Im deutschen FinTech-Umfeld haben es gemäß CB Insights (nur) N26, Mambu, Wefox und Deposit Solutions geschafft, die 1 Milliarde Unternehmensbewertung zu knacken und damit geht der Glückwunsch an Valentin, Maximilian, Eugene, Sofia, Frederik, Julian, Tim und euren Teams! Ein doppelter Glückwunsch geht an Sofia, denn ihr gelang zweierlei: Nicht nur, dass du dein Unternehmen bis an die Spitze geführt hast, du bist auch die einzige Frau in dem Kreis der genannten Unternehmer. Das muss man erst einmal schaffen – und in Deutschland sowieso.
Der FinTech-Realität ins Auge schauen
Laut Barkow Consultings Fintech Money Map wurden im Jahr 2019 105 FinTechs in Deutschland gegründet. Setzt man den branchenübergreifenden Gründerinnen-Anteil an, wird nur jedes sechste FinTech (17/105 FinTechs) von einer Gründerin mitgestaltet. Noch dramatischer sehen die Zahlen aus, wenn man sich Gründungen ansieht, die von einem reinen Frauenteam an den Start gebracht werden. Nur jede 25. Unternehmung (4,2/105) wird ausschließlich von Gründerinnen ohne Männer im Gründerteam aufgebaut.
These 1: Das heißt im Umkehrschluss: 88 von 105 FinTechs sind reine Männercliquen. Um es noch plastischer zu machen: Bei 900+ FinTechs in Deutschland gleicht das 756 Herrenclubs.
Kaum Gründerinnen und Investorinnen
Medial bekommen vor allem Finanzierungsrunden und Einhörner Aufmerksamkeit. In diesem Kosmos verteilen Venture Capital Firmen das Spielgeld und entscheiden damit maßgeblich über Erfolgschancen und Marktentwicklungen. Gleichzeitig ist Interessantes zu beobachten: Es gibt nicht nur wenige Gründerinnen, sondern auch wenige Investorinnen, die auf Geldgeberseite Gründerinnen enablen. Jetzt der Perspektivwechsel … und das Bild ist ein ganz anderes! Es gibt genauso viele Gründer wie Investoren.
These 2: Zwischen der Anzahl Gründerinnnen und Anzahl Investmentpartnerinnen besteht ein Zusammenhang.
Ein Beispiel: Laut Barkow Consultings Fintech Money Map war DvH Ventures im Jahre 2019 der aktivste FinTech Investor im deutschen Markt. Das Investment Team und Gründer der Portfoliofirmen auf der Website? Man ahnt es: Alles Männer.
Diverse Teams sind erfolgreicher
Dieses Ungleichgewicht ist deswegen leider im negativen Sinne überraschend, da Studien längst belegen, dass sich bei deutschen Unternehmen die Wahrscheinlichkeit verdoppelt, überdurchschnittlich profitabel zu sein. Das dürfte auch für Investments-Teams gelten. Warum setzen wird den Erfolgshebel (noch) immer nicht ein?
Was heißt das? Gründerinnen werden im Fundraising-Prozess oft mit Fragen zu potenziellen Verlusten konfrontiert, während Gründer eher zusprechende Fragen zu potentiellen Gewinnen beantworten. Es verstärkt die (vom Investor wahrgenommenen) charakterlichen Unterschiede zwischen Gründerinnen und Gründern. Hinzu kommt, dass Investorinnen eher in (pre-)Seed und A-Runden investieren, so eine Auswertung des Global Women VC in Directory.
These 3: Gründer (über-)schätzen sich und Geschäftspotenziale mit selbstverständlicherem Selbstbewusstsein ein, als es Gründerinnen tun.
Aber aber … heute ist Weltfrauentag und er dient auch dazu, um FinTech-Gründerinnen sichtbar zu machen und gezielt nach engagierten Frauen im Venture Capital-Umfeld zu suchen. Und siehe da: Das Global Women in VC Directory listet mehr als 3.000 Frauen – darunter auch deutsche -, die für institutionellen Investoren, Konzerne oder Family Offices über Investments entscheiden.
Frauen noch sichtbarer machen
Das Vereinigte Königreich ist eine der Startup-Hochburgen Europas. Hier lohnt sich gleichzeitig auch ein Blick in die dortige non-profit Organisation Diversity VC. Die
Initiative vernetzt Venture Capital Profis untereinander und mit diversen Gründerteams, unterstützt bei der Einstellung diverser VC-Teammitglieder und erhebt Daten, um die Bewusstseinsbildung voranzutreiben. Ende 2020 verschrieben sich 15 Fonds in Europa und Kanada dem Diversity VC Standard. Auf dem Weg zur Zertifizierung werden Richtlinien und Praktiken der Venture Capital Firmen geprüft. Sara Turner – ebenso UK based – erreicht mit Angel Academe Ähnliches im Business Angel-Umfeld.
Das Business Angel Netzwerk Deutschland (e. V.) ruft nach 2020 auch 2021 als das “Jahr der Women Business Angels” aus. Ziel der Initiative ist es, den Anteil weiblicher Business Angels in Deutschland bis 2025 auf 25 Prozent zu steigern.
Gründerinnen stärken Gründerinnen
Auch der Beirat Junger Digitaler Wirtschaft des Bundeswirtschaftsministeriums unterbreitet in seinem Positionspapier die Forderung an die Bundesregierung, Erzieher, Lehrer, Dozenten und Professoren verpflichtende unconscious-bias-Trainings durchlaufen zu lassen. Viel wichtiger aber noch: Der Beirat fordert zudem das Angebot flächendeckender Coderinnen- und Gründerinnen-Workshops sowie das Sichtbarmachen von Gründerinnen. Hinzu kommt, dass soziale Strukturen gestärkt werden müssen, um die gleiche Aufgabenverteilung zwischen Männern und Frauen im Bereich der Kinderbetreuung und anderen Care-Arbeiten zu schaffen.
Der Aufruf an Gründerinnen „Sprecht nicht mehr auf all-male-panels“, lädt auch Gründer ein.
Venture Capital Firmen werden ebenso aufgerufen, automatische Stereotype und andere fehlerhafte, unterbewusste Neigungen in der Wahrnehmung abzutrainieren sowie sich selbst zu einer Diversitätsquote in den eigenen Investmentteams und den Portfoliofirmen zu verpflichten. Gründerinnen sollen ebenso auf Diversität in ihren Gesellschafterlisten und Teams achten, auf den Bühnen Kolleginnen und sich sichtbarer werden, um als Role Model voranzugehen. Der Aufruf an Gründerinnen „Sprecht nicht mehr auf all-male-panels“, lädt auch Gründer ein.
Diese Frauen setzen heute schon Zeichen
- Caroline Bell vormals Finmarie
- Leonora Beyhl, Landopay
- Anne Connelly, herMoney.de und Fondsfrauen
- Alexa Cotiaux, Uplyvt
- Martina Gstöttmayr von Uplyvt
- Karolina Decker, Finmarie
- Diane Delava, Mattrvest
- Jennifer Dussileck, finway
- Andrea Fernandez, Alice
- Lea Frank, Anybill
- Carolin Gabor, vormals Jonkoo
- Lena Hackelöer, Brite
- Jessica Holzbach, Penta
- Naomi Jaguttis, bill.less
- Julia Profeta Johansson, Remagine
- Katharina Jung, Kuno
- Lena Justen, vormals fino
- Christine Kiefer, RIDE Capital
- Rukayyat Kolawole, Paceup Invest
- Susanne Krehl (stealth mode)
- Katrin Lech, bill.less
- Maria Mann, Financery
- Karin Garcia Moreno (stealth mode)
- Sofia Nunes, Mambu
- Salome Preiswerk, Whitebox
- Léonie Rivière, heyfina
- Marie Louise Seelig, Acatus
- Aiga Senftleben, Billie
- Lisa Sorg von Visionaries Club
- Ines Streimelweger von Creandum
- Şebnem Elif Kocaoğlu Ulbrich, Contextual Solutions
- Natascha Wegelin, Madame Moneypenny
- Miriam Wohlfahrt von Banxware und Ratepay
- Leah Marie Zeppos (stealth mode)
Top FinTech Investorinnen: - Charlotte Bruce von Cherry Ventures
- Dr. Tanja Emmerling von High-Tech Gründerfonds
- Ulrike Hinrichs von Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften
- Fabiola Hochkirchen von Auxxo
- Kiana Mardi von Alstin Capital
- Dr. Gesa Miczaika von Auxxo
- Rina Obi von Global Brain
- Nina Rinke von Earlybird
- Daria Saharova von Vito one
- Bettine Schmitz von Auxxo
- Romy Schnelle von High-Tech Gründerfonds
- Olga Shikhantsova von Speedinvest
- Eva-Juliane Stark von Venture Ladies
- Dr. Aline Vedder von Ananda Impact Ventures
- Marie Wennergren von Fly Ventures
- Miriam Wohlfarth von Banxware und Ratepay
… und viele mehr. Ihr kennt weitere weibliche Vorbilder mit FinTech-Schwerpunkt? Gebt mir bitte Bescheid, für mehr ‘Sofias’ in unserer FinTech-Szene.