In unserer Reihe: Die Gesichter der FinTech Branche stellen wir regelmäßig einer Person aus der Payment- und Banking-Industrie die gleichen zehn Fragen. Diesmal beantwortet Karsten von Diemar der axytos GmbH unsere Fragen.
Das Arbeiten der FinTech Branche gleicht einem Kommen und Gehen, setzt ein hohes Maß an Professionalität in einem durchaus lockeren Arbeitsumfeld voraus und ist vor allem geprägt von Innovationen sowie guten, klugen und zukunftsorientierten Ideen, so der weit verbreitete Konsens. Doch wer sind eigentlich die Köpfe und Macher hinter diesen kreativen Denkprozessen, an der Schnittstelle zwischen Finanzen, digitalen Technologien und Gründertum?
Dürfen wir vorstellen: Karsten von Diemar von axytos.
Wer bist Du, was machst Du?
Ich bin Karsten von Diemar, Managing Director und Co-Founder der axytos GmbH und verantwortlich für Product Management & Sales. axytos hat eine cloudbasierte Plattform entwickelt, die Unternehmen unterschiedlichster Branchen international dabei unterstützt, ihre Time-to-Market bei der Gestaltung und Umsetzung ihrer Geschäftsmodelle wesentlich zu verkürzen und so ihre gesamte Wirtschaftlichkeit zu steigern. Wir unterstützen als BNPL-Enabler Payment Service Provider durch die Bereitstellung unserer deutlich weiter entwickelten White Label-Lösungen im Rechnungskauf, als Anbieter von Embedded Financial Services sind wir Partner der Banken, um verlorene Marktanteile im E-Commerce-Umfeld zurückzuerobern.
Wie sieht ein klassischer Tag in Deinem Leben aus?
Mein Tag startet nach dem Aufstehen erst einmal mit einer guten Tasse Kaffee. Aufgrund der Corona-Pandemie arbeite auch ich seit vielen Monaten überwiegend im Home Office. Videokonferenzen sind deshalb zu einem festen Bestandteil des Arbeitstages geworden: Abstimmung und Brainstorming, Vorbereitungen für die nächsten Going-Lives, Gespräche mit Interessenten und Kunden sowie Networking, last but not least viele ganz konkrete Umsetzungen in der Produktentwicklung zusammen mit dem axytos Entwickler-Team sind dabei nur einige Themen, die mich meist bis in den späten Abend beschäftigen. Gut, dass ich im Kreise meiner Familie dann Kraft für die nächsten Herausforderungen tanken kann!
Was waren Deine ersten Berührungen mit der Payment- und Banking-Industrie?
Bereits 1999, bei meinem Start ins Berufsleben, kam ich bei der Deutschen Bank und der easycash GmbH in Berührung mit der Branche. Ich war damals verantwortlicher Projektleiter im Electronic Banking-Bereich und durfte die Y2K und Euro-2002 Projekte erfolgreich umsetzen. Diese herausfordernde Zeit möchte ich nicht missen, denn hier lernte ich die ich Grundlagen des Interbankenverkehrs, der kartengestützen Zahlungsabwicklung und das Umsetzen von Projekten ‚on time‘.
Wann hast Du das Wort FinTech das erste Mal wahrgenommen?
Der Begriff FinTech dürfte schon vor gut zehn Jahren während meiner Zeit bei Concardis gefallen sein. Wir haben dort in Strategie-Projekten zur Transformation zum ‚Deutschen Payment Champion‘ die Notwendigkeit gesehen, Fintech-orientiert zu denken und zu handeln.
Wie definierst Du FinTech?
Den Mut haben, neue Wege zu gehen und alte Denkmuster zu durchbrechen. Das gilt aber für alle Startups. FinTechs rücken den Konsumenten mit neuartigen, digitalen Finanzangeboten wieder in den Fokus. Die daraus entstehenden Systeme und Lösungen müssen für Unternehmen, Händler und Konsumenten gleichermaßen effizient und den Marktbedürfnissen angepasst sein, zudem schnell umgesetzt werden.
Was glaubst Du machen etablierte Unternehmen besser als FinTechs?
Zunächst einmal können etablierte Unternehmen auf eine Teils jahrzehntelange Erfahrung zugreifen. Das wird oft unterschätzt, birgt aber für Kunden Kontinuität und Verlässlichkeit, die vielen FinTechs naturbedingt fehlt. So kann das Management auf der Basis historischer Daten oft bessere Entscheidungen treffen. Zudem verfügen etablierte Unternehmen über größeres Know-how über alle Bereiche hinweg, also nicht nur im Schwerpunkt IT, sondern auch Finance, Compliance, HR und so weiter.
Was kann man von FinTechs lernen?
Es ist nur ein Kalenderspruch, bringt es aber auf den Punkt: „Alle sagten immer das geht nicht, dann kam jemand, der das nicht wusste, und hat es einfach gemacht!“ Genau dieser Umgang mit frischen Ideen und Ansätzen für den Finanzsektor, eine dynamische und agile Herangehensweise und das Durchbrechen alter Denkmuster sind Dinge, die man von FinTechs lernen kann.
Wieso tun sich etablierte (große) Unternehmen bei der Digitalisierung eigentlich so schwer?
Was etablierte Unternehmen auf der einen Seite besser machen als FinTechs, gereicht ihnen auf der anderen Seite oft zum Nachteil: Die Alt- oder Legacy-Systeme der Old-Economy sind zum Teil über Jahrzehnte gewachsen, oft auch wild gewuchert, und können nicht von heute auf morgen durchdigitalisiert werden. Dann stehen schwierige und existenzielle Entscheidungen an: Entwickelt man in Eigenregie neue Systeme, mit immensen Investitionen in die eigene IT-Infrastruktur und maximalem Personalaufwand? Oder kooperiert man mit einem FinTech-Startup und kauft es gleich ganz, um sich das notwendige Know-how an Bord zu holen? Genau diese Fragestellung war einer der Gründe für unsere Gründung. Denn die axytos-Plattform ermöglicht es Konzernen und Unternehmen aus der Old-Economy, die Legacy-Systeme ihrer Kundenfinanzprozesse mit einem Klick in das digitale Zeitalter zu transformieren.
Was macht deinen Job täglich interessant?
Es gibt nichts Abwechslungsreicheres, als ein Startup von Beginn an aufzubauen. Der Tag ist geprägt von den großen, unternehmerischen Dingen wie zum Beispiel der Gründung von Gesellschaften. Und er endet bei Nitty-Gritty-Anforderungen, also den ganz alltäglichen und praktischen Themen in jedem Unternehmen, die man jetzt selbst erledigt, für die es in Konzernen aber gleich ganze Abteilungen gibt.
Was würdest Du beruflich machen, wenn Du nicht in der Payment- und Banking-Industrie arbeiten würdest?
Früher träumte ich einmal davon, Sportreporter zu werden. Keine Ahnung, ob es mich tatsächlich dahin verschlagen hätte.
Worauf bist du stolz?
Ein bisschen Stolz bin ich auf mein Durchhaltevermögen. Ich konnte wesentliche Umsetzungen in der Payment-Branche mitentwickeln, darunter das Online Lastschriftverfahren (OLV). Ich konnte als erster Acquirer in Deutschland Alipay einführen, ebenso Concardis OptiPay, zudem mit meinen Teams viele Offsites, zum Beispiel Design Thinking. Vor allem aber bin ich stolz darauf, dass mich meine Familie – trotz allem Zeitaufwand im Job – immer unterstützt und wir tolle Urlaube zusammen verbringen können.
Wieso gibt es nicht mehr Frauen in der Tech-Branche?
Katharina Hefter hat es bereits 2019 in einer Studie der Boston Consulting Group auf den Punkt gebracht: Männer geben Männern Geld. Diese Denke müssen wir dringend überwinden, denn laut dem aktuellen Female Founders Report liegt der Frauenanteil bei Start-up-Gründungen nur bei 11,9 Prozent. Diversity ist also auch auf Kapitalgeberseite ein drängendes Thema. Dabei sind laut Report reine Frauenteams sehr effizient und schaffen im Schnitt 23 Arbeitsplätze pro Gründerin, während es in reinen Männerteams nur 17 Arbeitsplätze pro Gründer sind.
Bei welchem Unternehmen würdest Du gerne mal einen Tag arbeiten?
In der Konzernzentrale der Lufthansa. Während meines Studiums habe ich mehrere Jahre am Frankfurter Flughafen gejobbed und war begeistert von den Abläufen, der Infrastruktur und natürlich den Flugzeugen.
Mit wem würdest Du gerne ein Bier trinken?
Mit dem neuen Bundestrainer Hans-Dieter Flick. Denn er schafft es in kürzester Zeit, jeden einzelnen Spieler in seinem Team besser zu machen. Diese Fähigkeit sollte eigentlich jede Führungspersönlichkeit mitbringen.