Dürfen wir vorstellen: Nicole Wechsung von PAIR Finance
Das Arbeiten in der FinTech Branche gleicht einem Kommen und Gehen, setzt ein hohes Maß an Professionalität in einem durchaus lockeren Arbeitsumfeld voraus und ist vor allem geprägt von Innovationen sowie guten, klugen und zukunftsorientierten Ideen, so der weit verbreitete Konsens. Doch wer sind eigentlich die Köpfe und Macher hinter diesen kreativen Denkprozessen, an der Schnittstelle zwischen Finanzen, digitalen Technologien und Gründertum? In unserer Reihe Die Gesichter der FinTech Branche stellen wir regelmäßig einer Person aus der Payment- und Banking-Industrie die gleichen zehn Fragen. Diesmal beantwortet Nicole Wechsung unsere Fragen.
Dürfen wir vorstellen…
Während unseres Arbeitsalltags begegnen uns immer wieder spannende Menschen, die im gleichen Umfeld tätig sind, die uns nur einmal oder immer mal wieder begegnen oder uns sogar schon privat sehr ans Herz gewachsen sind – jeder von Ihnen hat eine eigene Geschichte. Wir haben ein paar dieser Menschen aus unserem nächsten FinTech-Umfeld interviewt, um ihnen ein Gesicht zu geben. Um zu teilen, warum diese Branche für sie viel mehr ist als eine weitere Art, seine Miete zu bezahlen. Diese Menschen und deren Vita möchten wir in einer ganz eigenen Kategorie kurz porträtieren und vorstellen und haben dazu einen immer gleichen Fragenkatalog entworfen.
Diesmal beantwortet Nicole Wechsung unsere Fragen. Nicole ist Head of Collection bei PAIR Finance, einem technologischen und datengetriebenen Unternehmen im Bereich Inkasso und Forderungsmanagement.
Wer bist du, was machst Du?
Mein Name ist Nicole Wechsung und ich arbeite als Head of Collection für PAIR Finance. PAIR Finance verfolgt das Ziel, den Inkassomarkt zu einem digitalen, effizienten und kundenorientierten Finanzservice zu machen. Basierend auf künstlicher Intelligenz sensibilisieren wir die säumigen Kunden und motivieren diese, ausstehende Forderungen zu bezahlen, ohne dabei die Kundenbeziehung zu belasten. In meiner Rolle als Head of Collection leite ich die Collections-Einheiten, baue Strukturen, Prozesse und Rollen aus und steuere unsere zentralen Aktivitäten entlang des Inkassoprozesses.
Was waren Deine ersten Berührungen mit der Payment- und Banking-Industrie?
Meine ersten Berührungspunkte hatte ich im Rahmen meines betriebswirtschaftlichen Studiums, später durch meine Werkstudententätigkeit im Bereich Risikomanagement für Forderungskäufe. Damals habe ich mich dem Thema eher von einer statistischen Perspektive genähert.
Wann hast Du das Wort FinTech das erste Mal wahrgenommen?
Bewusst wahrgenommen habe ich den Begriff Fintech das erste Mal 2013. Zu dieser Zeit habe ich bei einem Traditionsunternehmen angefangen zu arbeiten. Ich habe schnell verstanden, dass die FinTech-Szene Marktverhältnisse verschieben und Druck auf große Player ausüben wird.
Wie definierst Du FinTech?
Für mich steht „FinTech“ für Unternehmen, deren zentraler Treiber innovative Technologien sind. Aus dieser Kompetenz heraus, entwickeln diese Unternehmen neue Wege und Ansätze, um bereits existierende Felder der Finanzdienstleistungen zu revolutionieren oder völlig neue Felder zu erschaffen. Mein persönlicher Anspruch daran ist der Gedanke, technologische Neuartigkeit mit Kundenbedürfnissen zu verknüpfen.
Was glaubst Du machen etablierte Unternehmen besser als FinTechs?
Mein erster Gedanke war: natürlich Prozesse und Strukturen! Allerdings regt sich im gleichen Moment der Gedanke, dass es das nicht wirklich trifft. Etablierte Unternehmen haben die Zeit auf ihrer Seite, d.h. Zeit aus den Anfängen zu lernen, Erfahrungen in Wege zu überführen, eine Vision und eine Kultur innerhalb der Organisation zu entwickeln.
Diese Erfahrung ist, wenn diese sinnvoll in Unternehmenswissen, -kultur, -strukturen, -prozesse etc. überführt wird, ein strategischer Vorteil. Er kann sich aber genauso schnell in einen Nachteil wandeln, wenn der Unternehmensblick zu stark nach innen gerichtet wird, durch Erfolg das Hinterfragen und Weiterdenken der Mitarbeiter einschläft und somit die Dynamik und der Veränderungswille zum Erliegen kommt.
Was kann man von FinTechs lernen?
… die Kultur des kritischen Hinterfragens, der Veränderungsdurst, der Wille etwas Neues zu schaffen, Interdisziplinarität und Zusammenarbeit, das Unternehmensziel und nicht sich selbst in den Vordergrund zu stellen…
Ein weiterer Vorteil liegt in der Management-Haltung, die Technologie pushen muss. Technologie ist nicht mehr nur ein reiner „Enabler“, sondern muss neue Ideen und Konzepte aus sich selbst heraus pushen.
Wieso tun sich etablierte (große) Unternehmen bei der Digitalisierung eigentlich so schwer?
Digital zu werden ist ein erheblicher Change-Prozess für Unternehmen: Er greift an alles Bekannte, jede Aufgabe, jeden Prozess, jede Rolle und jede Verantwortlichkeit an. Die Art des Denkens und der Herangehensweise wird durch die Digitalisierung auf den Kopf gestellt. Hinzu kommt, dass das Ergebnis der Veränderung offen ist. Vielmehr: wohin sich unser digitales Verständnis entwickeln wird, ist offen. Ein weiterer Grund, den man immer wieder beobachtet, ist: Unser Denken ist linear, technologische Entwicklungen verhalten sich eher exponentiell.
Das Thema ist eigentlich ein alter Hut, es scheint aber noch nicht hinreichend vorgedrungen zu sein: Am Anfang wird eine neue Technologie erst einmal schlechter abschneiden als etablierte Mechanismen. Paradoxerweise werden an die Anfangsphase oftmals die höchsten Erwartungen geknüpft, wodurch das Frustrationspotenzial im Team schnell da ist. Die Notwendigkeit, solche Prozesse zu stützen, ist daher umso wichtiger.
„Am Anfang wird eine neue Technologie erst einmal schlechter abschneiden als etablierte Mechanismen.“
Was würdest Du beruflich machen, wenn Du nicht in der Payment- und Banking-Industrie arbeiten würdest?
Vielleicht wäre ich nach meiner Dissertation den Weg in der Forschung weiter gegangen und würde jetzt in einem interdisziplinären Projektteam arbeiten.
Bei welchem Unternehmen würdest Du gerne mal einen Tag arbeiten?
Tatsächlich bei Google: Wie schafft ein Unternehmen den Sprung vom Game-Changer hin zu einem etablierten Großkonzern? Auf welche Mechanismen greift das Management zurück, um sich den disruptiven Spirit zu bewahren?
Mit wem würdest Du gerne ein Bier trinken?
Ich würde gerne mit Frank Thelen ein Bier trinken gehen.