Dürfen wir vorstellen: Ute König-Stemmler von Visa
Das Arbeiten in der FinTech Branche gleicht einem Kommen und Gehen, setzt ein hohes Maß an Professionalität in einem durchaus lockeren Arbeitsumfeld voraus und ist vor allem geprägt von Innovationen sowie guten, klugen und zukunftsorientierten Ideen, so der weit verbreitete Konsens. Doch wer sind eigentlich die Köpfe und Macher hinter diesen kreativen Denkprozessen, an der Schnittstelle zwischen Finanzen, digitalen Technologien und Gründertum? In unserer Reihe Die Gesichter der FinTech Branche stellen wir regelmäßig einer Person aus der Payment- und Banking-Industrie die gleichen zehn Fragen. Diesmal beantwortet Ute König-Stemmler unsere Fragen.
Dürfen wir vorstellen…
Während unseres Arbeitsalltags begegnen uns immer wieder spannende Menschen, die im gleichen Umfeld tätig sind, die uns nur einmal oder immer mal wieder begegnen oder uns sogar schon privat sehr ans Herz gewachsen sind – jeder von Ihnen hat eine eigene Geschichte. Wir haben ein paar dieser Menschen aus unserem nächsten FinTech-Umfeld interviewt, um ihnen ein Gesicht zu geben. Um zu teilen, warum diese Branche für sie viel mehr ist als eine weitere Art, seine Miete zu bezahlen. Diese Menschen und deren Vita möchten wir in einer ganz eigenen Kategorie kurz porträtieren und vorstellen und haben dazu einen immer gleichen Fragenkatalog entworfen. Diesmal beantwortet Ute König-Stemmler unsere Fragen. Ute arbeitet als Head of Business Development für Zentraleuropa beim Zahlungs- und Technologieunternehmen Visa.
Wer bist Du, was machst Du?
Ich bin Ute, Head of Business Development für Zentraleuropa bei Visa. In meiner Rolle bin ich zuständig für die Leitung und Weiterentwicklung neuer Geschäftsmöglichkeiten für Visa in Zentraleuropa – entweder durch den Ausbau von Partnerschaften mit bestehenden Kunden und Fintechs oder durch die Identifizierung und Entwicklung neuer Geschäftsfelder.
Wie sieht ein klassischer Tag in Deinem Leben aus?
Ein Tag in meinem Leben besteht immer aus viel Kaffee, Gesprächen, Mails und viel Lachen!
Was waren Deine ersten Berührungen mit der Payment- und Banking-Industrie?
Tatsächlich bin ich bereits seit 20 Jahren bei Visa, davor habe ich aber auch schon mehrere Jahre als Vertriebs- und Marketingmanagerin für Aral Card Services in verschiedenen Regionen Deutschlands gearbeitet. Bargeldloses Bezahlen begleitet mich also schon eine Weile. Als ich bei Visa anfing, saßen im Frankfurter Visa Büro gerade einmal zehn Personen, heute habe ich alleine in Frankfurt über 100 Kolleg:innen.
Wann hast Du das Wort FinTech das erste Mal wahrgenommen?
Konkreter wahrgenommen habe ich es vermutlich rund um die ersten Schritte unseres Co-Creation und Innovation Centers „Spielfeld“ in Berlin. Mittlerweile arbeiten wir bei Visa mit unzähligen FinTechs zusammen und haben einige FinTech-Programme gestartet. Es begann mit unserem FinTech-Fast-Track-Programm für schnelleres Onboarding, das wir bereits in 2018 gelauncht haben. Inzwischen ist die Zusammenarbeit fest etabliert, wir haben zahlreiche Initiativen gestartet, Hackathons mitveranstaltet und parallel ist bei uns ein großes europäisches Team entstanden. In diesem Jahr haben wir auch schon einiges vorgelegt und Anfang des Jahres neue Produkte mit FinTechs wie Bitpanda und Pliant gelauncht. Und es ist noch einiges mehr in der Pipeline in den zentraleuropäischen Ländern.
Wie definierst Du FinTech?
In der Uni haben wir zu den heutigen „Start-ups“ immer Jungunternehmer gesagt – das trifft es meiner Meinung nach ganz gut. Für mich sind FinTechs junge Unternehmen mit neuen, innovativen Geschäftsideen im Bereich Financial Services oder Finanztechnologie.
Was glaubst Du machen etablierte Unternehmen besser als FinTechs?
Etablierte Unternehmen haben den großen Vorteil, dass sie mit Themen wie Regulatorik und den Rahmenbedingungen des Marktes vertraut sind. Sie haben ihre Skalierung und einen jahrelangen Lernprozess schon hinter sich – und sind daher oft fachlich, produkttechnisch und personell sehr gut aufgestellt. FinTechs steht oftmals noch ein Lernprozess bevor – viele sind auf ihr spezifisches Produkt fokussiert und kommen dann erst Schritt für Schritt mit den anderen Themen in Berührung, wie zum Beispiel regulatorische Anforderungen.
Was kann man von FinTechs lernen?
Was die Ressourcen angeht, sind FinTechs naturgemäß weniger breit aufgestellt. In Bezug auf ihre Innovationsgeschwindigkeit kann das jedoch auch ein Vorteil sein: Unsere zahlreichen Partner aus der FinTech-Community zeichnen sich ganz besonders durch ihre Agilität und Flexibilität aus. Darüber hinaus ist es die absolute Leidenschaft und die Überzeugung das Richtige zu machen, sowie der Kundenfokus und die User Experience. Ich glaube, das ist wirklich essenziell. Und nicht nur bei den Gründer:innen, sondern bei allen in der Community, die daran arbeiten. Sie sind Überzeugungstäter:innen und stehen hinter dem Produkt. Und sie hinterfragen immer, ob es das ist, was die Kund:innen wirklich wollen. Momentan sind beispielsweise die Themen Nachhaltigkeit und Social Impact in aller Munde. Erst Ende letzten Jahres haben wir in diesem Rahmen mit Tomorrow eine Debitkarte aus Holz gelauncht. Es ist toll zu sehen, wenn der Bedarf mit dem neu geschaffenen Angebot zusammenkommt und ein neues Produkt entsprechend angenommen wird – und hierbei sind FinTechs wirklich sehr erfolgreich!
Was macht deinen Job täglich interessant?
Der Austausch mit meinen Kolleg:innen und unseren verschiedensten Partnern, die jeden Tag innovative Ideen haben. Hier in Deutschland, in Europa, aber auch weltweit. Es ist nicht nur die Arbeit, sondern eine Art Familie – Menschen, die viel Zeit miteinander verbringen, sich miteinander auseinandersetzen, um das Thema Payments voranzutreiben. Wir sind leidenschaftliche Payment-Nerds.
Wenn wir abends um sieben Uhr noch gemeinsam bei einem Getränk diskutieren, dann dauert es schon mal länger, einfach, weil es spannend ist. Und das passiert zum Glück auch in diesen Zeiten, wenn auch virtuell.
Was würdest Du beruflich machen, wenn Du nicht in der Payment- und Banking-Industrie arbeiten würdest?
Natürlich habe ich nicht schon immer daran gedacht, bei Visa zu arbeiten. Ich wollte ursprünglich etwas ganz anderes machen. Mein Traumberuf war immer, Gemälde in einer Bank zu kuratieren. In den 80er-Jahren war das ziemlich spektakulär. Die Banken sind mit den besten privaten Kunstsammlungen in den Wettbewerb eingestiegen. Da Kunst ein großes Hobby von mir ist, habe ich mich immer als Kuratorin der Gemäldesammlung einer Bank gesehen. Aber jetzt kuratiere ich Portfolios – das macht auch Spaß! Und weil ich im FinTech-Bereich tätig bin, passt das auch sehr gut, weil ich mich dadurch ja sozusagen mit zeitgenössischer Kunst auseinandersetze.
Worauf bist du stolz?
Vor allem auf mein tolles Team, die fantastische Entwicklung meiner Mitarbeitenden und darauf, was wir alles gemeinsam erreicht haben. Natürlich darf ich da noch nicht zu viel verraten, aber man kann sehr viel erwarten in den nächsten Monaten und Jahren.
Ich bin natürlich auch stolz auf die letzten 20 Jahren bei Visa und auf den sehr spannenden Weg, den ich mitgehen und mitgestalten durfte. Wir sind gewissermaßen das erste FinTech der Welt und haben uns in unserer über 60-jährigen Geschichte zu einem globalen Tech-Unternehmen entwickelt.
Wieso gibt es nicht mehr Frauen in der Tech-Branche?
Ich denke, es hat damit zu tun, dass es noch zu wenige weibliche Role Models gibt, was wiederum eine Folge gelebter Geschlechterstereotype in der Vergangenheit ist – zum Beispiel, wenn es um die Berufsausbildung ging. Ich sehe jedoch auch, dass sich viel getan hat und dass Frauen auch in der FinTech-Welt immer sichtbarer werden. In meinem Team zum Beispiel arbeiten sehr viele Frauen – und bei Visa leben wir das Thema Diversität schon seit vielen Jahren.
Wir unterstützen die Gleichstellung der Geschlechter massiv und haben einen sehr hohen Anteil weiblicher Führungskräfte. Auch haben wir im Rahmen unseres FinTech Engagements beispielsweise zum Weltfrauentag 2019 erstmals eine Women’s Global Edition unseres weltweiten Start-up-Wettbewerbs Visa Everywhere Initiative gestartet.
Eine Sache möchte ich dazu noch besonders meinen weiblichen Mitstreiterinnen nahelegen: In a time of a crisis, we all have the opportunity to move up to a new level and do things we never thought possible. Das ist ein Zitat des britischen Schriftstellers Stuart Wilde, dem ich nur zustimmen kann. An alle Frauen da draußen: Seid offen und nutzt eure Chancen!
Bei welchem Unternehmen würdest Du gerne mal einen Tag arbeiten?
Definitiv im Museum of Modern Art in New York – an dem Tag, an dem der Kick-Off für eine neue Ausstellung startet!
Mit wem würdest Du gerne ein Bier trinken?
Ich würde es sehr spannend finden, mit unserem Visa Gründer Dee Hock ein Bier trinken zu gehen. Er hat sich vor über 60 Jahren gefragt, was wäre, wenn Geld vollkommen elektronisch werden würde – und es einfach Elektronen und Photonen wären, die sich mit Lichtgeschwindigkeit in der Welt bewegen, die von jeder Person zu jeder Zeit und an jedem Ort genutzt werden könnten. Ich würde gerne mit ihm darüber reden, ob er die heutige Zeit als eine Herausforderung oder Bestätigung seiner Theorie sieht. Und ich wäre sehr gespannt auf seine Reaktion darauf, dass wir die digitale Währung USD Coin in unser Zahlungsnetzwerk integriert und die ersten Transaktionen in Stablecoins bereits abgewickelt haben.