Don’t believe the Hype: Bitcoins lösen ein Problem – und schaffen viele neue

Don’t believe the Hype: Bitcoins lösen ein Problem - und schafft viele neue

Der Bitcoin-Kurs schwankt und steigt rasant, Mitte März wurde erstmals die 60.000 Dollar-Grenze geknackt. Viele Medien berichten fast täglich über die Höhenflüge der Kryptowährung, die Suchanfragen bei Google steigen. Bitcoin werden gern als neue Heilsbringer angekündigt, als „krisenfest” angepriesen und als Retter der Wirtschaft bezeichnet. Doch der Hype verdeckt die Probleme und systembedingten Schwächen der Kryptowährung. Sieben Fakten über den Bitcoin, über die gesprochen werden muss!

1. Der Stromverbrauch

Laut einem Bericht von t3N ist der Stromverbrauch des Bitcoin-Netzwerks innerhalb eines Jahres um 80 Prozent gestiegen. Mit 128 Terawattstunden liegt Bitcoin im jährlichen Verbrauch vor dem Stromverbrauch von ganz Argentinien mit 45 Millionen Einwohnern, so eine Untersuchung der Universität Cambridge. 2020 lag der Stromverbrauch noch bei 71 Terawattstunden. 61 Prozent der Energie (78 Terawattstunden) stammt aus nicht-erneuerbaren Energie. Angesichts des Klimawandels ist der beste Weg, den Energieverbrauch und CO2-Ausstoß zu senken. Bitcoins bieten hier keine Lösung, sondern verschärfen das Problem. Natürlich kostet die Produktion von Bargeld, Scheinen und Münzen auch Energie und Rohstoffe. Auch das Internet ist ein massiver Stromfresser. Doch ein Problem lässt sich  und die Studien belegen das. Bitcoins und die vielen weiteren Kryptowährungen, die in den vergangenen Monaten auf den Markt gekommen sind, verschärfen den Klimawandel.

2. Die Kursschwankungen

Als ich 2012 zum ersten Mal über Bitcoin berichtete, kostete ein Bitcoin fünf Dollar. Heute liegt der Kurs bei rund 58.000 Dollar. Die extreme Wertsteigerung in den letzten Jahren basiert auf Spekulation, mehr nicht! Einen Gegenwert gibt es, anders als bei Gold oder dem Aktienwert eines Unternehmens, eigentlich nicht.

Die extrem hohen und schnellen Wertschwankungen machen Bitcoin zudem ungeeignet für längerfristige Zahlungsvorgänge, da extreme Kursschwankungen Gift für Außenhandel und Importe sind. In der Regel müssen sie durch Gegengeschäfte abgesichert werden.

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3. Die Geschwindigkeit der Transaktionen

Bitcoins gibt es seit Anfang 2009. 2021 ist die Technologie, die dahinter steckt, bereits veraltet. Eine Transaktion kostet laut einer Studie rund 330.000 Mal so viel Strom wie mit Visa und dauert im Schnitt drei Stunden, da jede Transaktion in die Blockchain eingetragen werden muss (bei Visa 1,8 Sekunden). Die Geschwindigkeit und Anzahl der Transaktionen ist somit begrenzt, was sie zu langsam macht für den massenhaften Gebrauch. Unbenommen: Die Blockchain-Technik eignet sich dagegen gut für eine Reihe von Anwendungen, die nicht zeitkritisch sind, nicht aber für den schnellen Zahlungsverkehr.

4. Kein Zahlungsmittel, keine Währung

Ein echtes Zahlungsmittel sind Bitcoins übrigens nie gewesen. Warum sollte jemand heute Bitcoin per Paypal oder Lieferando ausgeben, wenn sie nächste Woche zehn Prozent mehr Wert sein könnten? Sie sind, wie vieles anderes, “ein nettes Spekulationsobjekt” und zeigen, wie viele Milliarden im Markt sind und wie viele Anleger nach Renditen suchen, seitdem es kaum noch Sparzinsen gibt. Kurzfristige Spekulationsgewinnen müssen natürlich versteuert werden und der Eintrag in die Steuererklärung ist alles andere als selbsterklärend.

5. Die Anonymität lockt Kriminelle an

Einer der Vorteile von Bitcoins sind die Anonymität. Aus diesem Grund verlangt jeder Hacker, der mit Ransomware eine Firma oder einen privaten Nutzer erpresst, Bitcoins als Zahlungsmittel. Denn damit ist es sehr schwer, Geldströme zu verfolgen. Das Nachsehen haben zum Beispiel Steuerfahnder oder investigative Journalisten, die anhand von Geldströmen, wie zum Beispiel Überweisungen, beweisen müssen, dass es eine illegale Zahlung gegeben hat.

„Jeder Hacker, der mit Ransomware eine Firma erpresst, verlangt Bitcoins als Zahlungsmittel.

Schmiergeld oder Schwarzgeld in Bitcoin machen diese sinnvolle Aufgabe extrem kompliziert bis unmöglich. Auch Bargeld bietet Anonymität, doch illegales Geld muss immer gewaschen werden, der Ertrag muss in legale Unternehmen gesteckt werden. Jeder, der die Serie “Breaking Bad” gesehen hat, weiß, dass große Beträgen ein großes Problem werden können.

6. Bitcoins können wie Bargeld verloren gehen

Bitcoins werden im Wallet mit einem digitalen Schlüssel gesichert. Geht dieser verloren, sind die Bitcoins nicht mehr erreichbar. Also müssen nicht nur die Bitcoin, sondern auch der Schlüssel getrennt und sicher aufbewahrt werden. Am besten sicher gespeichert in einem Safe, genauso wie Bargeld. Im Vergleich ist das kein Vorteil. Bitcoin können gelöscht werden, verloren gehen oder gestohlen werden. Hacker greifen gezielt Bitcoin-Besitzer an, erbeuten den digitalen Schlüssel und sperren den Besitzer aus. Auch unseriöse Anbieter lockt der enorme Kursgewinn an.

7. Der Totalverlust droht

Die US-Handelsplattform „Coinbase” ist heute 68 Milliarden US-Dollar wert, ihr Wert hat sich in den letzten Monaten verdreizehnfacht. Ganze Online-Bitcoin-Börsen sind in der Vergangenheit verschwunden.

Don’t believe the Hype: Bitcoins lösen ein Problem - und schafft viele neue

Die Folge war ein großer Kurs-Crash der Einheit. Das passiert natürlich auch, wenn ein Unternehmen Pleite geht oder geschönte Bilanzen vorlegt (Stichwort: Wirecard). Der Kursanstieg von Bitcoin wiegt viele in trügerischer Sicherheit und lässt sie vergessen, dass im schlimmsten Fall ein Totalverlust droht. Was, wenn Elon Musk alle Bitcoins verkauft? Wenn eine Bitcoin-Börse offline geht? Wenn das Vertrauen in diese Einheit sich in Luft auflöst?

Geldanlagen in Bitcoin sind hoch spekulativ und nichts für schwache Nerven. Viele Bitcoin-Fans sind nicht objektiv und sehen in Bitcoin die Lösung aller Probleme. Das hat (leider) noch nie funktioniert.

Über den Autor: Helge Denker

Helge Denker berichtete als Freier Journalist über die Technik der Zukunft. Von 2017 bis Mitte 2019 war er Ressortleiter Digital bei t-online. Davor war er drei Jahre freier Journalist in Berlin und hat zwei Jahre an der Digitalen Ausgabe der SZ in München mitgearbeitet. 2012 berichtete er zum ersten Mal über Bitcoin, der Kurs lag damals bei 5 Dollar.

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