In-Car-Payment: Die Rechnung geht aufs Auto

shallow focus photography of orange Volkswagen Beetle

Das Auto der Zukunft? Das fährt nicht nur ohne Emissionen, sondern durch In-Car-Payment bezahlt es auch Rechnungen. Daran zumindest arbeiten unter anderem ungewöhnliche Allianzen von Großkonzernen. Kleingeld in den Münztrichter werfen, um die Autobahnmaut in Frankreich zu zahlen? Nach der EC-Karte nesteln, wenn es beim Tanken ans Zahlen geht?

Das alles müsste nicht mehr sein, wenn das Auto den Bezahlvorgang erledigen würde. Keine überspannte Zukunftsvision, sondern mittlerweile eine echte Option. Unter anderem Hersteller wie Daimler und Visa bündeln genau dazu ihre Kräfte. Das ist schön für den privaten Fahrer, und könnte die Arbeit von Flottenbetreibern massiv verändern. Bereits jetzt rechnen Experten mit einem Milliardengeschäft.

Bereitschaft zu In-Car-Payment ist groß

Die GfK etwa kalkuliert, dass der sogenannte In-Vehicle-Commerce ein Marktvolumen von mehr als 200 Milliarden Dollar habe, rund 177 Milliarden Euro. Tendenz steigend. Einer der Gründe dafür ist ganz einfach: die technologische Entwicklung. Während vor gut zehn Jahren die Kreditkarte das höchste der technikbasierten Zahlungsmittel war, können die Menschen heute schon mit Uhren wie etwa bestimmten Swatch-Modellen zahlen. Möglich machen das NFC-Chips & Co.

Für das Auto ist die Vision klar: Tanken ohne den üblichen Gang zur Bezahlstation, ganz bequem für den Kunden. Bereits 2019 hatte der „Digital Drive Report“ von Pymnts und P97 herausgefunden, dass gut 30 Prozent der befragten Autofahrer bereit wären, online im Auto und während der Fahrt zu shoppen – gerade in autonomen Autos.

Flotten könnten effizienter gestaltet werden

Spannender ist für Unternehmensberater Reinhard Höll von McKinsey aber der B2B-Einsatz, also für die Großkunden mit ihren Flotten. Smarte Systeme können etwa dabei helfen, diese Flotten effizienter zu verwalten. „Zum Beispiel Fahrzeuge an die günstigste Tankstelle der Umgebung zu lotsen“, sagt er. Das rechnet sich.  

Die Zeit dafür, solche Vorhaben in die Realität umzusetzen, ist gut. Denn immer mehr Elektroautos sind auf Deutschlands Straßen unterwegs. Und das bedeutet, dass immer mehr Fahrzeuge zumindest theoretisch gerüstet dafür sind, in-car-payment zu beherbergen. Vereinfacht gesagt, soll dann die Technologie im Auto die Authentifizierung des Fahrers beziehungsweise Zahlers genauso geschmeidig abwickeln wie derzeit das Smartphone. Bei der Kooperation von Daimler und Visa etwa gilt: „Um eine Zahlung direkt aus dem Auto heraus zu authentifizieren, genügt künftig ein Fingerabdruck.“

Auch bei Hyundai arbeitet man an dieser Technik – genauer, mit dem Ioniq 5 ist das System in den USA bereits, so zumindest der Plan, seit Herbst 2021 unterwegs. Der Schlüssel dafür ist das System Bluelink. Darin gibt es Funktionen wie die Möglichkeit, Termine für einen Werkstatt-Besuch zu vereinbaren, aber eben eine Zahlfunktion. Dazu müssen Daten der Kreditkarte im System hinterlegt werden – und bei Kooperationspartner wie der Pizzakette Dominos oder dem Parkplatzbuchsystem Parkwhiz.

Die Power der Plattform

Ein Trend in der Breite: „17 Autohersteller sind dabei, eingebettete Payment-Lösungen zu entwickeln“, sagt Andrew Jackson vom Beratungshaus Ptolemäus. Dazu komme Corona, denn die Pandemie befeuere den Trend des Online-Einkaufens auch im Auto. Wenn man so will, kann das Auto damit zu einer Art technologischer Plattform werden.

Um diese Vision nachhaltig mit Leben zu füllen, müssen in den Augen von Branchenexperten Höll drei Teilnehmer an einen digitalen Tisch kommen müssen: Die Autoanbieter, die Macher der Infrastruktur (etwa Tankstellen) und die Payment-Anbieter. So in etwa, wie es die Großbank UBS, das Tech-Unternehmen IBM und der Technologie-Konzern für ihren Assistenten Car eWallet bereits vormachen.

Neue Allianzen also, die auch Fragen klären können wie die der Technologie, mit der die Daten übertragen werden: NFC, Long-Range-RFID oder etwa Bluetooth Low Energy (BLE).

Venture-Capital steht fü In-Car-Payment Lösungen bereit

Platz für Start-ups ist auf jeden Fall auch noch, so Höll. Das zeigt unter anderem das hohe Interesse von Venture-Capital-Gebern an den entsprechenden jungen Unternehmen: In den vergangenen zehn Jahren steckten die VCs rund 10 Milliarden Dollar in diesen Bereich.

Doch die entsprechende Durchdringung des deutschen Fuhrparks wird nicht von heute auf morgen geschehen, ist sich Höll sicher. Immerhin dauert es im Schnitt sechs bis acht Jahre, bis ein aktuelle Verbrennerfahrzeug ausgetauscht wird. 

Können die bestehenden Fahrzeuge bis dahin aufgerüstet, smarter gemacht werden? Consultant Höll ist skeptisch. Und vermutet, dass Privatfahrer im Zweifel dann doch eher zum Smartphone greifen.

Weitere Quellen:

Autor

  • Arne Gottschalck arbeitet als Redakteur und Autor. Seine Schwerpunkte sind die Themenbereiche Wirtschaft, Finanzen und Technik. Er arbeitet seit 2017 als Redakteur bei der Corporate Publishing Agentur JDB.de. Zuvor war er über zehn Jahre als Journalist beim Manager Magazin angestellt.

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