Die BaFin gibt neue Hinweise zum Umgang mit ICO
Das Thema könnte nicht aktueller sein. Was ist bei dem Frankfurter FinTech Savedroid los? Gestern war es das Top Thema der Branche und die Meinungen sind durchaus gespalten und Spekulationen gibt es viele. Hat sich die Führungsriege mit den einst erwirtschafteten 40 Millionen Millionen aus ihrem, vor wenigen Monaten gelaunchten, ersten deutschen ICO abgesetzt? Nach dem Motto: La Dolce Vita, ab in den Süden, ihr Idioten seht mich nie wieder…! Dem Twitterprofil des CEOs zu urteilen, könnte genau das passiert sein. Doch die Welt ist verrückt und im heutigen Zeitalter kennt Marketing und PR mit den dazugehörigen Maßnahmen eben keine Grenzen. Ein ganz anderer Punkt könnte ein mutmaßlicher Hack sein…egal was es ist, für die Reputation von Savedroid hat es sicher nichts getan – im Gegenteil. Aber nur unsere Meinung…Aufklärung wird es wohl bald geben, hoffentlich. Apropos Aufklärung und erhobener Zeigefinger und hier an alle potentiellen Anleger, die BaFin hat sich ja bereits eingängig zu dem Thema spekulative Investments insbesondere ICOs geäußert. Wir fassen mal zusammen: Am 20. Februar 2018 veröffentlichte die “Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht” (BaFin) unter dem Geschäftszeichen: WA 11-QB 4100-2017/0010 ein Hinweisschreiben zur Einordnung von ICOs als Finanzinstrument. Bereits im November vergangenen Jahres stellte die Aufsichtsbehörde ein entsprechendes Dokument auf ihrer Seite online, der den rechtlichen Hintergrund und Risiken erläutern soll, sowie Hinweise für die Verbraucher, so heißt es in ihm: „Der Erwerb von Coins – je nach Ausgestaltung auch Tokens genannt – im Rahmen sogenannter Initial Coin Offerings (ICOs) birgt für Anleger erhebliche Risiken. Es handelt sich um höchst spekulative Investments, die oft nicht der geltenden Kapitalmarktregulierung unterliegen. Wie bei den meisten Trends zieht das hohe öffentliche Interesse an ICOs auch Betrüger an.“ Die wichtigste Aussage des Dokuments: Marktteilnehmer, die einen ICO durchführen wollen sind selbst dafür verantwortlich zu prüfen, ob es sich um ein reguliertes Instrument handelt („sind gehalten, genau zu prüfen“). Die Einstufung und damit auch die Verantwortung wird somit also grundsätzlich auf den ICO Initiator geschoben. In dem neuen Hinweisschreiben sieht die BaFin also eine Einzelfallprüfung für jeden ICO und die dazugehörige Kryptowährung vor.Allgemein
Aufgrund von vermehrten Anfragen an die BaFin (Geschäftsbereich: Wertpapieraufsicht), sieht sich diese gezwungen, Stellung zu der rechtlichen und regulatorischen Einordnung zu beziehen. Gezwungen ist hier auch das richtige Wort, da man die ganze Zeit das Gefühl hat, dass die BaFin krampfhaft versucht sich selbst einen Überblick über dieses Neuland zu verschaffen. Aus dem Hinweisschreiben geht nicht hervor, ob die BaFin automatisch mit einer Prüfung beginnt, oder erst auf Anfrage. Es lässt sich aber erahnen, dass aufgrund der Tatsache, dass die Verantwortung größtenteils auf den ICO-Initiator übertragen wird, eine Selbstprüfung durchzuführen, die BaFin erst auf Anfrage tätig wird. Des weiteren wird hier, im Vergleich zum Schreiben der FINMA, nicht die Token-Art unterschieden und weiter spezifiziert, Token=Token. Grundsätzlich prüft die Wertpapieraufsicht jeden Token im Einzelfall ob es sich dabei um ein Finanzinstrument, ein Wertpapier, oder um eine Vermögensanlagehandelt. Hierbei greifen folgende Gesetzbücher:- Wertpapierhandelsgesetz (WpHG)
- Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID II)
- Wertpapierprospektgesetz (WpPG)
- Vermögensanlagegesetz (VermAnlG)
- Marktmissbrauchsverordnung (MAR)
- Kreditwesengesetz (KWG)
- Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB)
- Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG)
- Zahlungsdienstaufsichtsgesetz (ZAG)
Einordnung Finanzinstrument i.S.d. § 2 Abs. 4 WpHG
Abhängig von der Ausgestaltung eines Tokens, kann eine grundsätzliche Einstufung als Finanzinstrument erfolgen. Der Token kann somit als Wertpapier, als Anteil an einem Investmentvermögen, oder als Vermögensanlage betrachtet werden. Darüber hinaus kann der Token auch als derivates Geschäft angesehen werden, wenn er als Basiswert dessen dient.Wertpapier i.S.d. § 2 Abs. 1 WpHG
Kriterien für die Einordnung als Wertpapier:- Übertragbarkeit
- Fungibilität (Finanz-, Kapitalmarkt, und auch Krypto-Handelsplattformen)
- Verkörperung von Rechten (Gesellschafterrechte, schuldrechtliche Ansprüche)
- Der Token darf nicht die Voraussetzungen eines Zahlungsinstruments erfüllen
Anteil an einem Investmentvermögen i.S.d. § 1 Abs. 1 KAGB
Der Token kann auch unter Umständen als Anteil an einem Investmentvermögen anzusehen sein. Dadurch gelten die Rechtsformen aus dem KAGB („Liegt ein Investmentvermögen vor, sieht das KAGB grundsätzlich nur bestimmte Rechtsformen vor, in denen dieses aufgelegt werden kann.“). Hier eröffnen sich zwei neue Definitionsdimensionen: Der Begriff Organismus für gemeinsame Anlagen und Investmentvermögen.- „Investmentvermögen ist jeder Organismus, der Kapital einsammelt, um gemäß einer festgelegten Anlagestrategie zu investieren“.
- Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW), gemäß dem Auslegungsschreiben zum Anwendungsbereich des KAGB und zum Begriff des „Investmentvermögens“, sind Organisationen bei denen ein Vehikel vorliegt, welches das externe von den Investoren eingesammelte Kapital poolt, „um eine gemeinschaftliche Rendite für die Investoren zu generieren, die daraus resultiert, dass gemeinschaftliche Risiken durch das Kaufen, Halten und Verkaufen von Vermögensgegenständen eingegangen werden.“
Vermögensanlage i.S.d. § 1 Abs. 2 VermAnlG
Token können subsidiär (behelfsmäßig) als eine Vermögensanlage i.S.d VermAnlG und somit als Finanzinstrument i.S.d WpHG betrachtet werden, wenn sie nicht- Als Wertpapier dem WpPG unterliegen,
- Nicht als Anteil an einem Investmentvermögen gemäß VermAnlG dienen,
- Nicht als Einlagengeschäft nach KWG zu qualifizieren sind.
- Unternehmensbeteiligung,
- Partiarisches Darlehen
- Nachrangdarlehen
- Genussrecht
Einordnung als Wertpapier i.S.d. § 2 Nr.1 WpPG
Token können auch als Wertpapiere nach dem WpPG klassifiziert werden und unterliegen dann entsprechend im Einzelfall dem §2 Abs. 1 WpHG. Der o.g. Paragraph des Wertpapierprospektgesetzes besagt: Wertpapiere sind:- Wertpapiere die übertragbar sind
- Handelbar sind
- Insbesondere: Aktien und andere Wertpapiere, Anteile an Kapitalgesellschaften oder jur. Personen
- Zertifikate die Aktien vertreten
- Schuldtitel, insbesondere Schuldverschreibungen und Zertifikate, die andere als die vorhergenannten Wertpapiere vertreten
- Und alle sonstigen Wertpapiere die zum Erwerb/Veräußerung solcher Wertpapiere berechtigen
Folgen der Einordnung als Finanzinstrument oder als Wertpapier
Hat man es endlich geschafft herauszufinden, ob der Token ein Finanzinstrument oder ein Wertpapier gemäß der entsprechenden Gesetze ist, gelten somit im Bereich der Wertpapieraufsicht die anwendbaren Rechtsnormen und Vorgaben für alle Marktteilnehmer. Das sind:- WpHG
- WpPG
- MAR (Marktmissbrauchsverordnung)
- MiFIR (Finanzmarktverordnung)
- VermAnlG
- KAGB
- Weitere relevante Gesetze,
- nationale und europäische Rechtsakte
Erlaubnispflicht nach KWG, KAGB, VAG oder ZAG
Ein Token steht ggf. unter Erlaubnisvorbehalt der BaFin, wenn die Ausgestaltung gemäß vieler Paragraphen unter das KWG fällt:- Finanzkommissionsgeschäft
- Emissionsgeschäft
- Finanzdienstleistung
- Anlagevermittlung
- Anlageberatung
- Betrieb eines multilateralen oder organisierten Handelssystems
- Platzierungsgeschäft
- Abschlussvermittlung
- Finanzportfoiliovermittlung
- Eigenhandel oder Anlageverwaltung
- Erbringung von Zahlungsdiensten
- Finanztransfergeschäften
- Akquisitionsgeschäften
- Und Kombinationen dieser