Wir erleben einen beispiellosen globalen Wandel in der Demografie. Unsere Gesellschaft altert, wir leben länger, gesünder und produktiver. Die Lebenserwartung hat sich deutlich verbessert, und wir haben seit Anfang des 20. Jahrhunderts, Jahrzehnte gesundes Leben, dazugewonnen. Neben der längeren Lebensdauer bleiben wir auch länger als bisher berufstätig. Bald wird es so sein das fünf Generationen parallel nebeneinander arbeiten. Nicht nur „wann“ oder „wie lange“ wir arbeiten, auch „wie“ wir unseren Lebensunterhalt verdienen, hat sich verändert.
Es gibt eine wachsende Anzahl von vorübergehend Beschäftigten, die an der Gig Economy teilnehmen. Auch gibt es mehr Frauen, die als je zuvor in die Belegschaft eintreten oder sogar ein eigenes Unternehmen gründen. Laut dem Women’s Business Enterprise National Council (WBENC) gibt es in den USA 12,3 Millionen weiblich geführte Unternehmen, und Frauen besitzen inzwischen vier von zehn Unternehmen.
Vorbei sind die Tage der Haushalte mir nur einem festen Einkommen und mit einem festen Gehalts-scheck. Zu dem immer komplexer werdenden Bild kommen unsere vielfältigen finanziellen Verpflichtungen hinzu, vom Unterricht für unsere Kinder bis hin zur finanziellen Betreuung unserer Eltern.
Wie innovieren sich unsere Finanzinstitute, um den Bedürfnissen unserer sich wandelnden Welt gerecht zu werden? Lasst uns in dem Fall mal wieder den Blick nach Osten richten…
Die Geschichte von Grab
Grab begann 2012 als Ride Hailing Company in Singapur. Seitdem hat es sich zur führenden Super-App Südostasiens entwickelt, die mit 1,46 Milliarden US-Dollar aus dem Softbank Vision Fund finanziert wurde. Neben dem Transportwesen verfügt das Unternehmen heute über ein robustes Lebensmitteldistributionsgeschäft und eine ständig wachsende Finanzdienstleistungs-Plattform, mit dem Ziel, das größte Händlernetz der Region, Anbieter von Versicherungspolicen und Fintech-Kreditgebern zu werden. Zu den neu eingeführten Finanzdienstleistungs-angeboten unter der Marke „Grow with Grab“ gehören Zahlungen und Mikrokredite, die sich insbesondere an die 9 Millionen Mikrounternehmer richten, die Grab heute bedient.
Woanders in den USA ermöglichen verschiedene Fintechs es den Unternehmen, die Arbeitnehmer für fertiggestellte Arbeiten sofort zu bezahlen. So können beispielsweise Kaviar-Kuriere, die das Square Cash verwenden, unmittelbar nach der Lieferung auf das Geld zugreifen. Die Märkte, die Stripe Connect verwenden, können Sofortauszahlungen an Verkäufer oder Dienstleister senden.
In der Zwischenzeit haben Uber und GoBank eine Partnerschaft geschlossen, um den Uber-Fahrern sofortigen Zugriff auf angesammelte Gelder über das GoBank-Girokonto und die Debitkarte zu ermöglichen; und Earnin schickt die Einnahmen der Arbeiter sofort auf ihre Bankkonten – anstatt das sie darauf warten müssen. Alle diese scheinbar kleinen Innovationen sind heutzutage wichtig, vor allem für viele Verbraucher, bei denen die zweimonatlichen Zahlungszyklen nicht mit ihren Rechnungen übereinstimmen, was dazu führt, dass sie sich zusätzlich mit Kreditkartenschulden und Überziehungsgebühren belasten müssen, um die Lücke zu schließen.
Das mehrstufige Leben
Aber die Geschichte hört nicht bei der Gehaltsabrechnung auf. Wenn wir länger und gesünder leben, was machen wir dann mit diesen zusätzlichen Jahren? Traditionelle Pension und Ruhestandpläne gehen von einem direkten Bildungs- und Karrierepfad und einem harten Stopp im Alter von 65 Jahren aus.
Aber eine längere Lebensdauer wird es uns ermöglichen, nicht nur länger zu arbeiten, sondern auch mehr Risiken einzugehen und neue Dinge auszuprobieren – neu zu erfinden, uns neu zu qualifizieren, vielleicht sogar ein neues Unternehmen zu gründen. Tatsäch-lich sind laut der Kauffman-Stiftung über die Hälfte aller Neugründer in den USA über 45 Jahre alt.
Und bis zu 85 % der Arbeitsplätze, die 2030 zur Verfügung stehen werden, existieren, für die heutigen Absolventen, noch gar nicht – es ist nie zu spät, sich selbst zu kannibalisieren. 50 wird in der Tat das neue 30.
Ist der Ruhestand angesichts dieses neuen Paradigmas noch relevant? Oder sollten wir den traditionellen Begriff des Ruhestandes aufgeben und darüber nachdenken, wie wir unsere Ersparnisse verwalten und ausbauen sollen? Wie Professor Andrew Scott in seinem Bestseller 100 Year Life schrieb: „Die einfache Wahrheit ist, dass, wenn man länger lebt, man mehr Geld braucht. Das bedeutet, entweder mehr zu sparen oder länger zu arbeiten.“ Aber was können Finanzdienstleistungsunternehmen bei einer relativ niedrigen Spar- und Investitionsquote tun, um die Verbraucher zu gesünderen Finanzgewohnheiten zu bewegen?
Dazu gehört auch das Verständnis des aktuellen Langlebigkeitstrends. Das Altern ist zwar universell, aber wie wir altern, ist nicht homogen – und wir können den Einzelnen und seine Bedürfnisse nicht mehr nach Alter segmentieren. Ein 50-Jähriger ist heute ganz anders als ein 50-Jähriger vor zwanzig Jahren. Ein 50-Jähriger in China ist auch anders als ein 50-Jähriger in Europa oder den USA. Auch ihre finanziellen Bedürfnisse, Wünsche und Verpflichtungen sind wahrscheinlich unterschiedlich. Vielleicht ist der beste Weg, ihnen etwas anzubieten, besser zu verstehen, wo sie sich in ihrer Lebensphase befinden. Jemand, der Kinder durch die Schule bringt, wird wahrscheinlich ganz andere Bedürfnisse haben als jemand als „Empty-Nester“ – obwohl sie im gleichen biologischen Alter sein könnten. Ebenso wird ein Unternehmer, der ein neues Unternehmen gründet, andere Bedürfnisse haben als diejenigen, die noch in traditionellen Unternehmens- oder Fertigungsfunktionen tätig sind.
In einer zunehmend vernetzten Welt, in der wir digitale Brotkrümel in fast allen Bereichen unseres Lebens hinterlassen, könnten sich neue Technologien wie Datenanalyse und künstliche Intelligenz als nützlich erweisen, um nicht nur kontextuelle Erkenntnisse auf der Grundlage von Gewohnheiten zu liefern, sondern auch Leitlinien oder sogar für Entscheidungen, die automatisch in unserem eigenen Namen getroffen werden.
„Neue Technologien könnten sich für Entscheidungen als nützlich erweisen, die in unserem Namen getroffen werden.“
Genauso wie wir in der neuen Ära flexibler werden müssen, ist es von größter Bedeutung, dass Finanzdienstleistungen innovativ sind und sich an die sich ändernden Bedürfnisse unserer Gesellschaft anpassen. Mit längerer Lebensdauer und längerer Rentabilität könnten wir es uns leisten, mehr finanzielle Risiken einzugehen als je zuvor; kleinere Beträge zu sparen, wird mit dieser verlängerten Zeit viel größere Auswirkungen auf unser Leben haben. Wir müssen liquider denn je sein, wenn es um die Verwaltung unserer Vermögenswerte geht, wenn es darum geht, mehr Auf- und Abwärtszyklen zu erwarten und unsere Finanzinstrumente aufeinander abzustimmen, um eine größere Frequenz von Mehrgenerationenhaushalten und die wachsende Komplexität unserer finanziellen Verpflichtungen zu planen.
Es ist für uns wichtiger denn je, in unser zukünftiges Selbst zu investieren – und die zusätzliche Zeit zu nutzen, die wir haben. Die Frage ist, werden uns die Finanzinstitute durch diese „neue Normalität“ führen, oder werden wir uns zunehmend auf Fintech- und Big-Tech-Plattformen verlassen, um unseren Finanzbedarf zu decken? Schließlich sollte die Zukunft des Alterns keine Geschichte des Überlebens sein – sondern eine des Lebens.