Die vielen Schwächen von Googles Kinder-Wallet

Ein Drittel der Minderjährigen bezahlt bereits kontaktlos per App – eine Zielgruppe, die Google sich nicht mehr entgehen lassen will. Doch die geplante Taschengeld-Wallet für Kinder hat ein paar Haken. 

Die digitale Welt, in der Kinder aufwachsen, endete für junge Google-Kunden bislang an der Kasse. Dort konnten sie mit ihrem Handy nur dann bezahlen, wenn die Bank ihrer Eltern ein spezielles Angebot dazu hatte. Eine Tab-to-Pay-Funktion, wie es bei Apple für Minderjährige schon gibt, gab es im bisherigen Google-Kinderkonto nicht. Die Wallet, die in diesem Jahr Google Pay ablöste, soll das ab 2025 ändern: Dann sollen auch Kinder mit ihrem Google-Smartphone ihr Taschengeld auf den Kopf hauen können.

Die Authentifizierung soll mit den üblichen Methoden wie Fingerabdruck, Gesichtsscan oder Passwort funktionieren. Eltern können alle gängigen Kredit- und Debitkarten hinterlegen und über den Family Link den Überblick über die Ausgaben des Nachwuchses behalten. Bei jeder Zahlungsautorisierung werden sie benachrichtigt und können auch sehen, wo das Geld ausgegeben wurde. 

Per Wallet ans Geld des Nachwuchses gelangen

Für Kinder selbst ist das natürlich ungünstig, weil sie nicht mehr so gut flunkern können, was sie mit ihrem Taschengeld getrieben haben. Für viele Eltern und die Mutter aller Internetfirmen, also Google selbst, ist das neue Feature aber wichtig, und zwar aus zweierlei Gründen. Zum einen konnten Eltern, die nicht bei einer Online-Bank mit entsprechendem App-Angebot waren, ihren Kindern Tab-to-Pay bislang nur dann einrichten, wenn sie und ihre Kinder ein Apple-Smartphone besaßen. Und das kann ganz schön ins Geld gehen, immerhin sind die günstigsten iPhones rund doppelt so teuer wie die günstigsten Modelle mit dem von Google entwickelten Android-Betriebssystem. Solche Smartphones gibt es schon ab rund 200 Euro. Für Familien dürften Android-Smartphones also attraktiver werden. Immerhin haben heute schon 20 Prozent der Sechsjährigen ein Smartphone in der Tasche. Und weil Kinder Kinder sind, wäre vielen Eltern eine günstigere Variante sicherlich nur recht. Zum anderen zieht Google mit den Kindern, die ihre Modelle nutzen, auch gleichzeitig eine neue Kundengruppe heran. Können sie mit ihrem Smartphone zahlen, könnte Google so ans Geld der Eltern und langfristig auch ans Geld der Heranwachsenden kommen. 

Diese Erkenntnis hat bei Google lange auf sich warten lassen. Andere waren da schneller und schlauer. Viele Fintechs haben schon lange ein Angebot für Minderjährige, wie etwa Revolut. Das System ähnelt einer Prepaid-Karte: Eltern können das Guthaben von ihrem Nachwuchs aufladen. Dieser kann das ihnen zur Verfügung gestellte Geld dann offline und online ausgeben. Ähnlich funktioniert die Familienfreigabe von Apple Pay: Hier können Eltern mit ihrem hinterlegten Bankkonto ein gesondertes Kinderkonto mit einem bestimmten Budget einrichten. 

Wermutstropfen der Wallet: Geld ausgeben geht nur offline

Die Tab-to-Pay-Variante von Google hinkt da ein bisschen hinterher, und zwar nicht nur zeitlich. Kinder und Jugendliche sollen ausschließlich in stationären Geschäften zahlen können. Obwohl Google als Internet-Pionier gilt: Onlinekäufe schließt Google aus. Einerseits ist das gut und richtig, weil längst klar ist, dass digitale Transaktionen das Gefühl für Geld und seinen Wert verschwimmen lassen. Andererseits dürfte das die Wallet unattraktiver für Jugendliche machen, weil sie ihr Taschengeld nicht für Musik, Spiele oder Online-Tickets ausgeben können. Und auch Eltern haben es nicht so leicht wie bei konkurrierenden Produkten: Während anderswo ein bestimmtes Budget festgelegt werden kann, müssen Google-Wallet-Nutzende immer ein Auge auf die Ausgaben haben. Werden die Kinder ein bisschen zu spendabel, können Eltern zwar eingreifen und die Karte sperren oder ganz aus der Wallet entfernen. Doch ein Ausgabenlimit oder ein bestimmtes Guthaben ist nicht geplant. 

Dass Google dafür noch länger als andere Anbieter gebraucht hat, dürfte vor allem an den gesetzlichen Hürden und dem eigenen Geschäftsmodell liegen: Kinder sind nur bedingt geschäftsfähig, wodurch Eltern zwingend die Kontrolle über die digitalen Transaktionen haben müssen. Der sogenannte Taschengeldparagraph regelt in Deutschland, dass Minderjährige über eine bestimmte Summe frei verfügen dürfen. Dadurch wäre eine Ausgabenkontrolle eigentlich schon erforderlich. Da die Kinder-Wallet aber erst einmal in den USA an den Start geht, bleibt Google noch etwas Zeit, über eine Lösung nachzudenken. Und das wird nicht das einzige Thema sein: Wenn die Wallet nach Deutschland kommt, stellt sich die Frage des strengen Jugendschutzes und der noch strengeren Datenschutzgesetze für Kinder. Google ist nicht gerade bekannt für vorbildlichen Datenschutz, immerhin sind Daten eine Kernsäule des Geschäftsmodells. 

Andere Anbieter lösen das bislang schlauer, wie etwa Bling – weil es eben genau das ist, was die Kinder-Wallet von Google zu sein vorgibt: digitales Taschengeld. Kinder bekommen bei Bling eine eigene Karte, die nicht auf das Bankkonto der Eltern zugreift. Das Taschengeld wird automatisch überwiesen. Damit ist der größte Angst-Faktor vieler Mütter und Väter eliminiert: dass die Kinder, wenn auch unabsichtlich, irgendetwas seltsames treiben und das elterliche Konto am Ende leergeräumt ist.

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Autor

  • Isabel Fisch ist Journalistin im Journalistenbüro dreimaldrei und schreibt seit April 2024 regelmäßig für Payment & Banking.

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