Mit iOS 14 hat Apple das bisher größte Update für den Home-Bildschirm angekündigt. Neben vielen neuen Detailverbesserungen soll iOS 14 neue Möglichkeiten bieten den Home-Bildschirm anzupassen, Apps mit App Clips zu entdecken und zu verwenden und mit Nachrichten in Verbindung zu bleiben. Gerade der Home-Bildschirm bringt mit Widgets und einer App Library viele sichtbare Veränderungen. Aber auch unter der Haube soll sich einiges tun. Jede neue Betriebssystemversion, sei es bei Google oder Apple, bringt auch für unsere Branche neue Möglichkeiten mit sich. Dieser Artikel ist ein Versuch, einige der neuen Funktionen in einen Payment & Banking-Kontext zu bringen.
Eine Liste aller Änderungen findet man bei Apple selbst. Die folgenden Neuerungen könnten aber auch für die Payment- und Banking-Branche interessant sein.
iOS 14 – Widgets überall
Während Widgets bis iOS 13 noch ein Nischen-Dasein fristeten, da sie kaum sichtbar und eben nicht integraler Bestandteil des Homescreens waren, ändert sich die Sichtbarkeit der Widgets mit iOS 14 fundamental. In iOS 14 ist es zum ersten Mal möglich Widgets direkt auf dem Homescreen zu platzieren. Dazu stehen drei unterschiedliche Widget-Größen zur Verfügung, welche sich beliebig auf dem Homescreen platzieren lassen.
Im Kontext von Banking und Payment-Apps können endlich Informationen dauerhaft angezeigt werden, ohne die App zu starten oder erst eine Widget-Ansicht aufzurufen.
Die Salden-Ansicht einer Banking-App wie zum Beispiel Outbank kann dauerhaft auf dem Homescreen angezeigt werden, genauso wie die Transaktions-Historie von beispielsweise Curve oder PayPal. So gehen keine Informationen mehr verloren und führen zu einer größeren finanziellen Übersicht. Widgets können also künftig dazu beitragen für mehr Übersicht zu sorgen. Im Kontext von Banking-Apps ein Mehrwert, der hoffentlich von den Anbietern angenommen wird. Widgets können zudem als “Stack” gruppiert werden und iOS 14 merkt sich auch den Kontext, welches Widget im Stack zu welcher Tageszeit genutzt wurde. Wenn also morgens das Widget für Online-Banking im Stack aufgerufen wird, wird dieses künftig morgens an erster Stelle stehen. Fun Fact: Android-Nutzer werden darüber nur müde lächeln.
App Clips in iOS 14: Viele Möglichkeiten für Banking, Retail und Payment
Auch über die neuen App Clips werden Android-Nutzer nur müde lächeln, denn bei Google gibt es eine ähnliche Funktion seit 2016 und nennt sich “Instant Apps”. Apples App Clips sind maximal 10 MB große Apps, die ohne den Umweg über den App Store direkt durch scannen eines QR-Codes, NFC-Tag, online über App-Banner oder Apples App Code, einer Kombination aus QR-Code und NFC, geladen werden.
Darüber hinaus lässt sich in den App Clips sowohl “Sign in with Apple” und Apple Pay integrieren. App Clips bieten also eine einfache Möglichkeit einen Kunden eine App schmackhaft zu machen ohne dass erst der App Store bemüht werden muss. Auch lassen sich App Clips leicht in die Vollversionen einer App umwandeln. Kurzum: Ein App Clip ist ein Fragment einer Haupt-App, welche dementsprechend einen eingeschränkten aber für den Use-Case wichtigen Funktions-umfang bietet.
- Im Handel können App Clips genutzt werden, um schnell ein Bonus-Programm nutzbar zu machen.
- Für Mobility Dienste wie E-Roller, etc. kann man schnell einen Roller freischalten.
- Im Restaurant die Karte einsehen und die Rechnung bezahlen.
- Im Banking könnte die Kreditkarte oder Girocard (NFC) den Nutzer leicht zur Online-Banking-App führen
App Clips könnten insbesondere dem Handel aber auch beim Onboarding beim Online-Banking helfen.
https://www.youtube.com/watch?v=P_jILXBOA00
Tracking
Privatsphäre und Datenschutz sind seit langem ein Thema, welches Apple treibt und immer wieder strapaziert. Was für die NutzerInnen gut ist, ist für Marketer purer Schmerz und dieser wird mit iOS 14 weiter zu nehmen. Ab Herbst, also mit der Veröffentlichung von iOS 14, müssen Entwickler für ihre Apps und Dienste genau angeben, welche Nutzerdaten erfasst werden. Mehr noch, Entwickler müssen sich überhaupt die Erlaubnis der Nutzenden einholen, wenn Daten erfasst werden sollen. Auch Banking- und Payment-Apps tracken für Marketing-Zwecke unterschiedliche Daten, wie jüngst die Stiftung Warentest bemängelt hat. Hier wird man überlegen müssen, welche Daten man in Zukunft bei Apple NutzerInnen erfassen will.
Siri Event Suggestions
Etwas spezieller sind Siri Event Suggestions. Im Prinzip erkennt Siri in E-Mails oder Webseiten Events und bietet dann an eine Navigation zu starten, einen Kalendereintrag zu machen oder das iPhone stumm zu schalten. Dazu müssen die Trigger in einer bestimmten Syntax (Siri Event Suggestions Markup) auf der Webseite oder in E-Mails hinterlegt sein.
Denkbare Anwendungsfälle sind die einfache Wegbeschreibung zu einer Bankfiliale oder Händler, aber auch Dinge wie die Erinnerung an bestimmte finanzielle Events (Steuererklärung abgeben, Kreditberatung vereinbaren) können in Marketing-Mails oder Webseiten genutzt werden, um den Nutzer mehr Bequemlichkeit zu bieten. Siri Event Suggestions können nicht in Apps genutzt werden bzw. dort nur über den Umweg einer Webseite.
ARKit
Das ARTKit wurde mit vielen neuen Funktionen angereichert, z.B. mit Location Anchors, welche eine verfeinerte Standortfunktion bieten. Bisher gibt es zwar einige AR-Apps, die meisten aber in der Kategorie Spiele. Ikea nutzt z.B. ARKit, um den Nutzer virtuelles Möbelrücken zu ermöglichen, aber noch gibt es wenig ARKit Apps außerhalb von Spielen. Dabei könnte man ARKit nutzen, um zum Beispiel eine virtuelle Bank-Filiale ins Wohnzimmer zu holen, für Finanz-Education oder um Auswertungen mal anders als langweiliges Balkendiagramm anzuzeigen. Auch kann AR benutzt werden um die Girocard oder Kreditkarte mit Zusatzfunktionen zu versehen, wie das Konzeptvideo des Product Designers Volodymyr Kurbatov zur Apple Card zeigt. Das ARKit gehört zu denen am meisten vernachlässigten Möglichkeiten um Banking oder Finanztransaktionen etwas weniger langweilig darzustellen.
Fazit
Wie jedes Update bietet auch iOS14 einige neue Funktionen. Sicherlich muss man nicht jedes Feature sofort adaptieren, aber manche der neuen Möglichkeiten bieten sich an um den NutzerInnen mehr Komfort oder mehr Nutzen zu stiften. Wünschenswert wären generell mehr Entwicklungsfreude und weniger “von der Stange”-Apps. Das gilt für Payment- und Banking-Apps, egal ob für Android oder iOS.