Die IT-Probleme der Banken nehmen zu. Grund dafür ist veraltete Technik, Weihnachten und der Ausdruck mangelndem Verständnisses von Digitalisierung. Als am 24. Juni 2019 die Raspberry Foundation den neuen Einplatinencomputer Raspberry 4 vorstellte, war dieser sofort ausverkauft. Der Einplatinencomputer für knapp 50 Euro erfreut sich in der Maker- und Bastel-Branche großer Beliebtheit.
Dementsprechend groß war das Interesse am neuen Raspberry 4 und die Webseiten der Raspberry Foundation mussten über 10 Millionen Zugriffe verarbeiten. Normalerweise läuft so was auf hochperformanten Servern – nicht so bei der Raspberry Foundation. Diese bauten zum Launch einen Cluster aus 14 Raspberry Einplatinencomputern zu einem Preis von unter 1.000 USD und ließen jede Webseite der Raspberry Foundation auf diesem Bastel-Cluster laufen – mit Erfolg.
Fehlt die „nerdige“ Denkweise?
Die DKB hat etwas über 4 Millionen Kunden, die Anfang der Woche nicht auf das Online-Banking ihrer Bank zugreifen konnten. Gestört waren nicht etwa die Kernbank-systeme, sonder das Problem bestand am Frontend. Finde den Fehler. Auch die Volksbank Berlin hatte mit Problemen zu kämpfen, genau wie die Commerzbank.
Natürlich ist die Webseite eines Kreditinstituts nicht vergleichbar mit dem Webauftritt von Raspberry, denn die Komplexität ist höher und ein ganzer Rattenschwanz an Altlasten müssen mitgeführt und gewartet werden. Das Beispiel zeigt aber auch, dass eine mutige, vielleicht “nerdige” Denkweise fehlt. Wo sind denn die großen Blockchain-Projekte, was passiert beim Thema Artificial Intelligence? Erschreckend wenig.
Überraschendes Weihnachten
Manche Sachen kann man augenscheinlich nicht vorhersehen. Weihnachten zum Beispiel. Das kommt für den ein oder anderen ja auch immer überraschend. Und steigende Zugriffe aufs Banking am Anfang des Monats scheinbar auch. Wer kann da wissen, dass viele Menschen ihr Gehalt bekommen und dann auf das Online-Banking zugreifen? Diese Vielzahl von Zugriffen hat nicht zum ersten Mal zum Schluckauf des ein oder anderen Zugangs einer Bank geführt. Wenn IT-Systeme über 20 Jahre auf dem Buckel haben, dann wundern solche Ausfälle nicht. Die BaFin scheint jedenfalls solche Überraschungen nicht zu mögen und erwartet, bei größeren IT-Pannen über Hintergründe und Ursachen von Störungen informiert zu werden. Update 15.07.19 Die Bafin verzeichnet 300(!) Störungen pro Jahr.
- 28.01.2019: Serviceprobleme bei der Deutschen Kreditbank
- 04.03.2019: Bundesweite technische Störung bei Volksbanken im Banking und Geldautomaten
- 22.05.2019: IT-Probleme bei der Deutschen Bank bei der Überwachung von Zahlungen von Großkunden
- 03.05.2019: Technische Probleme mit dem Login bei der Targobank
- 07.06.2019: IT-Panne bei der Commerzbank
- 28.06.2019: IT-Panne bei der Commerzbank
- 28.06.2019: IT-Panne bei der Onlinebank DKB
- 29.06.2019: IT-Probleme bei der Berliner Volksbank
- 13.07.2019: IT-Probleme bei der Deutschen Bank
Mangelndes Verständnis von Digitalisierung
Solche Ausfälle sind Ausdruck von Versäumnissen. Den Versäumnissen, zu wenig in die Grundlagen investiert zu haben oder fehlendes und falsches Know How. Um einen Spruch meines ersten Chefs zu bemühen: Man kann das Falsche richtig tun oder das Richtige falsch, beides führt zu keinem guten Ergebnis.
Es ist ein Trauerspiel, dass es noch immer nicht alle Banken schaffen, Buchungen in Echtzeit darzustellen, über ein- und ausgehende Zahlungen per Push-Nachricht zu informieren oder mobile Bezahlverfahren wie Google und Apple Pay zu unterstützen.
Wären wir bei “Game of Thrones” würde man sagen: Winter is coming. Und übertragen auf die Situation im Bankwesen heißt das, dass es inzwischen eine Kundengruppe gibt die sich Banken wünschen, die mit dem gleichen digitalen Mindset unterwegs sind und mit denen sie sich identifizieren können. Und diese Kundengruppe ist nicht gerade erst 18 geworden, sondern steht Mitten im Leben und nennt sich neudeutsch Millennial.
Fazit
Es nützt nichts wenn Martin Zielke, Vorstandsvorsitzender der Commerzbank, im Geschäfts-bericht die Digitalisierung der eigenen Bank lobt und weiter vorantreiben will, wenn dann davon draußen wenig ankommt. Denn “Machen ist wie wollen. Nur krasser”.
“Machen ist wie wollen. Nur krasser.”
Uns es hat eine tragische Komik, wenn sich Stefan Unterlandstättner, Vorstandsvorsitzender der DKB, per Youtube an seine Kunden wendet und ganze 39 Sekunden das sagt, was man als Kunde irgendwie auch voraussetzt: der Vorstand findet Ausfälle auch uncool. Fernab von den üblichen Sätze wie “es fehlt an einer digitalen DNA”, fehlt eben auch eine Fehlerkultur. Natürlich passieren Ausfälle. Die gibt es auch bei Whatsapp und Co. Die Frage ist nur wie man damit umgeht und wie lange man braucht um darauf zu reagieren. Und da ist noch Luft nach oben.