Dürfen wir vorstellen: Philipp Pohlmann von Qonto
Das Arbeiten in der FinTech Branche gleicht einem Kommen und Gehen, setzt ein hohes Maß an Professionalität in einem durchaus lockeren Arbeitsumfeld voraus und ist vor allem geprägt von Innovationen sowie guten, klugen und zukunftsorientierten Ideen, so der weit verbreitete Konsens. Doch wer sind eigentlich die Köpfe und Macher hinter diesen kreativen Denkprozessen, an der Schnittstelle zwischen Finanzen, digitalen Technologien und Gründertum? In unserer Reihe Die Gesichter der FinTech Branche stellen wir regelmäßig einer Person aus der Payment- und Banking-Industrie die gleichen zehn Fragen. Diesmal beantwortet Philipp Pohlmann unsere Fragen.
Dürfen wir vorstellen…
Während unseres Arbeitsalltags begegnen uns immer wieder spannende Menschen, die im gleichen Umfeld tätig sind, die uns nur einmal oder immer mal wieder begegnen oder uns sogar schon privat sehr ans Herz gewachsen sind – jeder von Ihnen hat eine eigene Geschichte. Wir haben ein paar dieser Menschen aus unserem nächsten FinTech-Umfeld interviewt, um ihnen ein Gesicht zu geben. Um zu teilen, warum diese Branche für sie viel mehr ist als eine weitere Art, seine Miete zu bezahlen. Diese Menschen und deren Vita möchten wir in einer ganz eigenen Kategorie kurz porträtieren und vorstellen und haben dazu einen immer gleichen Fragenkatalog entworfen.
Diesmal beantwortet Philipp Pohlmann unsere Fragen. Philipp leitet seit 2019 das Deutschlandgeschäft der Online Business Bank Qonto.
Wer bist Du, was machst Du?
Ich bin Philipp und leite seit 2019 das Deutschlandgeschäft der Online Business Bank Qonto. Nach langer Testphase haben wir unser Geschäftskonto diesen Januar offiziell nach Deutschland gebracht. In den ersten Monaten haben wir uns im Markt positioniert und es geht aktuell darum unser Produkt noch stärker auf die Bedürfnisse unserer deutschen Kunden abzustimmen.
Ich bin in meiner Rolle übergreifend für Qonto Deutschland verantwortlich und arbeite stark cross-functional und iterativ mit unseren Produkt-, Marketing-, Compliance- und Legal Teams an unserer Go-to-Market Strategie und dem weiteren Rollout.
Was waren Deine ersten Berührungen mit der Payment- und Banking-Industrie?
Ungefähr vor 10 Jahren während meines Studiums. Ich war damals Teil einer Study Association und habe die “Frankfurt Banking Tour” mit organisiert. Bei dem Event ging es in erster Linie darum den Studenten verschiedene Bereiche des klassischen Bankings näher zu bringen. Stark nachgefragte Themen waren damals noch Investment Banking und Asset Management. Nach dem Studium bin ich dann in verschiedenen Beratungsprojekten verstärkt beim Thema Zahlungsverkehr gelandet. Digital Payments hat mich besonders interessiert.
Wann hast Du das Wort FinTech das erste Mal wahrgenommen?
Schwer zu sagen. In 2011 habe ich während eines Praktikums im Private Equity verschiedene Fintechs untersucht. Damals habe ich diese Unternehmen allerdings noch nicht wirklich als Fintechs wahrgenommen. Das erste Mal differenziert habe ich Fintech wahrscheinlich in 2014 wahrgenommen. Damals haben wir versucht als Intermediary zwischen neuen Fintechs und klassischen Banken zu vermitteln. Die Sichtweise vieler Banken war, dass eine enge Zusammenarbeit mit Fintechs nicht notwendig wäre.
Wie definierst Du FinTech?
Für mich steht Fintech für eine technologiegetriebene Neugestaltung und für veränderte Sichtweisen im
Finanzsektor. Vor kurzem habe ich eine immersive Ausstellung von Vincent van Gogh besucht. Hier wurde durch aufwendige Projektion mehrerer tausend Bilder das Lebenswerk des Künstlers dreidimensional erlebbar gemacht. Im übertragenen Sinne ermöglicht Technologie eine kreative Neugestaltung und lässt so eine neue Sichtweise zu. Genau so sehe ich die Neugestaltung einzelner Finanzdienstleistungen durch Fintechs.
Was glaubst Du machen etablierte Unternehmen besser als FinTechs?
Erfahrung. Die meisten Fintechs haben bisher noch keinen wirtschaftlichen Downturn miterlebt. Sie sind stark vom Wachstumsgedanken geprägt und konzentrieren sich dabei auf sehr spezifische Lösungen. Die unterschiedlichen Produkt-Layer der Fintechs lassen sich dann über offene Schnittstellen wieder zusammensetzen. Finanzinstitute haben durch Jahrzehntelange Erfahrung viele der Bausteine in-house und sind bereits erfolgreich (obgleich oft durch Staatsanleihen) durch einige Krisen gekommen.
Was kann man von FinTechs lernen?
Eine neue Sichtweise auf etablierte Strukturen. Fintechs sind es gewohnt sich aus jedem Bereich das Beste zu nehmen und Produkte von Grund auf neu zu denken. Dabei bedienen Sie sich Modellen die nicht zwingend aus der Finanzindustrie kommen wie z.B. dem Subscription Model. Zusätzlich sind in Fintechs Produkt und Unternehmenskultur stark aufeinander abgestimmt, sodass die Produkte eine eigene Identität bekommen.
Wieso tun sich etablierte (große) Unternehmen bei der Digitalisierung eigentlich so schwer?
Eine klassische Bank besteht zu zwei Dritteln aus Technologie Altlast. Die Bilanz ist so groß, dass die Hauptaufgabe darin besteht, den Apparat am Laufen zu halten. Für “Digitalisierung”, oder Neugestaltung ist da kaum Platz. Großangelegte Digitalisierungs-programme werden wie ein Netz über sehr langsame und teilweise hoch komplexe Infrastruktur gelegt.
„Bei klassischen Banken ist für Digitalisierung kaum Platz.“
Oftmals entstehen Parallel-Organisationen in denen vergleichsweise kleine Teams über agiles Projektmanagement anfangen End-to-End Produktmanagement aufzubauen, während der Großteil der Organisation noch in einer Waterfall-Welt lebt.
Was würdest Du beruflich machen, wenn Du nicht in der Payment- und Banking-Industrie arbeiten würdest?
Ich würde wahrscheinlich ein data-as-a-service startup mit Fokus auf Data Collection und Visualisierung gründen. In meinen Augen werden Kundendaten oft nicht ausreichend verknüpft und viele Services fühlen sich immernoch wie Teillösungen an, die man dann als Kunde mühsam zusammensetzen darf. Die richtige Verknüpfung und Aufbereitung von Daten kann industrieübergreifend ein Schlüssel zu einem besseren Kundenverständnis sein.
Bei welchem Unternehmen würdest Du gerne mal einen Tag arbeiten?
Bei Deepmind. Ich denke wir stehen in der KI-Forschung noch ganz am Anfang und die wirklich großen Potentiale insbesondere im Verständnis von Systemen die kreativ denken und handeln können sind noch unerforscht. Gleichzeitig passiert schon wirklich viel und aktuell finde ich die Forschung im Bereich wellbeing spannend und würde gerne mehr darüber lernen.
Mit wem würdest Du gerne ein Bier trinken?
Da gibt es sehr viele und wenn es möglich gewesen wäre, hätte ich mich für Don Valentine entschieden. Da der aber bereits verstorben ist, wäre Matthew Walker aktuell meine erste Wahl. Ich habe vor kurzem “Why We Sleep” gelesen und war ziemlich begeistert. Das wir so wenig über unseren eigenen Schlaf wissen ist bemerkenswert. Ein Austausch mit Prof. Walker wäre sicher sehr aufschlussreich.