Durch die Zollankündigungen Trumps und den eskalierenden Handelskrieg sind amerikanische Tech-Konzerne ins Visier der EU-Kommission geraten. Wie wahrscheinlich ist es, dass auch die Zahlungsbranche besteuert wird?
Im Zuge der Zollankündigungen spielt die EU-Kommission immer mehr Maßnahmen durch, um die Abhängigkeit von US-Konzernen zu verringern und sich mit Abgaben gegen die US-Zölle zu wehren. Auch wenn die USA die Zölle erstmal für 90 Tage ausgesetzt hat, gehen diese wohl Überlegungen weiter, auch um sich für eine Verhandlung mit Drohpotential zu rüsten. Eine der Maßnahmen wäre die Einführung einer Digitalsteuer oder Digital Service Tax (DST) auf Dienstleistungen von Unternehmen wie Google, Amazon und Meta. Sie alle haben eines gemeinsam: Ihre Marktmacht in Europa ist riesig.
Genauso sind US-Zahlungsdienstleister im Zuge des Handelskonfliktes in den Fokus gerückt. Auch sie haben eine große Marktmacht in der EU. Damit könnten auch sie ins Visier der EU-Kommission für eine Digitalsteuer geraten. Sollte die DST für alle Dienstleistungen gelten, wäre sie auch auf einen Teil der Dienstleistungen von US-Zahlungsriesen fällig. Dann könnte es auch um Paypal und Apple Pay gehen. Piero Cipollone, Mitglied des Direktoriums der EZB betonte jüngst in einer Rede die Notwendigkeit einer europäischen Zahlungssouveränität, die die Zentralbank vor allem mit der Einführung des digitalen Euro erreichen will.
Eine Digitalsteuer trifft auch europäische Unternehmen
Doch die Einführung des digitalen Euros wird wahrscheinlich noch bis mindestens 2028 auf sich warten lassen. Und dann gibt es noch Initiativen der europäischen Banken wie EPI mit Wero oder Bizum in Spanien. „Obwohl diese Innovationen sehr lobenswert sind und das Leben der Menschen verbessern würden, behindern bestehende strukturelle Hindernisse ihre Bemühungen, eine europaweite Dimension zu erreichen”, sagte Cipollone etwas verklausuliert. Was er damit meint: der europäische Markt ist kleinteilig, der technologische Rückstand beträchtlich und die Einstiegskosten hoch. Diese Lösungen hätten Schwierigkeiten, die nötige Größe zu erreichen, um einen Dienst für alle Menschen im Euroraum anzubieten. Dies schränke ihre Fähigkeit ein, mit den großen internationalen Akteuren zu konkurrieren, die Größenvorteile selbst auf globaler Ebene voll ausschöpfen können. Wird die EU also härtere Maßnahmen erwägen, um die Souveränität zeitnah umzusetzen?
Die EU-Kommission ging in der Vergangenheit mit US-Zahlungsunternehmen nicht gerade zimperlich um, wenn es um mögliche Wettbewerbsverstöße ging. Darunter waren auch Tech-Konzerne, die im Zahlungsverkehr mitmischen. Apple musste etwa die NFC-Schnittstelle für kontaktlose Zahlungen für Dritte freigeben und entging einer Geldstrafe nur knapp. Die Nutzung der NFC-Schnittstelle, von Online-Zahlungen und der Wallet sind eine digitale Zahlungsdienstleistung – selbiges gilt für Paypal.
Eine Digitalsteuer auf Zahlungsdienstleistungen würde zu steuerlichen Doppelbelastungen und letztlich zu einer Wettbewerbsverzerrung zu Lasten der europäischen Anbieter führen, teilt der Bankenverband auf Anfrage mit. „Eine solche Steuer würde bei den gegebenen Wettbewerbsbedingungen mit großer Wahrscheinlichkeit vor allem die hiesigen Unternehmen und Verbraucher zusätzlich treffen.” In der EU sind eigene digitale Zahlungsdienstleistungen so etwas wie eine Infant Industry, also eine Industrie in der Kleinkindphase. Zwar würden Steuern die US-Dienstleister empfindlich treffen, aber der Versuch, europäische Anbieter zu etablieren, könnten damit viel schneller ein Ende finden. „Ziel der EU-Kommission sollte es weiterhin sein, in einem konstruktiven Dialog zu bleiben, anstelle übereilt mit eigenen Maßnahmen – zum Beispiel mit einer Digitalsteuer – zu reagieren”, mahnt der Bankenverband.
Indirekte Folgen für Zahlungsanbieter
Das wissen auch die Gesetzgeber. Mehrere Länder wie Frankreich, Österreich, Italien und Spanien, die bereits eine Digitalsteuer eingeführt haben, schafften für Zahlungsabwicklungen und andere digitale Dienstleistungen, die mit dem Zahlungsverkehr zu tun haben, Ausnahmen. Auch im bisher letzten Versuch der EU-Kommission im Jahr 2018, eine Richtlinie für eine Digitalsteuer durchzusetzen, waren Zahlungsdienste ausgenommen, da sie „nicht als Marktplatz fungieren, sondern vielmehr Unterstützungssoftware oder sonstige Informationstechnologien bereitstellen, die den Kunden die Kontaktaufnahme mit anderen Personen ermöglichen, zu denen sie meist schon vorher in Verbindung gestanden haben.” Eine direkte Digitalsteuer scheint den Zahlungsdienstleistern also nicht zu drohen.
Doch selbst mit Ausnahmen bliebe für Zahlungsdienstleister eine Digitalsteuer nicht ohne Folgen. Ebenso würde sie die Verbraucher direkt treffen und digitale Zahlungen unattraktiv machen. Der Digitalverband Bitkom warnt bereits davor, dass eine Steuer auf Software- und Cloudlösungen zu Preissteigerungen führen könnten. Das könnte auch die Arbeit hiesiger Start-ups im Fintech-Bereich stören.