Instant Payments: Angriff auf Paypal & Co. 

Instant Payment

In neun Monaten müssen alle europäischen Banken die neuen Echtzeitüberweisungen annehmen können. Der Zeitplan ist sportlich, die Investitionen massiv. Doch es könnte sich massiv lohnen für die Geldhäuser. 

In nicht einmal neun Monaten steht für Bankkunden die vielleicht größte Änderung seit Einführung der IBAN ein: der verpflichtende Start für Instant Payments im europäischen Bankensektor. Bis Januar 2025 müssen alle EU-Banken sie empfangen, ab Oktober 2025 die sogenannten „Instant Payments” auch senden können. Gemeint sind mit „Instant Payments” besonders schnelle Überweisungen. 

Statt in Stunden oder Tagen können bis zu 100.000 Euro in nur zehn Sekunden den Besitzer wechseln, egal, in welchem EU-Land eine Person sitzt oder bei welcher Bank sie ist – und das rund um die Uhr und sieben Tage die Woche. So sollen Nutzer nicht mehr tagelang auf Überweisungen warten, sondern diese ähnlich schnell wie bei Paypal & Co. bekommen. Das hat die EU im Februar 2024 entschieden und damit die entscheidende Weiche für eine der bedeutendsten Veränderung im Banking der vergangenen Jahre gelegt. 

Instant Payment ist ein Angriff auf Paypal & Co. 

In Betrieb ist das Instant-Scheme bereits seit 2017. Dass es nun verpflichtend wird, ist die finale Ausbaustufe einer Veränderung, von der sich die EU einen wirtschaftlichen Nutzen von bis zu 1,8 Milliarden Euro pro Jahr verspricht. Für den Bankensektor ergeben sich dadurch große Chancen, endlich große Player wie Paypal & Co. angreifen zu können, die schon lange mit sekundenschnellen Überweisungen den Markt dominieren. Können künftig alle EU-Banken die superschnellen Überweisungen empfangen, gibt es kaum noch einen Grund, eine Drittapp wie Paypal für Zahlungen zwischen zwei Privatpersonen zu nutzen. Auch zwischen Unternehmen ergeben sich so neue Möglichkeiten. Doch schafft es die EU-Bankenindustrie, den Start sauber hinzubekommen? 

Denn so schön die Chancen klingen, so darf niemand verschweigen: Die Umstellung ist zunächst einmal eine enorme Kraftanstrengung, besonders wenn man bedenkt, dass noch längst nicht alle Payment-Service-Provider mit dem Scheme vertraut sind. Nach letzten Zahlen des European Payment Council (ECP) sind erst 2288 Firmen dabei, was in ganz Europa gerade einmal 63 Prozent sind, bezogen auf die Euroländer sind es immerhin 71 Prozent. Wirklich viele Transaktionen laufen zudem bisher nicht über das Scheme. Die neuesten Zahlen stammen aus dem zweiten Quartal 2023 und da waren es nicht einmal 17 Prozent aller Überweisungen

Instant Payment: Banken müssen neue Prozesse aufsetzen

Immerhin bedeutet die Umstellung, dass Systeme 24 Stunden am Tag laufen müssen und es eine deutliche Abkehr vom klassischen „Batch-Prozess” gibt, bei dem Banken Überweisungen über den Tag gesammelt und dann erst abgeschickt haben. Für die Szene bedeutet das eine finanzielle Investitionen in die Infrastruktur des SEPA-Zahlungsnetzwerks, eine enorme technische Umstellung auf den dann priorisierten Nachrichtentyp für Instant Payment – und quasi nebenbei auch noch eine Anpassung wichtiger Prozesse wie beispielsweise der Geldwäschekontrolle. Denn wenn Geld innerhalb von Sekunden verschickt wird, muss auch der Verdachtsdetektor der Banken schneller ausschlagen als bisher. Dazu müssen Banken künftig wissen, an wen sie Geld schicken und dürfen für all diese Mühen nicht einmal zusätzliches Geld von den Kunden verlangen. Eine Instant-Überweisung darf künftig nämlich nur so viel kosten wie eine heutige SEPA-Überweisung – und die ist bei den meisten Geldhäusern sowieso umsonst. 

„Wer bisher gar keine Instant-Payment-Struktur an Bord hat, wird sich jetzt ziemlich beeilen müssen”

Thomas Walkner von der Unternehmensberatung Capco hält den Zeitplan für entsprechend sportlich. „Wer bisher gar keine Instant-Payment-Struktur an Bord hat, wird sich jetzt ziemlich beeilen müssen”, sagt Walkner. Deutsche Banken sieht er dabei recht gut aufgestellt, andere Länder hätten noch mehr zu kämpfen. Als besondere Hürden empfinden die meisten die neuen Zusatzanforderungen, die Banken vorschreibt, jeden Tag die eigenen Kunden und Konten zu überprüfen, um etwaige Geldwäsche- und Sanktionsfälle rauszufischen. Dazu müssen Banken künftig prüfen, an wen das Geld in Sekundenschnelle geht, da man es nicht mehr zurückholen kann. Das stellt sie vor enorme technische Herausforderungen, die sie nun teilweise in Rekordzeit lösen oder Lösungen einkaufen müssen. Bei Unternehmen im Markt herrscht dementsprechend nicht gerade Begeisterung: „Die Banken müssen jetzt neben Auslandsüberweisungen, SEPA-Überweisungen und bald vielleicht dem digitalen Euro noch eine vierte Infrastruktur aufbauen. Da murren einige natürlich, dass das teuer und aufwendig ist”, erklärt der Capco-Mann Walkner.

Paypal wird gewaltig unter Druck geraten

Was viele dabei übersehen: Instant Payments bietet für europäische Banken eine große Chance. Denn die EU verpflichtet die Geldhäuser so zu einem seit 2017 existierendem Standard, der mit modernen Zahlungsmethoden mithalten und diese auch unter Druck setzen könnte. „Wenn Instant Payments nur noch so lange dauern wie eine Paypal-Überweisung, dann wird es einen starken Druck auf etablierte Player geben”, so Walkner. Das gelte nicht nur für die Überweisungen zwischen Personen, sondern auch beim Bezahlen. Wenn nämlich Instant Payments der Standard bei Überweisungen werden, könnten Konsumenten im Online-Handel oder bei On-Demand-Angeboten wie Ticketkäufen blitzschnell bezahlen, beispielsweise über einen „Pay by Bank”-Button. Gerade das bei Händlern wegen seiner eher hohen Gebühren unbeliebte Paypal könnte darunter leiden, während Händler aufgrund des stärkeren Wettbewerbs womöglich niedrigere Kosten erwarten dürften. 

Mittelfristig könnten Instant Payments bei vielen Geldhäusern zum „New Normal” werden und die klassische SEPA-Überweisung vollständig ablösen. Der Vorteil für sie wäre ein deutlicher Effizienzgewinn und ein Standard, auf den sich neue Angebote gut aufbauen ließen. Die European Payment Initiative (EPI) beispielsweise baut mit „Wero” gerade an einem Bezahlsystem, das auf Instant-Payments setzt und bald schon zwischen den Partnerbanken starten soll. Sind bald alle Banken Instant-Payment-ready ließen sich auch Zahlungen über Wero an nicht teilnehmende Banken schicken und bei ausreichend Händlerakzeptanz auch an den Kassen der Republik zahlen. „EPI bietet den europäischen Banken, wenn es gut umgesetzt ist, eine letzte Chance, eine Alternative zu Paypal und anderen Diensten aufzubauen”, glaubt Walkner. „Da wird es helfen, wenn die Banken alle Instant Payments empfangen können.”

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Autor

  • Nils Heck (geb. Wischmeyer) ist Gründer des Journalistenbüros dreimaldrei und seit März 2024 Redaktionsleiter bei Payment and Banking. Er ist zudem Autor der monatlichen Kolumne „Nils nörgelt“, in der er sich kritisch mit aktuellen Trends in der Payment- and Bankingbranche beschäftigt.

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