Dürfen wir vorstellen: Stefan Krautkrämer von FinTecSystems
Das Arbeiten in der FinTech Branche gleicht einem Kommen und Gehen, setzt ein hohes Maß an Professionalität in einem durchaus lockeren Arbeitsumfeld voraus und ist vor allem geprägt von Innovationen sowie guten, klugen und zukunftsorientierten Ideen, so der weit verbreitete Konsens. Doch wer sind eigentlich die Köpfe und Macher hinter diesen kreativen Denkprozessen, an der Schnittstelle zwischen Finanzen, digitalen Technologien und Gründertum? In unserer Reihe Die Gesichter der FinTech Branche stellen wir regelmäßig einer Person aus der Payment- und Banking-Industrie die gleichen zehn Fragen. Diesmal beantwortet Stefan Krautkrämer unsere Fragen.
Dürfen wir vorstellen…
Während unseres Arbeitsalltags begegnen uns immer wieder spannende Menschen, die im gleichen Umfeld tätig sind, die uns nur einmal oder immer mal wieder begegnen oder uns sogar schon privat sehr ans Herz gewachsen sind – jeder von Ihnen hat eine eigene Geschichte. Wir haben ein paar dieser Menschen aus unserem nächsten FinTech-Umfeld interviewt, um ihnen ein Gesicht zu geben. Um zu teilen, warum diese Branche für sie viel mehr ist als eine weitere Art, seine Miete zu bezahlen. Diese Menschen und deren Vita möchten wir in einer ganz eigenen Kategorie kurz porträtieren und vorstellen und haben dazu einen immer gleichen Fragenkatalog entworfen.
Diesmal beantwortet Stefan Krautkrämer unsere Fragen. Stefan ist CEO & Co-Founder vom Banking-API-Anbieter FinTecSystems.
Wer bist Du, was machst Du?
Ich habe zusammen mit Dirk Rudolf 2014 die FinTecSystems GmbH gegründet. FinTecSystems hat sich auf Open Banking-Infrastruktur und Datenanalyse spezialisiert. FTS ist im Bereich des Open Bankings klarer Marktführer in der DACH-Region. Wir ermöglichen den Zugang zu über 6.000 Banken und erreichen damit über 500 Millionen Endkunden. Mehr als 150 Unternehmen, darunter Banken wie Santander, DKB oder N26 sowie alle nationalen Vergleichsplattformen wie z.B. Check24, vertrauen auf unsere Technologie und Datenanalyse.
Wie sieht ein klassischer Tag in Deinem Leben aus?
Ein klassischer Ablauf ist in etwa so: Morgens nach einem Kaffee geht’s aufs E-Bike und ich radle die zehn Kilometer in unser Büro nach München, so kommen im Jahr 3.500 Kilometer zusammen. Mindestens dreimal die Woche bin ich zudem auf “Fintech Mission”, zum Beispiel bei unseren Kunden in Berlin, Frankfurt, Hamburg, Wien und Köln. Dabei reise ich immer mit dem Zug, ich bin stolzer Inhaber einer Bahncard 2. Klasse der Deutschen Bahn.
Was waren Deine ersten Berührungen mit der Payment- und Banking-Industrie?
Ich bin mit Banking und Payment erstmals in Berührung gekommen im Jahr 2005 und habe später als COO die Sofortüberweisung von Anfang an aufgebaut. Daraus wurde dann einer der ersten großen Erfolgsstories mit einem Exit von über 150 Mio. USD. Als ich angefangen habe bei SOFORT, das damals noch Payment Network hieß, war daran noch lange nicht zu denken. Ich erinnere mich, dass ich selbst den DSL-Anschluss in unserem ersten Büro verlegt habe, um überhaupt mal erreichbar zu sein.
Wann hast Du das Wort FinTech das erste Mal wahrgenommen?
Das erste Mal wissentlich bemerkt habe ich den Ausdruck rund um unsere Gründung von FinTecSystems im Jahr 2014.
Wie definierst Du FinTech?
Für mich liegt der Fehler schon im Wort selbst, denn eigentlich müsste es ja TechFin heißen. Im Kern geht es doch darum, dass alle Prozesse digital abgewickelt werden. Da wäre es doch zu erwarten, dass die Technologie und die IT vor der Finanzindustrie genannt werden müsste. Aber FinTech klingt natürlich besser.
Was glaubst Du machen etablierte Unternehmen besser als FinTechs?
Die Frage impliziert, dass FinTechs keine etablierten Unternehmen sein können. Das sehe ich anders und wir sind dabei mit FTS das Gegenteil zu beweisen.
Was kann man von FinTechs lernen?
Grundsätzlich sind die gedankliche Flexibilität, die Geschwindigkeit und das “Großdenken” im Bezug auf Kundenorientierung die Erfolgsfaktoren bei vielen FinTechs. Das heißt, die Ambition, Produkte für übermorgen heute schon zu bauen – und damit leben zu können, dass dieses Produkt dann eben noch nicht 80 Prozent des bisherigen Geschäfts ausmachen. Meine Überzeugung ist, dass Disruption nur demjenigen weh tut, der sich davor versteckt. Diesen Mut, Veränderung als etwas Positives zu sehen, kann man sicher auch von FinTechs lernen.
„Den Mut, Veränderung als etwas Positives zu sehen, kann man von FinTechs lernen.“
Wieso tun sich etablierte (große) Unternehmen bei der Digitalisierung eigentlich so schwer?
Aus meiner Sicht ist ein großer Fehler, Projekte nicht konsequent neu und damit digital zu denken. Denn es ist ja ganz klar: Wenn ich einen etablierten, teilautomatisierten Prozess habe und diesen nun um einen digitalen Prozess erweitere, habe ich am Ende zwei Prozesse. FinTechs bauen komplett neue Modelle, ausschließlich Digital. Man muss sich als großes Unternehmen bewusst eine “digital only“- oder zumindest eine “digital first“- Philosophie verordnen, am besten in der ganzen Organisation. Wer das ganz hervorragend umsetzt ist beispielsweis die Erste Bank in Österreich.
Was würdest Du beruflich machen, wenn Du nicht in der Payment- und Banking-Industrie arbeiten würdest?
Das ist natürlich hypothetisch, aber ich bin mir sicher, ich würde immer Unternehmen gründen – ganz egal in welcher Branche.
Worauf bist du stolz?
Ganz große Befriedigung ist für mich, dass wir das Thema PSD2 initiiert und bis zum erfolgreichen Abschluss durchgesetzt haben. Denn die Liberalisierung des Zahlungsverkehrsmarktes haben wir mit der Sofortüberweisung damals angefangen und konsequent vorangetrieben.
Die Sofortüberweisung haben wir in 11 Ländern gebracht und dazu auch noch eine Vollbank aufgebaut – auch darauf kann man stolz sein. Das zweite große Projekt auf das ich stolz bin ist, dass wir nun auch das zweite erfolgreiche FinTech-Unternehmen aufgebaut haben.
Wieso gibt es nicht mehr Frauen in der Tech-Branche?
Es ist eine sehr Tech-lastige Umgebung, da dauert es etwas länger, wir dürfen die Geduld nicht verlieren. Ich kenne und schätze viele Tech-Frauen – und fördere sie aktiv. Wichtiger ist aber nicht das Geschlecht, sondern dass in dieser Zukunftsbranche einfach die besten Köpfe arbeiten – und das sind nicht nur Männer.
Bei welchem Unternehmen würdest Du gerne mal einen Tag arbeiten?
Bei der Deutschen Bahn.
Mit wem würdest Du gerne ein Bier trinken?
Mit jeder FinTech-Expertin beziehungsweise jedem FinTech-Experten. Lieber jedoch einen Sauvignon Blanc.