Wenn sich die Bankenlandschaft verändert, nicht aber die Kunden – was passiert dann? Kann digitales Banking das Filialsterben abfedern? Wie denkt man über GenZ und die Generation 55plus bei der klassischen Filialbank Sparkasse über die Zukunft des Bankings, wie bei der Online-Bank ING und wie gewinnt man diese beiden Kundengruppen ?
Menschen denken gerne in entweder/oder? Also etwa so: Snowboard für die U40, alle andere fahren Ski? Oder: Die digital-affine Jugend nutzt Online-Banking und Fintechs, die Generation 55plus geht in die Filiale. So einfach ist es nicht! Eine klassische Einteilung funktioniert längst nicht mehr.
Generationen haben unterschiedliche Bedürfnisse
Wie also erreichen Banken und Fintechs ihre Kund:innen, die sich schon lange in kein Schema mehr packen lassen, obwohl vielen Älteren die zunehmende Digitalisierung von alltäglichen Erledigungen wie Bankgeschäfte oder der Kontakt zu Energieversorgern und anderen Dienstleistern zu schaffen macht, wie VdK-Präsidentin Verena Bentele von den Mitgliedern des Verbandes gegenüber Payment and Banking erzählt.
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Wie groß die mögliche Kundengruppe der Generation 55plus mit Blick auf digitales Banking & Co. ist, zeigt eine Erhebung der ING. Auf 4,8 Millionen beziffert man beim Bankhaus allein das Potenzial der Neukunden aus der Altersgruppe zwischen 55 und 64 Jahren. Zählt man die Folgekohorte der Menschen zwischen 65 und 74 Jahren hinzu, bringt es die Generation 55plus auf 8,8 Millionen möglicher Neukunden.
GenZ und 55plus wollen ihren Banken vertrauen
„Wir wollen unsere Produkte und Services einer möglichst großen Zahl von Menschen zugänglich machen“, sagt Christiane Fritsch, Leiterin Digital Leadership der ING Deutschland. Man lege daher einen großen Wert auf Einfachheit und Verständlichkeit. Auch bei der Sparkasse stößt man ins gleiche Horn; „In Finanzfragen möchte doch jede und jeder – ganz gleich, ob jung oder alt – gut und vertrauensvoll beraten sein“, sagt Alexander Hartberg, Pressesprecher des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) und verweist mit Schlagworten wie Vertrauensbeziehungen und Kernkompetenz auf die eigenen Dienstleistungen. Diese blieben entscheidend auch dann, wenn neue Wege und Plattformen hinzukämen. Egal also, ob Filiale, im Online-Banking oder in der App: Man biete allen Kund:innen Beratung und Service auf den Kanälen, auf denen sie es wünschten, so Hartberg.
Auf eine zielgruppengenaue Ansprache wird also offenbar verzichtet und die Kommunikation versucht den Spagat zwischen jener digital-affinen Jugend und der Generation 55plus gleichzeitig zu schaffen, um beide Kundengruppen zu gewinnen. Fritsch von der ING glaubt an die „One fits all“-Lösung. „Durch eine einfache Sprache, intuitive Bedienung und unkomplizierte Prozesse für etwa die Anmeldung oder Freigabe wollen wir es Kundinnen und Kunden verständlich machen, ihre Bankgeschäfte digital zu tätigen – und das egal in welchem Alter“, sagt er.
Die ING arbeite daran, alle Kanäle barrierefrei zu gestalten, damit Kund:innen mit einer altersbedingten Sehschwäche etwa das digitale Banking nutzen könnten.
Es kommen harte Zeiten für Filialen
Der Druck ist groß. Bis 2023 könnten gut 40 Prozent des europäischen Filialnetzes geschlossen werden, heißt es in der Erhebung „Das Privatkundenbanking erfindet sich neu“ von Strategy&, der Strategieberatung von PwC.
Darin heißt es: „Im Bankmodell der Zukunft wird die Kundenansprache umgekehrt: Anstatt durch die besten Standorte möglichst viele Kunden in die Filialen zu locken, werden zukünftig durch gezieltes Online-Marketing Kundenkontakte gewonnen“, sagt Andreas Pratz, Partner bei Strategy& und auch Autor der Studie. „Diese müssen dann mithilfe einer dezentralen Kundenansprache konsequent in Verkaufsabschlüsse umgewandelt werden – wie es bereits Baufinanzierungsvermittler erfolgreich tun.“
In den Augen der Sparkasse bedeutet das: „Es spielt immer weniger eine Rolle, über welchen Kanal der Kontakt beginnt: Der Beratungsprozess wird verstärkt integriert“, sagt Hartberg. Das Szenario könne als künftig so aussehen: Kund:innen stellen den ersten Kontakt mit ihrer Sparkasse über die App her und vertiefen diesen durch ein Telefonat mit dem Kunden-Service-Center. Im Anschluss kann sich über die Webseite oder in der Internetfiliale über das weitere Angebot informiert werden und erst danach vertiefend in den direkten Dialog gehen.
Cafés sind die neue Filiale
Online und offline, Omni-Channel, hybrider Ansatz – es gibt mehrere Namen für den künftigen Prozess der Ansprache. Klar ist: die Grenzen werden verschwinden! Dabei sieht es, überspitzt gesagt, nach einer Art Wettrennen aus: Passen sich die 55plus schneller an, hin zu mehr Digitalbanking, als die Filialen schwinden? Aber vielleicht könnte auch ausgerechnet die GenZ den Kurs dieser Entwicklung verändern. Die, zwischen 1995 und 2015 geboren und ständig online, sind für Finanzhäuser selbstredend als potenzielle Kunden interessant. Die Site fintechfutures.com berichtet, die US-Bank Capital One teste daher Filialen, die eher an Cafes als an klassische Bankschalter erinnere.
Cafés als Lösung gegen das Filialsterben, weil die GenZ dort gerne hinginge und dort vielleicht über Banking nachdenken könnte. Wenn das nicht etwas für die Generation 55+ ist?