Für die Blockchain-Szene war 2024 ein turbulentes Jahr. In Deutschland wurden in diesem Bereich so wenige Start-ups gegründet, wie nie zuvor. Wir stellen sie vor.
Wehmütig werden einige in der Krypto-Branche auf die Jahre 2017 und 2018 zurückblicken. Damals war die Szene so richtig am boomen. Entsprechend viele Unternehmerinnen und Unternehmer nahmen sich dem Thema an. Damals schossen Start-ups in Deutschland förmlich aus dem Boden: Der Krypto-Broker Bison schätzt, dass in beiden Jahren etwa 100 Start-ups im Krypto-Sektor gegründet wurden.
Aktuell sieht die Situation ganz anders aus: Nach dem Hype erlebte die Szene einen Kryptowinter. Zudem schritten Regulatoren in den vorher weitestgehend unregulierten Sektor. Durch langes Warten auf Lizenzen wurden die Kosten von Neugründungen höher, der Anreiz dagegen kleiner. Während 2022 noch 91 Start-ups im Krypto-Bereich in Deutschland gegründet wurden, waren es 2024 lediglich elf. Ein Abfall von 90 Prozent. Und das, obwohl die Krypto-Märkte gerade so richtig durchstarten.
Wenn man nach Eric Demuth CEO von Bitpanda geht, ist das nicht unbedingt schlecht: „Es kann nicht mehr jeder Dulli ein Krypto-Startup gründen, der nur versucht schnell reich zu werden und im Zuge dessen viel Schaden anrichtet”, sagte er im Juli vergangenen Jahres gegenüber Payment & Banking. „Regulierung ist da, um genau das zu verhindern.“ Dass er dies begrüßt, verwundert nicht. Schließlich ist der Umstand, dass nur noch wenige Newcomer, den Platzhirschen wie Bitpanda Konkurrenz machen, für sie ein Vorteil. Zumal sich der Vorsprung weiter vergrößert.
Es lohnt sich also mehr denn je ein genauerer Blick auf die Gründungen. Trennt sich nun die Spreu vom Weizen, wie Demuth vermutet? Oder handelt es sich bei den Gründern um „Dullis”?
Der Start-up-Verband hat gemeinsam mit der Datenplattform alle elf Neugründungen aus dem vergangenen Jahr aufgespürt und in einer Liste zusammengefasst. Payment & Banking liegt diese Liste nun exklusiv vor. Also ohne weiteres Tam-Tam: Das sind alle wichtigen Krypto- und Blockchain-Newcomer aus dem Jahr 2024.
Dmany Development: Die Krypto-Schmiede
Das erste Fintech aus dem Blockchain-Bereich, das im vergangenen Jahr gegründet wurde, ist etwas für echte Krypto-Nerds. Das im Februar gegründete Start-Up Dmany Development schreibt Entwicklungsprojekte aus, an denen sich jeder beteiligen und dafür Krypto-Belohnungen erhalten kann. Dafür haben sie sogenannte Quests ausgeschrieben, die die Fähigkeiten der Mitwirkenden verbessern sollen und schrittweise schwieriger werden. Den besonders Fleißigen und Talentierten soll der Einsatz bei echten Projekten winken. Die Gründer arbeiten als IT-Spezialisten und haben in den vergangenen Jahren noch weitere Gründungen vorzuweisen wie CryptoSearchTools von Stanislav Stolberg, das tokenisierte Startups erkennen für Investoren mithilfe von KI erkennen und den Profit vorhersagen soll oder die Web3-Agentur weSpark von Nelson Inno. Vielleicht kommen bald viele Blockchain-basierte Lösungen aus ihren Reihen. Wir wünschen frohes Schaffen!
Name: Dmany Development
Gründungsteam: Stanislav Stolberg, Nelson Inno
Sitz: Köln
Webseite: https://dmany.io/
____
cypherbase: Der Unbekannte
Über das nächste Fintech ist nicht allzu viel bekannt. Jedenfalls hat es noch keinen öffentlichen Internetauftritt. Das Unternehmen soll Software für Informationsübertragung im Bereich Kryptowährungen und Blockchain entwickeln. Soweit, so ungenau. Wir sind gespannt.
Name: cypherbase
Gründungsteam: Dario Bruno Lass
Sitz: Berlin
Webseite: /
_____
MadMarketMachine: Reich werden, ganz von allein
Mit MadMarketMachine ist über ein zweites Fintech wenig bekannt. Angeblich möchte der es das Start-up im Bereich Krypto-Brokering schaffen, Neulinge für sich zu gewinnen. Das Prinzip: Investierende wählen einen Wunschbetrag, mit dem ein Algorithmus handeln soll. So soll ihr Kapital „vollautomatisch” wachsen. Ein Selbstläufer also, wenn man dem Webauftritt des Fintechs folgt. Dafür will MMM läppische 15 Prozent der Gewinne kassieren. Ausgeführt werden die Trades über eine „Schnittstelle der Bankera Bank”. Ob dahinter ein einfaches Bankkonto steht? Ungewiss.
Bekannt ist hingegen, dass Unternehmer Marian Klemm, vorher als Webentwickler arbeitete. Von dem Unternehmen ist aber auf den sozialen Medien seit Monaten nichts zu hören.
Name: MadMarketMachine
Gründungsteam: Marian Klemm
Sitz: Voerde
Webseite: https://madmarketmachine.com/
____
Greenpact: Der Alleskönner
Mit Greenpact gibt es seit Mai einen neuen Entwickler, diesmal im Bereich Tokenization von Vermögenswerten. Ganz nebenbei soll die Neugründung Software für Community Management entwickeln. Außerdem möchte man Seminare und Kurse anbieten. Wie das zusammenpasst? Keine Ahnung. Leider ist das Geheimnis nicht zu lüften, denn auch bei diesem Unternehmen ist ein Internetauftritt vergeblich zu suchen. Doch immerhin ist etwas über den Gründer bekannt. Sascha Grumbach ist Seriengründer: Neben seiner Arbeit bei einem Start-up für digitales Fuhrparkmanagement gründete er mit Green Mining DAO ein Fintech für nachhaltiges Bitcoin-Mining. Laut deren Teamvorstellung ist seine Superkraft die Umsetzung. Wir sind gespannt.
Name: Greenpact
Gründungsteam: Sascha Grumbach
Sitz: Berlin
Webseite: /
____
Hakata: Identitätsprüfung hinterm Vorhang
Konkret wird es bei Hakata. Das Entwicklungs-Fintech möchte Identitätschecks für die Kunden privater machen. Mithilfe von dezentraler Speicherung und prüfbaren Berechtigungsnachweisen sollen Unternehmen die Echtheit der Identitäten ihrer Kunden prüfen können, ohne deren Privatsphäre zu kompromittieren. Im Gegensatz zu der Identität ihrer Kunden, ist die des Teams bekannt. Sie stammen vor allem aus den Reihen des IT- und Blockchainberaters eTonec. Neben deren Co-Gründer Jonathan Kroll und Marcus Nasarek sowie CPO Nancy Timm und CTO Julian Dreißig ist auch Jonas Gross mit dabei, der vielen Lesern als Gastautor und den Zuhörern des Payment & Banking-Podcasts Bitcoin, Fiat & Rock’n’Roll als Co-Host bekannt sein dürfte.
Name: Hakata
Gründungsteam: Julian Dreißig, Jonas Groß, Jonathan Knoll, Nancy Timm
Sitz: Berlin
Webseite: https://www.hakata.io
_____
dynamicX: Zwischen Kickbase und Tipico
Eher ungewöhnlich wirkt die Idee des nächsten Fintechs aus dem Blockchain-Bereich. DynamicX möchte mit der App SportX Sportler und Sportteams tokenisieren. Diese Token sollen dann mit der Performance des jeweiligen Sportlers oder Spielers verbunden werden. Macht ein Sportler Karriere, steigt der Wert. Wenn ein Investor schon früh seinen Token gekauft hat und sein Talent erkannt hat, kann er damit einen Gewinn machen. Teil des Ganzen soll ein Liga-System sein. Noch ist die App nicht auf dem Markt. Die Gründer Nicolas Weiner und Tristan Reinthaler sind noch jung und arbeiten als IT-Dienstleister. Als Business Angel fungiert der Gründer einer Sportübertragungsplattform.
Name: dynamicX (SportX)
Gründungsteam: Nicolas Weiner, Tristan Reinthaler
Sitz: Petersdorf
Webseite: https://www.sportsx.app/
_____
Intentify: Die Blockchain-Brücke
Als klassischer B2B-Blockchain-Dienstleister kommt Intentify daher. Das Unternehmen entwickelt Software, die es dezentralisierten Apps ermöglichen soll, verschiedene Blockchains zu nutzen. Transaktionen über verschiedene Blockchains hinweg sollen so automatisch, mit einer einfachen Bedienung und so ablaufen, dass Smart Contracts nicht angepasst werden müssen. Praktischerweise hat Intentify bereits ein Whitepaper veröffentlicht. Mit Daniel Voronov und Thomas Bauer stehen zwei Absolventen der RWTH Aachen hinter dem Projekt.
Name: Intentify
Gründungsteam: Daniel Voronov, Thomas Bauer
Sitz: Köln
Webseite: https://www.intentify.network/
______
Climeta: NFT-Hype fürs Klimaschutz
Eigentlich ist das Thema NFTs für die meisten schon als vorübergehender Hype abgestempelt und in den geistigen Keller gestellt. Nicht so für die Gründer des Start-ups Climeta. Sie möchten mit den digitalen Kunstwerken gegen den Klimawandel kämpfen: Die Idee ist eine Plattform, auf der Investoren NFTs kaufen können. Unternehmen können dann Spendengelder in einen Topf geben, der automatisiert an verschiedene Klimaschutz- und Umweltprojekte ausgezahlt wird. Die Besitzer der NFTs entscheiden, für welche gemeinnützigen Projekte das Geld ausgegeben wird. Um die NFT-Besitzer zum Abstimmen zu bringen, sollen sie mit Token belohnt werden, die sie gegen Produkte aus dem eigenen Shop, Event-Tickets und digitale Sammlerstücke umtauschen können.
Das Start-up und seine Gründer haben ihren Hauptsitz in Großbritannien, aber in neun weiteren Ländern Unternehmenssitze eröffnet. Noch ist das Projekt nicht gestartet, eine Warteliste gibt es jedoch schon.
Name: Climeta
Gründungsteam: Ben Ruddy, Charlie Leahy, Matthew Jenkins
Sitz: London (Berlin)
Webseite: https://www.climeta.io/
___
Futura Research: Forschung für Web3
Mit Futura Research wurde im vergangenen Jahr ein weiteres Entwicklungs-Unternehmen gegründet. Das Unternehmen entwickelt eine noch nicht näher bekannte KI-gestützte Software im Web3 Bereich. Zumindest sein Gründer Pascal Stichler lässt Großes hoffen. Der Berliner hat einige Erfahrung im Fintech-Bereich. Nach einer Ausbildung am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) als Wirtschaftsingenieur wurde er Mitgründer von CARL, einem Beratungsunternehmen für Mittelständler in Sachen Technologie und Fragen, die mit dem Unternehmensverkauf zusammenhängen. Wir sind gespannt.
Name: Futura Research
Gründungsteam: Pascal Stichler
Sitz: Berlin
Webseite: /
_____
Minotoro: Intelligenter als Wetten?
Ein neuer Krypto-Broker wurde im August in München gegründet. Minotoro entwickelt eine Handelsplattform für Krypto-Tokens. Zwar hat das Start-up bereits einen Internetauftritt, der ist jedoch noch verwaist. Gründer Dominik Ostermeier arbeitete lange Zeit als Finanz- und Zahlungsmanager beim FC Bayern, wo seine Co-Gründerin Thekla Straub bis heute als Managerin in der Frauenabteilung arbeitet. Noch befindet sich das Start-up im Stealth-Modus und in der Pre-Seed-Phase, doch gibt es einen Hinweis von Ostermeier: Er möchte mit dem Unternehmen „Sportsteam-Performance investierbar machen”, jedoch „intelligenter als Wetten”. Das hört sich nach einem kommenden Konkurrenten für dynamicX an. Lasst das Rennen beginnen!
Name: Minotoro
Gründungsteam: Dominik Ostermeier, Thekla Straub
Sitz: München
Webseite: https://minotoro.de/
______
3C Labs: Krypto-Hardware für die warme Dusche
Die letzte Blockchain-Gründung hat mit Klimaschutz zu tun. Das in Freiburg gegründete Unternehmen 3C Labs will kryptobasierte Technologien entwickeln und vermarkten. Damit will das Fintech die Kreislaufwirtschaft fördern. Wie genau das funktionieren soll, bleibt unklar, denn das Unternehmen hält sich noch bedeckt. Ein konkretes Geschäft wird jedoch auf der Webseite genannt: So soll 3C Labs Mining-Hardware einsetzen und vermarkten und die als Wärmequelle für Warmwasser nutzen. Gründer Viktor Fetter war mit seinem Team von Airbus Defence and Space 2023 für den Deutschen Zukunftspreis nominiert. Sie entwickelten ein Gerät , das CO2 aus der Atmosphäre herausfiltern und vielfältig nutzbar machen kann. Vielleicht kann er sein Wissen und seine Erfahrung auf den Blockchain-Bereich übertragen. Dem Klima wäre es zu wünschen.
Name: 3C Labs
Gründungsteam: Viktor Fetter
Sitz: Meersburg
Webseite: /
_______
Fazit: Viel ungenaues, wenig vielversprechendes
Die kurze Liste der Start-ups besteht vor allem aus Einzelpersonen, hinter denen noch keine große Funding-Aktivität zu erkennen ist. Vier von ihnen besitzen noch keine öffentliche Website und bei den meisten ist noch nicht allzu viel zu erkennen. Neben zwei Start-ups, die sich mit der Tokenisierung von Sport beschäftigen, stechen vor allem Dmany Developments, Hakata und 3C Labs mit innovativen Ideen hervor. Auch Climeta könnte bei einigen Krypto-Enthusiasten gut ankommen, jedoch ist das Start-up streng genommen eine britische Gründung. Ohne sie wäre Deutschland also bei zehn Gründungen.
Nun muss Deutschland nachlegen. Hoffnung machen da besonders zwei Entwicklungen: Zum einen wurde das FinmadiG nun verabschiedet und bringt etwas mehr regulatorische Sicherheit für Krypto-Start-ups. Dass deshalb nun ein starkes Wachstum bei den Gründungen zu erwarten ist, scheint zwar unwahrscheinlich und die Wartezeiten für Lizenzen sind zwar immer noch lang, doch sind die Pflichten der Unternehmen nun klarer. Als zweiten Hoffnungsschimmer sind die Biografien der Gründer zu nennen, genauer die Ausbildung. Mit der RWTH, dem KIT und der Universität Bonn scheinen einige deutsche Hochschulen auch in schwierigen Zeiten werdende Gründer auszubilden. Das regt zum hoffen an, dass 2025 wieder mehr Krypto-Start-ups das Licht der Welt erblicken.