble besonders der technologische Vorsprung aus. Denn alternative Finanzierer greifen bei der Bonitätsprüfung häufig auf andere Datenquellen zurück als die Banken: Neben Open Banking nutzen sie Dokumente wie Jahresabschlüsse, betriebswirtschaftliche Auswertungen oder Schnittstellen zu Buchhaltungssystemen und Prozesssystemen und lassen diese teilweise automatisch oder mit Hilfe von KI analysieren. Das kann den Finanzierern einen besseren Eindruck von den Unternehmen verschaffen. „Ich glaube dafür muss man nicht nur auf Open Banking setzen, sondern jede Datenquellen nutzen, die man finden kann”, sagt Stäuble. 

FIDA könnte den Markt verändern

Zwar hätten Hausbanken den Vorteil, dass ihnen mit dem Blick ins Konto bereits wichtige Daten für die Risikoanalyse vorliegen, meint Schmitz. Dennoch spiele Technologie bei der Datenverarbeitung eine zunehmend wichtige Rolle dabei, wie genau Risiken von Anbietern eingeschätzt werden könnten. „Das kann zu sinkenden Zinssätzen und einer erhöhten Akzeptanzrate führen”, sagt er. Das habe sich in Brasilien gezeigt, wo ein Open-Banking-Gesetz bereits für einen besseren Zugriff auf wichtige Finanzdaten gesorgt hätte. Ähnliches könnte die neue FIDA-Verordnung (Financial Data Access) in der EU auch für KMUs bewirken.

Mittlerweile haben sich über die technischen Möglichkeiten neue und kreative Kreditmodelle auf dem Markt etabliert. Neben Factoring, dass auch Ableger etablierter Banken anbieten, gibt es Kredite mit Rückzahlungen nach Umsatzanteil oder Technologien, die eine Vorab-Genehmigung bis zu bestimmter Höhe ermöglichen. Vor allem bei der Bonitätsprüfung versprechen sich alternative Anbieter einen Vorteil.

Den technologischen Vorsprung nutzen manche Unternehmen wie Teylor noch auf eine andere Weise. Sie bietet den Hausbanken White-Label-Lösungen für digitale Kreditantragsstrecken an – die Nachfrage ist laut Stäuble groß. Vielleicht hilft es aus Sicht der Fintechs also auch einfach, die Konkurrenz zu umarmen.

Autor

  • Lukas Homrich ist freier Journalist und Mitarbeiter des dreimaldrei Journalistenbüros. Er schreibt über Wirtschafts- und Finanzthemen. Besonders Spaß macht es ihm, über Geschäftsmodelle zu philosophieren.

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