Die Sparkasse: „Wir machen das mit den Gebühren!“

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Die Sparkasse galt einst als Bank des kleinen Mannes, persönlich, nah, erreichbar – und eben nicht als Abzocker. Dieses Image bröckelt und sollten die Institute das nicht bald reparieren, droht ein folgenschwerer Absturz. Eine Abrechnung.

Die Payment and Banking-Szene ist unzweifelhaft niemals langweilig. Kein Monat vergeht, ohne dass neue Produkte, Banken, Fintechs und Payment-Lösungen auf den Markt kommen. Aber wer braucht das eigentlich alles und muss man das alles gut finden? Unser Autor Nils Wischmeyer beleuchtet in seiner Kolumne „Nils nörgelt“ monatlich ein Produkt, Thema oder eben den „letzten heißen Scheiß“. Etwas zu meckern gibt es schließlich (fast) immer.

Es ist die wohl berühmteste Sparkassen-Werbung, die je über die Bildschirme der heimischen Flachbildschirme geflattert ist. In einem Raum mit einem großen Konferenztisch sagt ein gehetzter Manager mit schneidender Stimme: „Die Kunden laufen uns davon“ und fordert Vorschläge aus der Runde mittel alter Männer und Frauen in grauen Anzügen. Einer schlägt bunte Fähnchen vor, eine Dame kontert: „Oder wir machen es wie die Sparkassen: „Persönliche Beratung, quasi überall kostenfreie Geldautomaten, immer eine Filiale in der Nähe und das alles in einem Konto.“ Dazu hält sie eine Girocard hoch, Applaus brandet auf, doch aufgrund des Aufwands entscheidet der Boss: „Wir machen das mit den Fähnchen.“ Ein Moment, der in die deutsche Werbegeschichte eingehen sollte.

Versprechen werden nicht eingehalten

Zehn Jahre ist es her, dass diese Werbung lief und seither muss man leider sagen: Von den vielen Versprechungen in diesem Video ist eigentlich nicht viel geblieben. Statt immer besser wird das Angebot der meisten Sparkassen nämlich immer schlechter, teurer und unzuverlässiger. Wo die Sparkasse früher das Image der Bank des kleinen Mannes nach außen trug, ist heute nur noch ein blasses Abbild davon übrig. Aus einem großen Filialnetz ist ein mickriger Rest geblieben, aus persönlicher Beratung als erste Anlaufstelle ein Chatbot – und das kostenlose Abheben schaffen die Sparkassen gerade ab, noch dazu erheben sie Gebühren, die vollkommen abstrus sind.

Die Sparkassen sind auf einem gefährlichen Weg

Man muss deshalb recht klar urteilen: Die Sparkassen sind auf einem gefährlichen Weg, einem, der sie nicht mehr unterscheidbar macht von anderen Banken. Einem, der die Kunden in die Arme der Digitalbanken treibt. Und vor allem einem Weg, von dem sie schnellstmöglich abkommen müssen. Sonst droht der Bedeutungsverlust einer einst großen Institution, was Mensch, Bank und Gesellschaft schaden würde. Doch Besserung ist bisher nicht in Sicht, im Gegenteil: Die absurdesten Entscheidungen sind die neuesten.

Exemplarisch für das Desaster ist aktuell sicherlich die Sparkasse München. Diese will ab dem 01. Oktober ein neues Preismodell einführen, das den Kundinnen und Kunden ganz neue Möglichkeiten bietet. Da ist unter anderem das Modell „München Giro“, das mit einem Preis von 2,95 Euro im Monat um die Ecke kommt und auf den ersten Blick recht fair bepreist scheint – bis der Kunde dann ins Kleingedruckte schaut. Dort heißt es, dass jede Buchung vom und auf das Girokonto mindestens 49 Cent kostet, das gilt auch für Buchungen von der Girokarte.

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Noch dazu sollen die Kunden auch 35 bis 49 Cent bezahlen, wenn sie sich ein paar Scheine am Automat holen, oder aber direkt 4,90 Euro auf den Tisch legen, wenn sie am Schalter mehr als zwei Mal im Monat Geld abheben wollen. Das heißt, mit meiner DKB-Karte kann ich bei der Sparkasse bald günstiger Geld abheben als als Sparkassen-Kunde. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Erst wer fast 12 Euro im Monat berappt, kriegt all das all inklusive.*

Sparkassen glauben, man könne sie nicht ersetzen: ein Trugschluss

Nein, diese Preise sind kein Scherz – aber Ausdruck des Problems, das bei Sparkassen schon länger vorherrscht. Weil sie sich für unverzichtbar halten, glauben sie, immer dreistere Preise und Bedingungen bei den Kunden durchsetzen zu können und werden bei diesen Erhöhungen immer realitätsferner. 11,95 Euro für ein Konto zu verlangen, auf dem vielleicht 10.000 oder 20.000 Euro liegen, mit denen die Sparkasse in Zeiten von hohen Zinsen super arbeiten kann, ist einfach nur dreist. Es ist weit weg von jeglicher Vernunft. Und da soll mir auch niemand damit kommen, dass die Regulatorik oder die bösen Bankautomaten-Sprenger da die Kosten nach oben treiben würden. Wären die Banken einfach gut aufgestellt, würden neue regulatorische Maßnahmen sie gar nicht treffen, weil sie die neuen hohen Standards ja sowieso lääääängst umgesetzt haben. Oder nicht, liebe Banker?

Fragwürdige Entscheidungen prägen die letzten Jahre

Es ist ohnehin nicht die erste Entscheidung, die mal mindestens Fragen aufwirft. Da gab es etwa die Kündigung von mehr als 30.000 Kunden bei der Sparkasse KölnBonn, weil diese Kunden den – viel zu langen und unverständlichen – neuen Geschäftsbedingungen nicht zugestimmt hatten. Oder die fragwürdigen Fonds der Deka, die ihren Kunden eher Verluste, denn Gewinne einbringen und teils horrende Gebühren aufrufen. Laut den Kollegen vom RND landet sogar jeder dritte Euro, den Kunden bei der Sparkasse anlegen, am Ende als Gebühr bei eben jenen Instituten, die doch eigentlich die Guten im Spiel der bösen Banken sein wollten – anstatt auf dem Konto des Kunden.

Als wäre das nicht genug, verkleinern die Sparkassen ihr Filialnetz. Damit werden sie ihrem Anspruch von der „Bank vor Ort“ schon längst nicht mehr gerecht. Aus 9000 wurden zuletzt rund 7700 Filialen, aus dem persönlichen Ansprechpartner nur noch einer, für den ich ins Auto steigen müsste. Wenn sie mich nicht ohnehin an einen Chatbot verweisen, der Linda heißt, immer da ist – und genau gar keine Frage vernünftig beantworten kann.

Die großen Gewinner des Sparkassen-Desasters sind Digitalbanken

Die Sparkassen werden durch diese Entscheidungen vor allen anderen Dingen eines: austauschbar. Weder sind sie persönlicher, noch digitaler, noch näher – und in keinem Fall günstiger. Das ist aus gesellschaftlicher Sicht traurig! Die Sparkassen wollten doch die Geldhäuser sein für den kleinen Mann, die kleine Frau, persönlich und bezahlbar. Es ist aber auch aus geschäftspolitischer Sicht ein Desaster, solche Entscheidungen zu treffen. Denn der Abbau der Filialen mit der gleichzeitigen Erhöhung teils absurder Gebühren, treibt die Kundinnen und Kunden schnurstracks in die Arme von Banken wie der DKB, der ING oder auch N26. Dort werden sie herzlich aufgenommen. Zumindest von den Banken, die gerade keine Wachstumsbeschränkungen haben.

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*Die Diskussion ist in vollem Gang, womöglich müssen sie die Preise wieder anpassen, weil es so viel Kritik gab.

Autor

  • Nils Wischmeyer ist Gründer des Journalistenbüros dreimaldrei und schreibt unter anderem für die Süddeutsche Zeitung, die Wirtschaftswoche und die brandeins. An der Finanzbranche findet er (fast) immer was zum Nörgeln.

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