„Die Story hinter Request to Pay ist doch geil“

Die Story hinter Request to Pay ist doch geil

Seit drei Wochen ist Alexander Jäger CEO des Fintech-Pioniers Gini. Im Interview erklärt er, wie es zu dem Wechsel an der Spitze des Start-ups kam und warum das Fintech sich neu erfinden muss. 

Gut drei Jahre hat Alexander Jäger bei Gini gebraucht, bis er nun CEO geworden ist. Er beerbt Gründer Holger Teske, der als Gesellschafter seinem Start-up erhalten bleibt. Das B2B-Fintech ist mit Fotoüberweisungen groß geworden. Hat eine Bank die Technologie von Gini implementiert, können ihre Kunden so gedruckte Rechnungen unkompliziert erfassen und bezahlen. Es dürften nun spannende Zeiten für den ehemaligen Leiter einer Kletterhalle werden. Denn Gini arbeitet an weiteren Produkten, setzt auf Request to Pay, womit sich Bezahlvorgänge zwischen Handel und Käufer:innen vereinfachen lassen und mit Gini Pay Connect auf private Krankenversicherungen – nur hält sich beiden Angeboten die Begeisterung von Banken und Versicherungen noch in Grenzen.

Herr Jäger, für einige Beobachter:innen kam es doch relativ überraschend, dass Holger Teske sich aus der Geschäftsführung seines Start-ups zurückzog. Nun sind Sie der neue CEO. Wie kam es dazu? 

Also für uns kam es nicht so überraschend. Wir haben nun schon länger daran gearbeitet, dass Holger Teske die Geschäftsführung übergeben wird. 2022 wurde ich Prokurist, im vergangenen Jahr dann COO. Viel mehr wollten wir uns mit dem Wechsel bewusst Zeit lassen, damit Gini dann gut aufgestellt ist. 

Und das ist jetzt Ihrer Meinung nach der Fall? 

Wir haben eine 90-prozentige Geschäftsabdeckung bei den Banken in Deutschland. Haben nun mehrere Produkte auf dem Markt. 2021 haben wir mit Ottonova den ersten Versicherer als Kunden gewonnen. Jetzt kommen mit der VKB und der UKV zwei weitere private Krankenversicherungen hinzu. Den Produktbereich verantwortet jemand, der lange bei Klana war. Im E-Commerce sitzt ein ehemaliger Kollege von Amazon und der Sales-Bereich wird von jemandem geleitet, der einige Zeit für Unternehmen aus dem Silicon Valley tätig war. Ich sehe Gini nun nicht mehr als Start-up, sondern als Grown-up. 

Das zeigt sich doch sicherlich auch in den Geschäftszahlen. Ihr Gewinn lag 2022 zum Beispiel bei einer Million Euro. Wie aber steht es um den Umsatz?

Zum Umsatz machen wir keine absoluten Angaben. Was ich aber sagen kann: Wir haben ihn seit 2020 um 58 Prozent gesteigert. Zudem sind wir schon seit 2018 profitabel. Derzeit haben wir knapp 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Man kennt Gini vor allem für die Fotoüberweisungen. Doch hat das Zukunft? 

Noch wächst dieses Geschäft, und zwar mit über 40 Prozent pro Jahr. Uns muss aber klar sein, dass es eine Fotoüberweisung irgendwann nicht mehr geben wird. Aktuell wird eine digital erstellte Rechnung ausgedruckt. Die fotografiert ein Kunde dann ab, um sie wieder für seine Bank zu digitalisieren. Das ist nicht effizient. Irgendwann wird das komplett digital laufen und dann braucht es Fotoüberweisungen nicht mehr. Deshalb versuchen auch wir, digitaler zu denken. 

Was machen Sie stattdessen? 

Wir versuchen grundsätzlich Payment einfacher zu machen. Wir suchen uns dazu Nischen im Payment-Bereich, in denen es noch keine großen Wettbewerber gibt. So ist auch die Idee für Gini Pay Connect entstanden: Hat eine private Krankenversicherung das im Angebot, können ihre Versicherten die Rechnungen vom Arzt bei ihr für die Erstattung hochladen und sie dann direkt bezahlen. Sonst müssten sie dafür noch in eine Banking-App wechseln. Davon profitieren also die Versicherer, weil sie ihren Kunden das Leben vereinfachen und Banken nehmen Kontakt zu einer weiteren Zielgruppe auf. Denn meistens nutzen das Angebot junge, überdurchschnittlich gut verdienende Menschen. Vor drei Jahren haben wir begonnen, mit der VKB über diese Funktion zu sprechen. Dass die genauso wie Ottonova und der UKV darauf nun setzt, zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Drei Jahre klingen nach einem zähen Verkaufsgespräch. 

Banken und Versicherungen sind meistens nicht die schnellsten, wenn es um die Etablierung neuer Technologien geht. Zudem versuchen sie ja auch selbst, neue Funktionen zu entwickeln. Eine Reihe von großen privaten Krankenversicherern hat zum Beispiel lange versucht, mit dem Joint Venture „Meine Gesundheit“ eine App auf die Beine zu stellen. Das hat Kapazitäten gekostet. Und dass das heute kaum einer kennt, zeigt wie schwer sowas den großen Häusern fällt.

Sie setzen zudem auf SEPA Request to Pay. Wie gut läuft das? 

Bei unserem Request-to-Pay-Gipfel im vergangenen Jahr waren viele große Banken und Händler dabei. Passiert ist danach in der Branche tatsächlich wenig. Auch wenn das Thema heiß diskutiert wird, spricht das Bände. Ökosysteme aufzubauen, braucht eben Zeit. Wir sehen auf jeden Fall Potenzial für einen offenen Standard, der Vorteil für alle bringt.

Oder es hat außer Ihnen doch keiner Bock drauf. 

Vielleicht war bisher einfach der richtige Zeitpunkt noch nicht da. Die Branche beschäftigt sich mit vielen Payment-Methoden, startet auch selbst immer wieder Initiativen. Da müssen wir erstmal durchdringen. Aber die Story hinter Request to Pay ist doch geil! Kunden können ihre Banking-App nutzen, um beim Händler zu bezahlen. Das macht ihnen das Leben wieder einfacher – und es stärkt die Bindung zu ihrer Bank. Und wer einmal eine starke Bindung zu seiner Bank aufgebaut hat, wird sie auch nicht so schnell wechseln, oder auf einen weiteren Zahlungsanbieter wie Paypal setzen. Aktuell nutzen Bankkunden ihre App ja meistens nur, um den Kontostand zu prüfen und klassische Überweisungen zu tätigen. 

Damit stoßen Sie aber doch in einen Markt vor, der sehr umkämpft ist und in dem es viele Player gibt: Irgendwann kommt der digitale Euro, mit dem man auch beim Händler bezahlen können soll, dann wäre da Wero. Visa und Mastercard sind schon lange da und Paypal gibt es natürlich auch noch. Von einer Nische, in der es keine Konkurrenz gibt, kann man da nun wirklich nicht sprechen. 

Es stimmt, deshalb sehen wir Request to Pay auch nicht an erster Stelle für uns. Aber: Wenn man in so ein Rennen einsteigt, muss man entweder viel Geld im Rücken haben oder schnell technologisch vorne liegen. Wir sind immer noch einer der wenigen Anbieter, der Banken Request to Pay ermöglicht. Wir sehen da also durchaus Chancen für uns. Ich bin mir sicher, dass Request to Pay seine Berechtigung haben wird, weil es Payment eben vereinfacht. In naher Zukunft wird es aber wohl nicht das eine, alles dominierende, Bezahlsystem werden.  

Vielen Dank für das Gespräch.

Autor

  • Jan Schulte ist freier Journalist und Mitgründer des dreimaldrei Journalistenbüros. Er schreibt unter anderem für den Tagesspiegel Background Sustainable Finance, die ZEIT und die WirtschaftsWoche. An der Finanzbranche fasziniert ihn, dass inzwischen jeder angeblich Nachhaltigkeit schon immer in seiner DNA stehen hatte.

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