Die Gesichter der Branche: Oliver Schimek

Gesichter der Branche: Oliver Schimek

Dürfen wir vorstellen: Oliver Schimek von CrossLend

Das Arbeiten in der FinTech Branche gleicht einem Kommen und Gehen, setzt ein hohes Maß an Professionalität in einem durchaus lockeren Arbeitsumfeld voraus und ist vor allem geprägt von Innovationen sowie guten, klugen und zukunftsorientierten Ideen, so der weit verbreitete Konsens. Doch wer sind eigentlich die Köpfe und Macher hinter diesen kreativen Denkprozessen, an der Schnittstelle zwischen Finanzen, digitalen Technologien und Gründertum? In unserer Reihe Die Gesichter der FinTech Branche  stellen wir regelmäßig einer Person aus der Payment- und Banking-Industrie die gleichen zehn Fragen. Diesmal beantwortet Oliver Schimek unsere Fragen.

Dürfen wir vorstellen…

Während unseres Arbeitsalltags begegnen uns immer wieder spannende Menschen, die im gleichen Umfeld tätig sind, die uns nur einmal oder immer mal wieder begegnen oder uns sogar schon privat sehr ans Herz gewachsen sind – jeder von Ihnen hat eine eigene Geschichte. Wir haben ein paar dieser Menschen aus unserem nächsten FinTech-Umfeld interviewt, um ihnen ein Gesicht zu geben. Um zu teilen, warum diese Branche für sie viel mehr ist als eine weitere Art, seine Miete zu bezahlen. Diese Menschen und deren Vita möchten wir in einer ganz eigenen Kategorie kurz porträtieren und vorstellen und haben dazu einen immer gleichen Fragenkatalog entworfen.

Diesmal beantwortet Oliver Schimek unsere Fragen. Oliver ist Gründer und CEO vom Berliner Fintech CrossLend.

Wer bist Du, was macht Du?

Das kommt drauf an wer fragt. Eine technische Antwort wäre: Oliver, Physiker, Gründer und CEO von CrossLend. Aber weniger starr würde ich mich als passionierten FinTech-Problemlöser beschreiben, der fest daran glaubt, dass es manchmal für komplexe Probleme keine einfachen Lösungen gibt – und ich liebe die Herausforderung, je komplexer desto besser.

Gesichter der Branche: Oliver Schimek

Was waren Deine ersten Berührungen mit der Payment- und Banking-Industrie?

Das war der Geldautomat. Viel mehr habe ich von der Bankenwelt bis relativ spät gar nicht wahrgenommen. Das ist keine Industrie, die sich durch besondere Präsenz im Leben von Menschen auszeichnet – es sei denn es, funktioniert etwas nicht. Auch sah ich die Banking-Industrie als Physiker auch nicht als etwas besonders Spannendes an. Das geht vermutlich den meisten nicht-Bänkern so. Wenn man dann allerdings etwas näher in diese Industrie reinschaut, sieht man, dass die Wichtigkeit für unser tägliches Leben enorm ist und gleichzeitig die Lieferfähigkeit erschreckend bedroht ist. Das verspricht extrem spannende Herausforderungen und viel Potential für smarte Lösungen.

Wann hast Du das Wort FinTech das erste Mal wahrgenommen?

Witzigerweise war das erst, als ich schon in einem FinTech gearbeitet habe. Ich war damals CFO bei Kreditech und, klar, den Begriff hatte ich vorher schon gehört, aber mit der kompletten Naivität eines Industry-Outsiders habe ich es nicht für möglich gehalten, dass solch offensichtlich notwendige Technologien gar nicht in Banken entwickelt werden, sondern es dafür quasi eine eigene Branche geben muss. Erst dann wurde mir immer klarer, wie weit Banken eigentlich abgehängt worden sind, was Technologieentwicklungen angeht und wie hier einige Trends einfach grandios verschlafen worden sind. Seitdem bin ich big believer in das Konzept FinTech.

Wie definierst Du FinTech?

FinTech früher war die technologiegetriebene Umsetzung von nicht- oder leicht-regulierten Finanzdienstleistung außerhalb der Bank. FinTech heute hat sich weiterentwickelt und setzt auf Skaleneffekte durch Partnerschaft mit der Bank und geht auch Services aus dem hoch-regulierten Bereich an. FinTech ist dabei eine outgesourcte Entwicklung für Banken. Qua Design kann eine Bank nicht innovativ sein.

Für Innovation braucht es die Möglichkeit zu scheitern. Banken sind hingegen regulatorisch auf Stabilität getrimmt – das genaue Gegenteil. Entsprechend funktioniert FinTech heute eigentlich nur in Partnerschaft mit der Bank und zukünftig funktioniert auch Bank nur noch in Partnerschaft mit FinTech. Das haben auf beiden Seiten noch nicht alle verstanden, aber es wird immer besser.

„FinTech funktioniert heute nur in Partnerschaft mit der Bank und zukünftig funktioniert auch Bank nur noch in Partnerschaft mit FinTech.“

Was glaubst Du machen etablierte Unternehmen besser als FinTechs?

Das kann man nicht wirklich allgemein beantworten. Das kommt wohl stark darauf an, wie und wann sich das jeweilige Unternehmen etabliert hat. Unternehmen etablieren sich in der Regel dann, wenn Sie eine sehr gute Lösung für etwas mit hohem Fokus entwickeln. Ein überlegenes Produkt zu haben und sich zu fokussieren, ist für Erfolg wichtig. Diese Skills bringen allerdings auch viele FinTechs mit. Umgekehrt gibt es einige verfallende etablierte Unternehmen, wo mir gerade nichts einfällt, was die jetzt konkret besser machen würden als FinTechs. Und schlechte FinTechs gibt es natürlich auch.

Was kann man von FinTechs lernen?

Kurz gesagt: Agile Lösungsentwicklung mit voll-digitalem Ansatz gepaart mit nicht-politischer Arbeitsatmosphäre. Das jedenfalls ist das Kondensat aus vielen, vielen Gesprächen mit Bänkern.

Wieso tun sich etablierte (große) Unternehmen bei der Digitalisierung eigentlich so schwer?

Aus dem gleichen Grunde, warum der Typ der eigentlich ganz nett ist in seinem dicken Auto hohldreht, hupt, schreit und auf die anderen schimpft: Die trügerische Illusion von Unverletzbarkeit aus einer momentanen Position der Stärke heraus. Dazu kommen noch kurzgerichtete Kompensation- und Incentive Strukturen.

Gesichter der Branche: Oliver Schimek

Letztlich ist die Frage auch falsch gestellt, denn sie suggeriert den Trugschluss, dass Banken selbst digitalisieren würden.
Tun sie nicht, dieser Zug ist abgefahren. Die Welt um Banken herum wurde digitalisiert und Banken navigieren darin. Und da sieht man auch einen Grund für das Problem: Die Steuermänner von Banken sind keine Digitalkapitäne.

Das ist im Ergebnis so, wie wenn man eine Person mit einer wunderschönen, antiken analogen Taschenuhr die Zeitmessung bei der Formel 1 machen lässt. Bei Pferdekutschen aus der gleichen Epoche hat das noch gereicht. Das gilt natürlich nicht für alle. Aber häufig geben die Aktienkurse der Banken einen guten Aufschluss, denn Geld vertraue ich ja nur einer Bank an, von der ich denke, dass sie zukunftsfähig ist.

Was würdest Du beruflich machen, wenn Du nicht in der Payment- und Banking-Industrie arbeiten würdest?

Ich vermisse die Physik schon etwas. Dinge dort sind logischer und schlüssiger. Das ist gedanklich nicht so anstrengend wie die Finanzindustrie ;)

Bei welchem Unternehmen würdest Du gerne mal einen Tag arbeiten?

Eigentlich bei allen unseren Kunden. Das sind super Typen, die verstanden haben, dass Sie ihre Organisationen zukunftsfähig aufgleisen müssen. Das ist bisweilen harte Arbeit auf der anderen Seite.

Mit wem würdest Du gerne ein Bier trinken?

Ebenfalls mit unseren Kunden, nachdem ich dort einen Tag gearbeitet habe. Am Ende dürfen wir nie vergessen, dass wir nicht über Organisationen, sondern über Menschen auf der anderen Seite sprechen. Einige dieser Menschen sind mit uns durch langwierige Prozesse gegangen, haben sich exponiert und uns in ihren Organisationen intern vorangebracht. Viele coole Typen darunter. Mit vielen habe ich auch schon ein Bier getrunken ;)

Autor

  • Die studierte Soziologin und Medienwissenschaftlerin beobachtet, analysiert und schreibt als Journalistin seit vielen Jahren über die Startup- und Fintechszene. In der Vergangenheit arbeitete sie für führende on- und offline Gründer- und Wirtschaftsmedien im In- und Ausland, moderiert und schrieb mit Kollegen ein Buch über Unternehmen im Ruhrgebiet. Seit 2019 arbeitet sie für Payment & Banking, seit 2020 ist sie festes Redaktionsmitglied und ist in dieser Position verantwortlich für alle Themen Content, Planung und Entwicklung neuer Medienformate. In ihrer Zeit bei Payment & Banking ist sie zudem eine eifrige Podcasterin geworden.

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