Gedanken über den Pleitefall Monedo – was war, was kommt und wen überrascht das noch?

Das sind mal Nachrichten aus Hamburg. Kreditech, heute bekannt als Monedo, hat Insolvenz angemeldet. Eines der ersten deutschen Fintechs überhaupt und mit einem kompletten Funding in Höhe von $519 Mio (equity und debt) von den namhaftesten Investoren, hat Insolvenz angemeldet. Das StartUp ging schon durch viele Höhen und Tiefen. Ursprünglich gegründet als Clone des (ebenfalls mittlerweile insolventen) britischen Payday-Loan-Anbieters Wonga, versuchte sich das StartUp um den durchaus schillernden Mitgründer Sebastian Diemer als Kredithai-Geldgeber in Deutschland. Die Bafin schritt sehr früh, für Leser des KWG klar vorhersehbar, ein und setzte dem Treiben ein schnelles Ende.

Kreditech exportierte im ersten Pivot danach das B2C Lendinggeschäft nach Lateinamerika, Süd- und Osteuropa. Angeblich hatte man dann eine “magische” Formel im Scoring gefunden mit verschiedensten externen Daten, über digitale Fingerabdrücke der Nutzer, die Kreditwürdigkeit zu prüfen. So erfolgreich Sebastian Diemer erste Fakten mit viel Vision zu schönen Funding-Fantasien aufbauen und Investoren begeistern könnte, so stark klafften aber auch immer die operativen Lücken in der Realität. Nicht nur bei Kreditech war das so, sondern ebenso später bei den Folgegründungen wie Finiata (Factoring) und Farmako (Cannabis). Allesamt stellten diese sich nach sehr kurzer Dauer als harte Turnaround-Stories heraus. Aber wie man aus Hamburg und später Berlin hörte, hatte man vorher extrem viel Spass beim Feiern, immerhin!

Kreditech-Nachfolger Monedo: Erste Hinweise von Branchenexperten verhallten

Etliche Investoren-, Management- und einem Namenswechsel später ist jetzt erst einmal Schluss mit dem Kreditgeschäft. Vermutlich hat Kreditech/Monedo auch nur so lange überlebt, weil die investierten Summen so hoch waren und man wirklich nichts unterlassen wollte das versenkte Geld zu retten. Ich erinnere mich noch daran, wie erfahrene Investoren in Einzelgesprächen jegliche Skepsis ignorierten. Kreditech steht daher auch als ein Beispiel für irrationale Investoren-Entscheidungen verbunden mit FOMO – Fear of Missing-Out. Schade, dass jegliche Hinweise von Branchenexperten verhallten – man hätte sich viel Geld gespart. Im OMR-Podcast #119 (bitte an die Stelle 1 Stunde und 5 Minuten spulen) analysierte VC-Experte Sven Schmidt im Januar 2018 die Kreditech-Zahlen 2016/2017 und nannte die Investoren sogar „blind“, angesichts der niedrigen Kreditech-Innenumsätze von €7 Millionen bei knapp €120 Millionen Verlust alleine in den Jahren 2016 und 2017. Nach dem Wirecard-Skandal bleibt daher ein zweiter, sehr fader Beigeschmack und Nackenschlag fürs deutsche FinTech-Ökosystem zurück. Wir drücken vor allem den Mitarbeitern die Daumen, dass nach der Insolvenz irgendwie weiter geht.

Fintech des Jahres 2014 (Quelle: Facebook)

André M. Bajorat

In der Tat lange ein schillerndes Thema und auch schon lange mit vielen Stories versehen. Wenn alles wahr ist, was man munkelte und hörte, war es in der Tat viel Spaß, für viele eine Menge Arbeit und einige wenige sehr viel Geld. Die Idee als solche war ein copy cat und dennoch schien man wohl eine Formel in bestimmten Ländern zu haben. Die ‘Magic’ bestand aber wohl vor allem aus den Bankdaten der Kunden und regulatorischen Lücken in diesen Ländern. Nun ist es vorbei und ob es wirklich eine Corona Folge ist, oder der fuck Virus nur eine Ausrede ist, wird man vielleicht irgendwann einmal herausfinden. Ich bin gespannt auf die Geschichten die jetzt noch folgen aus den letzten Jahren.

Kilian Thalhammer

Es war schon ruhig über die letzten Jahr – der Lack war ab – wobei die Story der letzten Jahre nicht “ganz falsch” war – ich denke aber man schleppte zu lange Ballast aus der “Diemer Zeit” mit sich herum. Das wird man nicht so einfach los – auch wenn man sich rüttelt und schüttelt. Zwischendrin klangen die Modelle/Produkte “schräg” aber “mutig” – Lending in Peru – aus Hamburg heraus….. – klingt nicht nach Strategie sondern nach Lucky Punch – anyhow – wenn es läuft, dann ist es gut – aber gefühlt war man doch schon “pleite” – lange vor der echten Pleite.
Schade für ein “Einhorn auf drei Beinen” – aber Schade auch für das Eco System und das Team das versucht hat die Kurve zu bekommen – da stecken viele Stunden Arbeit drin – die nicht honoriert wurden. Vielleicht in einem anderen “Leben”.

Und es zeigt auch – prominente Investoren und eine hohe Bewertung alleine sind noch kein Geschäftsmodell…. Und fairerweise – zwischen der “Diemer Zeit” und der jetzigen Insolvent lagen “lange Jahre” und auch noch viel Geld (und einige Pivots). Es wäre zu einfach Kreditrech auf die Anfänge zu reduzieren – auch wenn es eine plausible Argumentation zu sein scheint – mir wäre es lieber gewesen, dass Management bekommt die Kurve…

Maik Klotz

Es hörte sich so vielversprechend an, auch wenn Kreditech im Grunde als Copycat startete. Gutes Funding, gute Idee und Gewinner unseres Fintech des Jahres Awards 2014. Wenn bei einem Startup aber die Geschichten über die Dinge die Hinter den Kulissen interessanter und unterhaltsamer sind, als die Story des Startups selbst, dann läuft in der Regel was falsch. Kreditech-Nachfolger Monedo ist also insolvent und die Nachricht überrascht nicht sonderlich, sondern man fragt sich eher warum erst jetzt. Gründer Sebastian Diemer mag Cannabis, Alpakas und Motorradfahren und ein Blick in sein Instgram-Profil zeigt, dass man sich zumindest um ihn keine Sorgen zu machen braucht. Ansonsten ist es wie bei jedem Startup welches die Flügel strecken muss: Schade.

Christina Cassala

Seien wir ehrlich! Überrascht uns diese Nachricht noch? Irgendwie nicht, denn zu lange verfolgte man Meldungen über Kreditech, sorry … Monedo doch mit einer gewissen Verwunderung und fragte sich “Ach was, die gibt es noch?”, denn wirkliche News, Success-Stories und Visionen blieben aus. Und das Ziel, Mikrokredite in Ländern wie Polen, Indien und Russland anzubieten und damit bis 2025 auf eine Milliarde Umsatz zu kommen, war schon zum Zeitpunkt der Ankündigung mit Vorsicht zu genießen, passt aber zu dem Unternehmen, denn Kreditech/Monedo war nie bekannt für Bescheidenheit.

Für die Nachfolger des Ursprungsteams ist die Insolvenz sicher ein harter Schlag, denn vermutlich haben alle ihr Bestes gegeben, um das Ruder noch einmal rumzureißen. Aber der Ballast der Vergangenheit war einfach zu groß, oder der Mut, sich auf das Kerngeschäft zu konzentrieren zu klein, um die Wende zu schaffen. Dass Kreditech nur ein Copycat war, wird das Problem nicht gewesen sein – mit diesem “Stempel” sind etliche Unternehmen in Deutschland gestartet und … sind erfolgreich geworden.

Nicole Nitsche

Vielleicht geht es dem ein oder der anderen ähnlich wie mir, das bevor ich auf Kreditech aufmerksam wurde, die Aufmerksamkeit zunächst bei ihrem Gründer, Sebastian Diemer lag. Denn der Mitzwanziger machte auf allen sozialen Kanälen keinen Hehl daraus, das es der Firma oder zumindest ihm richtig gut ging.

Der Name damals so einfach wie das Geschäft und zu einer aufkommenden Fintech-Boom-Welle super und einfach irgendwo das Wort Tech dranzuklatschen, denn so warb Kreditech damit, für finanziellen Freiheit Jedermanns durch den Einsatz von Technologie zu sorgen. Konsumenten, die keinen Kreditscore haben, ein maßgeschneidertes Angebot zu unterbreiten, das ist/war das Ziel von Kreditech. Ein Heilsbringer für die „underbanked people“. Die Technologie des Hamburger Wachstumsunternehmens benutzte Big Data und komplexe selbstlernende Algorithmen. Mithilfe von alternativen Daten trifft die Technologie eine Kreditentscheidung – anders: der Algorithmus trifft Kreditentscheidungen – wie auch andere vollautomatisierte Prozesse im System – immer basierend auf Beobachtungen. Aha, diese Beobachtungen galten auch sämtlichen Profilen, vor allem den sozialen, des Antragstellers.

Irgendwann sagte dann wohl der Algorithmus das Kreditvergaben in Deutschland nicht mehr lukrativ sind. Im Ausland dafür um so mehr. Die Technologie war ja da und die Kunden auch, die sich zwar eher kleine Summen liehen, aber auch Kleinvieh macht Mist – und zu Hochzeiten des Unternehmens war das viel Mist. Zunächst war es den Kunden wohl scheiß egal, woher das Unternehmen seine Daten zur Bewertung hernimmt, später wurde das dann aber kritisch beäugt und bescherte auch vonseiten der BaFin dem Hamburger Startup einen ersten harten Dämpfer. Ab dann ging es gefühlt nur noch bergab. Erfolgsversprechen gab es immer, es scheiterte von jeher an der Umsetzung und meiner Meinung an einem fragwürdigen Geschäftsmodell. Ob das Ding nun Kreditech oder später Monedo heißt. Mit anderen Worten, die Meldung überrascht mich wenig. Wie bei jeder Insolvenz sind es vor allem die MitarbeiterInnen die einem besonders leidtun. Denn die haben mit Sicherheit immer hart an der Umsetzung der aufgeblasenen Erfolgsstory gearbeitet.

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