Die Gen Z ist digital, wertebewusst und wird von Banken übersehen. Für sie zählt Vertrauen mehr als Zinsen, Haltung mehr als Hashtags. Was Banken von TikTok, Tomorrow & Co. lernen können und warum die Gen Z keine Zielgruppe, sondern ein Stresstest für die Branche ist.
Schwer zu erreichen sei sie, die Gen Z, hört man oft von Banken. Dabei geben die sich alle Mühe, jugendlich zu wirken – und scheitern daran oft grandios. Noch ein TikTok Video drehen, noch eine NextGen Kampagne, will noch jemand ein Knax? Wenn Banken heute über die Gen Z sprechen, fallen oft dieselben Buzzwords: „digital“, „kurzlebig“, „illoyal“. Kaum eine Zielgruppe wird so viel beobachtet, aber zugleich so falsch verstanden. Dabei hat die Gen Z längst klare Erwartungen.
Digital-first, aber nicht digital-only
Ein verbreiteter Mythos ist, dass die Gen Z digital-only möchte. Doch laut einer Studie der Boston Consulting Group (BCG) wünschen sie sich neben einfachen, transparenten Angeboten (74 Prozent) und höchsten Sicherheitsstandards (79 Prozent) eben auch echte Menschen hinter Bankingprodukten. Ein Drittel der unter 30-Jährigen geht mindestens einmal im Monat in eine Filiale, 81 Prozent haben eine persönliche Ansprechperson. Das widerlegt die alte Erzählung von rein digitalen Kund:innen.
UX: Kein Platz für Geduld
Gleichzeitig hat diese Generation ein feines Gespür für Ineffizienz. Gen Z ist mit One-Click-Erlebnissen groß geworden. Kontoeröffnung in Minuten, digitale Karte sofort nutzbar, Pushs in Echtzeit, das ist Goldstandard. Alles andere gilt als Rückschritt. Frustfaktor Nr. 1: Wartezeiten und Brüche im Prozess. Kontoeröffnung per PostIdent, PIN per Brief und Wochen Wartezeit? Für viele ein Grund, gleich wieder zu kündigen. t3n fand heraus, dass mehr als die Hälfte der Gen Z lieber über Social Media ein Konto eröffnen würde als über klassische Kanäle. Was wie ein konkreter Wunsch klingt, drückt vielmehr aus, dass sich Banking so intuitiv und friktionslos anfühlen sollte wie Social Media.
Vertrauen schlägt Preis
Und anders als oft behauptet, geht es der Gen Z auch nicht um den billigsten Anbieter. Vertrauen gilt dagegen oft als wichtigster Faktor für ihre Bankwahl – Preis-Leistung kommt meist erst danach. Auch Ethik zählt: 64 Prozent würden die Bank wechseln, wenn diese bei Umwelt- oder Sozialthemen versagt. Gleichzeitig sorgt sich ein großer Teil um die eigene finanzielle Zukunft und spart mehr als frühere Generationen: 92 Prozent der deutschen Gen Z legt regelmäßig Geld zurück, im Schnitt 13 Prozent ihres Einkommens. Bei den Baby Boomern und der Gen X sind es mit jeweils 66 und 75 Prozent deutlich weniger. Gleichzeitig wünschen sich die Gen Z Finanzbildung als festen Bestandteil des Angebots. Nur rund 23 Prozent der Gen Z vertrauen traditionellen Banken, während über 60 Prozent Fintechs als innovativer, transparenter und kundenorientierter wahrnehmen. Grund fürs Misstrauen? Finanzskandale, Greenwashing, Datenlecks, die richtigerweise als ein strukturelles Problem von Integrität und Transparenz gesehen werden. Institute wie Tomorrow zeigen dagegen, dass Banking mit Haltung funktioniert.
Die Selbsttäuschung der Branche
Dabei sind sich die meisten Banken sehr sicher, die Gen Z zu kennen: 88 Prozent der Bankmanager glauben, die Bedürfnisse der Gen Z zu verstehen, doch nur 34 Prozent dieser Generation stimmen dem zu. Diese Lücke zeigt deutlich: Viele Banken projizieren entweder alte Denkmuster auf neue Kund:innen oder haben schlicht keine Ahnung, kein Gespür oder kein Interesse. Wer glaubt, dass bunte Emojis und Push-Benachrichtigungen reichen, verkennt die Lage. Die Gen Z prüft genauer als jede Generation vor ihr, ob Werte, UX und Kommunikation wirklich zusammenpassen.
Zwischen Financial Education und Fremdscham
Doch es gibt auch Ausnahmen: Einige haben verstanden, wie man diese Generation anspricht. Die Stadtsparkasse Düsseldorf etwa erklärt auf TikTok Finanzthemen charmant und unaufgeregt, und erreicht in drei Monaten über 3,5 Millionen Views. Unterhaltsam, authentisch, informativ. Viele andere scheitern an Überkompensation. Wenn Vorstände auf TikTok tanzen oder Werbespots mit Jugendslang recycelt werden, zeigt das vor allem eins: dass man die Jugendkultur nicht verstanden hat. (Und nein, ein Filial-Selfie mit #GenZ reicht nicht.)
Laut The Financial Brand treffen 67 Prozent der Gen Z Konsumentscheidungen auf Basis von TikTok-Inhalten. Aber sie durchschauen auch jede unechte Kooperation. Erfolgreiches Influencer-Marketing funktioniert nur, wenn Glaubwürdigkeit vor Reichweite steht. Step Bank nutzte den Social Media-Star Charli D’Amelio: Aber effektiv war das nur, weil die App einfach funktioniert, nicht weil D’Amelio tanzte.
Auch Gamification kann helfen, aber nur wenn sie Sinn ergibt, z. B. kleine Sparchallenges oder Budgetziele, erklärt neobanque.ch. Kindische Avatare hingegen wirken bevormundend. Wichtig sind Übersicht, Dark Mode, Personalisierung und Integration mit anderen Finanz-Apps. „Phygital“ ist das Stichwort, digitale Kanäle mit echter menschlicher Hilfe im richtigen Moment. Viele Fintechs haben das erkannt.
„Gen Z first“ – Anspruch und Wirklichkeit
Neobanken wie pockid versprechen Banking „von Gen Z für Gen Z“, mit Peer-to-Peer-Zahlungen, Echtzeit-Tracking und Eltern-Dashboard. Doch größere Anbieter wie N26, Revolut oder bunq haben ähnliche Funktionen längst integriert. Der Markt konsolidiert sich: Fintechs wie Ruuky (ehemals pockid) oder Mitto mussten ihre Modelle anpassen oder schließen.
In den USA hat Step mit Lernfunktionen und Influencer-Marketing Erfolg, doch auch hier zeigt sich: Um relevant zu bleiben, müssen Produkte mit den Kund:innen erwachsen werden. „Gen Z first“ ist kein reines Geschäftsmodell, sondern eine Zukunftsversicherung: relevant bleibt, wer Lebensphasen versteht.
Was bleibt unterm Strich?
All das zeigt: Die Generation Z ist nicht schwer zu verstehen. Sie ist nur schwer hinters Licht zu führen. Sie will, dass Banking so funktioniert wie der Rest ihres Lebens: schnell, transparent, ehrlich.
Banken, die das ernst nehmen, müssen nicht jugendlich wirken, sondern glaubwürdig. Welchen Mehrwert bieten sie jungen Menschen, wie lassen sich Fragestellungen und Probleme gut integrieren, also Informationen rund um BaFög, Finanzierung, Pension Gaps und so weiter? 56 Prozent der Gen Z führen ihr Hauptkonto exklusiv bei einer Bank führen, verglichen mit 75 Prozent der Millennials und über 85 Prozent der Boomers – sie splitten also ihre Finanzen häufiger auf mehrere Anbieter und entscheiden situativ nach Nutzererlebnis, Vertrauen und Zweck, nicht nach Markenbindung. Wer die Erwartungen der Gen Z da gut umsetzt, gewinnt Kund:innen, die bleiben. Wer es nicht versucht, bleibt ein Meme.





