Banken und Fintechs wollen die Generation Z, also die der Finanzstreber, für sich gewinnen und vergessen, dass es da auch noch andere Kunden gibt. Das wird ihnen nicht nur deswegen noch auf die Füße fallen.
Die Payment and Banking-Szene ist unzweifelhaft niemals langweilig. Kein Monat vergeht, ohne dass neue Produkte, Banken, Fintechs und Payment-Lösungen auf den Markt kommen. Aber wer braucht das eigentlich alles und muss man das alles gut finden? Unser Autor Nils Wischmeyer beleuchtet in seiner Kolumne „Nils nörgelt“ ab monatlich ein Produkt, Thema oder eben den „letzten heißen Scheiß“. Etwas zu meckern gibt es schließlich (fast) immer.
Liebe Banken, liebe Fintechs, ich kann es verdammt noch einmal nicht mehr hören! Ich weiß, ihr meint es ja nur gut, wenn ihr Sätze sagt wie: Die Generation Z ist die Zukunft der Banken. Oder: Wir machen Banking für die Generation Z. Und ich kann das ja verstehen. Die Generation Z ist in vielen Belangen das, was ihr euch immer gewünscht habt von den Deutschen. Ihr hofft, mit ihnen sehr viel Geld zu scheffeln und investiert dafür gern euer Marketingbudget in TikTok-Trends und Instagram-Interessenten.
Doch ich muss an dieser Stelle mal etwas sagen: Dieses Umgarnen wird euch noch leidtun und zwar mindestens aus zwei Gründen. Zum einen geht ihr den normalen Kunden damit ziemlich auf die Nerven. Als jemand, der gerade einmal zwei Jahre zu früh geboren ist, um der Generation Z anzugehören, weiß ich, wovon ich spreche. Und zum anderen bringt diese Gruppe junger Menschen einiges mit, womit die klassische Retailbank gar nicht plant. Es wird spätestens in einigen Jahren zum Problem, wenn die (digitalen oder analogen) Berater auf die ersten Gutverdiener der Generation stoßen.
Der Fokus auf die Generation Z ist lächerlich
Aber bleiben wir erst einmal bei den Selbstbefindlichkeiten eines Nicht-Ganz-Generation-Zlers. Ich bin Millennial, ein Jahrtausender, Generation Y – weder stolz noch etwas anderes darauf. Wenn ich nach meiner Generation und Banking google, dann finde ich ein paar halbgare Bachelorarbeiten und einen Bank-Blog, der mir verklickern will, dass Beratung und Vertrauen alles für mich sind. Ich sag’ es Mal so: Niemand in meinem Freundeskreis hat seine Bank nach Vertrauen ausgesucht. Wir sind Sparfüchse, wir lassen uns nichts vormachen! Wir haben die Preislisten im Internet gecheckt! Diese ernüchternde Recherche reicht dann ja auch schon, um 80 Prozent aller noch so tollen Angebote auszusortieren… Aber, ich schweife ab, Verzeihung!
GenZ als Heilbringer? Wir werden es noch sehen.
Wenn ich nun Generation Z und Banking eingebe, dann komme ich mir vor, als wäre ich in eine Revolution geraten. Die ersten Treffer machen es nicht unter Überschriften wie „Warum die Generation Z entscheidend für Neobanken ist“ oder „Wie die Generation Z das Privatkundengeschäft der Banken transformiert“.
Weil alle in der neuen Generation wahlweise die Heilsbringer oder den Teufel sehen, bringt es die Banken und Fintechs dazu, auch besonders viel in die Umgarnung der neuen Generation zu stecken. Da werden Hubs eröffnet, da gibt es lustige Bankchefs, die glauben, sie könnten bei TikToks tanzen und naja, den Rest erspare ich euch. Denn es lässt sich leicht zusammenfassen: Das nervt. Ich als normaler Bankkunde, der den ein oder anderen Euro auf der hohen Kante bei genau diesen Banken liegen hat, bekommt einmal im Jahr eine digitale Geburtstagskarte. Etwas mehr ins Zeug könntet ihr euch auch bei den anderen Generationen schon legen.
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Die Generation Z wird mit ihrer Lebensweise eure Bank umkrempeln
Aber kommen wir von meinem zu eurem Problem. Die neue Generation nämlich mag vielleicht im ersten Blick genau nach dem aussehen, was ihr euch immer gewünscht habt, nämlich jung, digitalaffin und finanzstark. Auf den zweiten Blick aber werden sie euch das Leben zur Hölle machen. Das liegt schon daran, dass große Teile der Generation Z diejenige Generation sein wird, die so viel über die Finanzwelt, ihre Produkte und überhaupt Banken und Fintechs weiß wie niemand zuvor. Das bedeutet für die Sparkasse um die Ecke auf einmal: Die Informationsasymmetrie, die ihr noch bei den Generationen davor hatte, schmelzen zusammen. Der zu teure Deka-Fonds? Kommt denen nicht in die Tüte. Der nicht 100-Prozent-ESG-freundliche Index? Darf leider auch nicht dazu, bitte eine bessere Beratung. Und das wird so weitergehen. Denn neben der finanziellen Bildung hat sich auch das eigene Verhältnis zu Geld geändert. Es geht nicht mehr um große Autos, dicke Immobilien und dreimal im Jahr auf Fernreise.
Wenn es zu spät ist, werdet ihr mich vermissen
Die neue Generation wird genügsam sein, zumindest wenn man ihren Versprechungen glaubt. So genügsam, dass die Banken sich an ihnen die Zähne ausbeißen werden. Der Bausparvertrag mit gerade so passablen Konditionen? Brauchen sie nicht, weil sie wahlweise aus der Stadt herausziehen, wo das Haus nicht so teuer ist, oder sie haben eh schon geerbt und dann sollte die Bank besser ein gutes Angebot machen für das Sparguthaben. Und den Ratenkredit? Brauchen sie auch nicht, weil sie den Fernseher dann doch gebraucht von einem Nachbarn um die Ecke gekauft haben. Ist ja auch viel ökologischer und nachhaltiger.
All diese Entwicklungen werden die Banken wahnsinnig nerven, das ist klar. Sie werden aber auch zum Problem, wenn Provisionen und Umsätze plötzlich nicht mehr so hoch ausfallen könnten wie in den vergangenen Jahren oder Jahrzehnten. Die Folge: Ausgerechnet die Generation, die man so fleißig umworben hat, macht einem das Leben zur Hölle. Ich werde dann dort sitzen, genüsslich an meinem billigen Filterkaffee sippen und dem Berater bei der Sparkasse tief in die Augen schauen: Du und ich, das hätte ein gutes Team werden können, aber leider wolltet ihr euch ja lieber um die Generation Z kümmern, schade. Jetzt ist es dann auch zu spät.