Geldsegen bei Wefox, doch es bleiben Fragen offen

Völlig überraschend kam die Nachricht nicht: Bereits in der vergangenen Woche hatte das Gerücht über eine Finanzierung in Höhe von 650 Mio. Dollar die Runde gemacht. Das hat das Unternehmen nun heute auch in einer Pressemitteilung bestätigt.

Und was steht da noch drin? Angeführt wird die Series-C-Runde vom VC Target Global. Ein Geldgeber, der beispielsweise frühzeitig das Potential von Auto1 erkannt hatte. Die Post-Money-Bewertung von Wefox steigert sich auf 3 Mrd. Dollar. Auch bestehende Investoren haben noch einmal nachgelegt. Inklusive dieser Runde haben die Geldgeber seit 2016 insgesamt 918 Mio. Dollar in das Unternehmen gesteckt. Die frischen Mittel sollen in den Ausbau des Produktportfolios und in die Expansion in weitere Länder gesteckt werden. So weit die Fakten zum Geldsegen. Doch es bleiben Fragen offen.

Ein bisschen Zuckerwerk gehört dazu

Zur Ankündigung eines Fundings gehört es dazu, das finanzierte Unternehmen in den prächtigsten Farben zu malen. So hat Wefox laut eigenen Angaben im vergangenen Jahr einen Umsatz von 143 Millionen Dollar erzielt, was sich aber auf die Holding in der Schweiz beziehen dürfte. Der letzte hinterlegte Geschäftsbericht der deutschen GmbH aus dem Jahr 2018 operiert mit deutlich kleineren Zahlen. 

Bemerkenswert sind zwei andere Werte aus der Pressemitteilung. Denn, so impliziert der Text, überzeugt habe die Investoren auch die „Loss-Ratio von lediglich 43% und eine Dunkelverarbeitungsquote von über 80% (15% Branchendurchschnitt)“. 

Keine Angaben zu den Prämieneinnahmen

Im Vergleich zu traditionellen Versicherungsgesellschaften sind das auf den ersten Blick sensationelle Werte. Die Brutto-Schadensquote (Loss Ratio) ist im Zusammenhang mit der Profitabilität eines Versicherers zwar ein erster Indikator, aber nicht völlig ausschlaggebend. Sie gibt das Verhältnis zwischen den Prämieneinnahmen und den eingetretenen Schäden an. Nun gibt eine Versicherung aber eben nicht nur Geld für die Regulierung von Schäden aus, sondern auch für Kundengewinnung und die eigene Arbeit. 

Die Schaden-Kosten-Quote (Combined Ratio) dagegen bildet das Verhältnis zwischen eingetretenen Schäden und Ausgaben für Verwaltung und Abschluss der Versicherungsverträge zu den Prämieneinnahmen ab. Je weiter von der 100 entfernt, umso profitabler. Diese Größe wäre also viel interessanter, nur dazu macht Wefox leider keine Angaben. 

Welche Ideen hat Wefox bei Dunkelverarbeitung?

Ähnlich verwässert ist die Angabe der Quote für die Dunkelverarbeitung. Darunter verstehen Versicherer, dass von Antragseingang bis zur Policierung kein Mensch in den Prozess eingegriffen hat. Der Durchschnitt über (alle) Segmente dürfte die erwähnten 15 Prozent betragen. 

Aber nicht bei den Versicherungen, die Wefox aktuell anbietet. Im Bereich der Sach-, Kfz-, Haftpflicht- und Unfallversicherung (SUHK) schaffen inzwischen auch Traditionshäuser Werte ab 60 Prozent. 

Im Hintergrundgespräch mit den Kollegen von FinanceFWD wurden Kranken- und Lebensversicherungen erst für das kommende Jahr angekündigt. An der Dunkelverarbeitung in diesem Bereich arbeiten sich viele Versicherer in Deutschland gerade ab. Mal schauen, welche Ideen Wefox hier liefern wird.

Wefox setzt auf Maklervertrieb

Im besagten Interview verriet Gründer und CEO Julian Teicke, auch in Zukunft auf den Maklervertrieb setzen zu wollen. Aktuell seien es 700, die ausschließlich die Produkte des Startups verkaufen. 5.000 Makler würden die Versicherungen zusätzlich anbieten. Hier hat Wefox auf jeden Fall in Deutschland noch reichlich Potential, das gehoben werden kann. Denn nach offizieller Statistik des GDV sind hierzulande über 197.000 Makler registriert.

Das Ziel des Unternehmens sei aber klar. Im Beitrag von t3n sagt Teicke: „Wir wollen bis Ende 2030 einer der dominanten Versicherungsplayer weltweit werden. Und dieses Investment ermöglicht uns, in einer höheren Liga mitzuspielen.“

Ob das etwa in Deutschland gelingt, muss sich noch herausstellen. Mit dem Funding ist dem Insurtech jedenfalls schon ein beachtlicher Erfolg gelungen.

Autor

  • Stephan ist seit Anfang der 90er Jahre online und hat eine ausgeprägte Fintech-Vergangenheit (Star Finanz, Hypoport). Bei der Hypoport-Tochter Dr. Klein war er u.a. für das Produktmanagement und den Bereich Business Development verantwortlich. Seit über 10 Jahren schreibt er über ausschließlich über Tech, Retail, E-Commerce und Insurance.

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