Das britische Fintech arbeitet mit der E-Commerce-Plattform zusammen, um Händler:innen in Deutschland vorab genehmigte, umsatzbasierte Finanzierungen anzubieten. Die Partnerschaft ist Teil einer wachsenden Zahl an Angeboten, die sich hierzulande an kleine und mittlere Unternehmen (KMU) richten.
Der britische Embedded-Finance-Spezialist Youlend und Ebay verkünden eine Partnerschaft für Finanzierungen von Händler:innen in Deutschland. Dabei sollen diese Finanzierungen von bis zu zwei Millionen Euro über die Plattform abrufen können, vor allem als Wachstumskapital. „Die Verkäufer:innen profitieren von einer Art Kettenreaktion: Schnelleres Auffüllen des Lagerbestands, Investitionen in bessere Produktpräsentation oder gezielte Marketingmaßnahmen führen zu mehr Sichtbarkeit, höheren Umsätzen”, sagt Leonard Strigel, Deutschlandchef bei Youlend. Bei der Finanzierung wird der Kredit als Anteil des Umsatzes zurückgezahlt: Über Ebay können Anfrager:innen eine Rate zwischen fünf und 19 Prozent des Umsatzes auswählen. Und statt eines Zinses gibt es eine feste Gebühr. Das Geld soll dann schnell auf dem Konto sein – laut Youlend in 24 Stunden. Das Angebot geht bereits in dieser Woche live.
Youlend bietet Embedded-Finance-Lösungen für den E-Commerce an und hat in Deutschland bereits einige Partnerschaften geschlossen. Für die Kund:innen der Buchhaltungssoftware Lexware Office, der Hotelmanagement-Software Mews und dem Anbieter von Kassensystemen Orderbird bietet Youlend bereits Finanzierungen an. Gleichzeitig arbeitet Youlend mit der Unternehmens-Finanzierungsplattform Fin Compare zusammen. Im E-Commerce kooperiert die Firma bereits mit Shopify und Amazon. Mit Ebay kommt nun ein weiterer Partner in einem weiteren Unternehmensbereich dazu. Dabei ist die Zusammenarbeit nicht neu.
Erfolgsmodell aus Großbritannien soll in Deutschland wiederholt werden
Youlend und Ebay rollten ihr Angebot im Vereinigten Königreich mit dem Programm „Capital for eBay Business Sellers“ (CEBS) 2021 für 300.000 Unternehmen aus. In den ersten Monaten nach dem Start wurden bereits über 25 Millionen Pfund an mehr als 2.700 kleine Unternehmen ausgezahlt. Aufgrund der hohen Nachfrage wurde das Programm später um weitere Finanzierungspartner wie Funding Xchange und Wayflyer erweitert.
Einen ähnlichen Erfolg erhoffen sich Ebay und Youlend auch hierzulande. Doch der KMU-Finanzierungsmarkt in Deutschland erweist sich bisher als zäh und ist europaweit einzigartig. Viele Fintechs bissen sich hier bereits die Zähne aus. Das liegt auch an der engen Verzahnung von KMU und lokalen Banken. Die scheint aber derzeit Risse zu bekommen. Besonders KMU können sich derzeit schlecht bei herkömmlichen Banken finanzieren. Oft ist der Prozess langwierig und kompliziert. Am Ende gibt es ihm häufiger eine Absage, wie jüngst eine KfW-Umfrage zeigte.
Auch deshalb ist Strigel optimistisch: “Wir sehen im KMU-Markt allgemein große Chancen und viel Potenzial, weil es da eine große Finanzierungslücke gibt, die klassische Banken oft nicht bedienen können”, sagt er. In Deutschland gebe es bei alternativen Unternehmenskredite trotz großem Bedarfs im Gegensatz zu dem Vereinigten Königreich noch wenige Angebote – besonders für kleine Unternehmen. „Je kleiner die Unternehmen sind, desto größer ist gewöhnlich die Finanzierungslücke.” Traditionelle Banken machten sich oft nicht die Mühe, Anfragen kleinerer Unternehmen auszuwerten, weil die Margen dieser Geschäfte nicht groß genug seien. „Bei normalen Bankprozessen gibt es oft einen großen Fixkostenanteil.”
Nicht ohne Konkurrenz: Deutschland ist ein begehrter Markt
Fintechs, die sich auf KMU-Finanzierungen spezialisiert haben, wittern daher ihre Chance. Die Hoffnung der neuen KMU-Finanzierer ist, dass sich die Unternehmen stattdessen an alternative und auf spezielle Branchen und Anforderungen zugeschnittene Anbieter wenden. Die Partnerschaft zwischen Ebay und Youlend ist eine von derzeit vielen Meldungen zu Nischen-Angeboten bei KMU-Finanzierungen in Deutschland. Zuletzt verkündete das britische Fintech Liberis hierzulande ein umsatzbasiertes Finanzierungsangebot.
Sowohl Liberis als auch Youlend bieten dabei Pre-Approved-Loans an, also Finanzierungen, die bereits vor einer Anfrage mit einer bestimmten Höhe und Konditionen bewilligt wurden. Sie sollen die KMU überzeugen, besonders weil ihnen damit die Frustration einer Ablehnung erspart bleibt. Möglich wird das durch eine KI, die basierend auf bestehenden anonymisierten Verkaufsdaten ein Angebot berechnet. Dabei verzichten die Unternehmen auf Open-Banking-Daten. „Die Verkaufshistorie ist das ausschlaggebende Element bei einer Kreditentscheidung zur kurzfristigen Liquiditätsfinanzierung bei kleinen Unternehmen”, sagt Strigel. Das Geld für Deutschland stammt von der Muttergesellschaft der Zahlungsbank Banking-Circle-Gruppe zu der auch andere Finanzdienstleister gehören. „Wir treten nicht nur als Software-Plattform auf, sondern übernehmen in Deutschland auch das gesamte Bilanzrisiko.” Im Vereinigten Königreich arbeitet Youlend dafür unter anderem mit JP Morgan zusammen und steckte im vergangenen Jahr vier Milliarden Pfund für KMU-Finanzierungen zur Verfügung.
Ursprünglich war Youlend lediglich im E-Commerce-Sektor unterwegs. Jedoch habe man Bedarf auch in anderen Sektoren erkannt. Seit vergangenem Jahr bietet das Unternehmen auch klassische Geschäftsfinanzierungen mit Ratenzahlungen und einer Gebühr an. „Damit können wir noch mal einen ganz anderen Bereich erreichen, wie Handwerker, Restaurants, und Spätis oder Kioske.”