Dürfen wir vorstellen: Nelson Holzner von MODIFI
Das Arbeiten in der FinTech Branche gleicht einem Kommen und Gehen, setzt ein hohes Maß an Professionalität in einem durchaus lockeren Arbeitsumfeld voraus und ist vor allem geprägt von Innovationen sowie guten, klugen und zukunftsorientierten Ideen, so der weit verbreitete Konsens. Doch wer sind eigentlich die Köpfe und Macher hinter diesen kreativen Denkprozessen, an der Schnittstelle zwischen Finanzen, digitalen Technologien und Gründertum? In unserer Reihe Die Gesichter der FinTech Branche stellen wir regelmäßig einer Person aus der Payment- und Banking-Industrie die gleichen zehn Fragen. Diesmal beantwortet Alexander Argyros unsere Fragen.
Dürfen wir vorstellen…
Während unseres Arbeitsalltags begegnen uns immer wieder spannende Menschen, die im gleichen Umfeld tätig sind, die uns nur einmal oder immer mal wieder begegnen oder uns sogar schon privat sehr ans Herz gewachsen sind – jeder von Ihnen hat eine eigene Geschichte. Wir haben ein paar dieser Menschen aus unserem nächsten FinTech-Umfeld interviewt, um ihnen ein Gesicht zu geben. Um zu teilen, warum diese Branche für sie viel mehr ist als eine weitere Art, seine Miete zu bezahlen. Diese Menschen und deren Vita möchten wir in einer ganz eigenen Kategorie kurz porträtieren und vorstellen und haben dazu einen immer gleichen Fragenkatalog entworfen.
Diesmal beantwortet Nelson Holzner unsere Fragen. Nelson ist CEO beim Fintech-Start-up MODIFI.
Wer bist du, was machst du?
Ich bin Nelson Holzner und bin seit 2009 FinTech-Unternehmer und Gründer und ehemaliger CEO von BillPay, dem führenden deutschen Anbieter von Zahlungsdiensten wie Kauf auf Rechnung, Ratenfinanzierung und Lastschriftabwicklung, der seit 2018 zu Klarna gehört. Seit 2018 bin ich CEO und Mitgründer von MODIFI. Wir finanzieren auf einer globalen digitalen Plattform kleine und mittelgroße Unternehmen bei ihren Handelsgeschäften.
Was waren Ihre ersten Berührungspunkte mit der Payment- und Bankingbranche?
Bevor ich Start-up-Unternehmer geworden bin, war ich Investment Manager bei Cerberus Capital, einem großen Private-Equity-Fonds, der seit langem aktiv in Finanzdienstleister wie Banken und Versicherungen investiert. Zu dieser Zeit habe ich auf vielen Projekten in diesem Sektor gearbeitet und eine Menge gelernt.
Unter anderem war ich damals in dem Team, das eine große österreichische Bank erworben hat und dann auch durch die Wirren der letzten Finanzkrise begleitet hat. Von dort war es dann ein gar nicht mehr so großer Schritt, mit BillPay einen eigenen digitalen Zahlungsdienstleister zu gründen.
Wann hast Du das Wort FinTech das erste Mal wahrgenommen?
Wann das genau war, kann ich gar nicht genau sagen. Jedenfalls einige Jahre nachdem ich 2009 BillPay gegründet hatte. Es ist sehr erfreulich, dass seitdem eine ganz Industrie daran arbeitet, Finanzdienstleistungen mit Hilfe von Technologie zu verbessern, und zwar nicht nur bei Produkten für Konsumenten, sondern eben die noch viel wichtigeren und größeren Bereiche im geschäftlichen Verkehr (b2b) und dem sog. Backoffice, quasi dem Maschinenraum von Banken, Versicherungen und anderen Anbietern.
Wie definierst Du FinTech?
FinTech ist sind für mich zunächst einfach nur auf Technologie-basierende Lösungen für den großen Sektor der Finanzdienstleistungen von Banken, Versicherungen, Zahlungsdienstleistern und den vielen anderen Dienstleistern der Branche. Der Finanzsektor war schon früh vergleichsweise stark von Technologie getrieben, weil die Produkte ganz überwiegend immateriell sind. Viele traditionelle Anbieter arbeiten aber mit einer digitalen Infrastruktur, die 10 Jahre oder älter ist. Mit moderner Technologie lassen sich praktisch alle Bereiche neu und meist besser gestalten. Hier treiben FinTechs die Veränderungen, indem sie Bereich für Bereich konsequent digitale Lösungen schaffen und anbieten.
Was glaubst Du machen etablierte Unternehmen besser als FinTechs?
Etablierte Unternehmen haben naturgemäß eine Reihe von strukturellen Vorteilen gegenüber jungen FinTechs. Das gilt zum Beispiel in den ausgesprochen wichtigen Bereichen wie Regulierung oder auch der Refinanzierung über die billige Kundeneinlagen oder die Zentralbanken. Hier zählen jahrelange Erfahrungen und Beziehungen zu den Regulierungsbehörden und über Jahrzehnte aufgebautes Vertrauen bei Kunden.
Saubere Planung und von Beginn an funktionierende Produkte sind gerade bei Finanzangebote besonders wichtig, weil bei Geld bekanntlich der Spaß aufhört. Da kann man nicht einfach sagen, „Sorry, war ein neues, noch nicht ausgereifte und ausreichend getestetes Produkt – hier hast Du einen Gutschein für Deine nächste Bestellung bei uns.“ Das können etablierte Unternehmen oft besser.
Was kann man von FinTechs lernen?
FinTechs konzentrieren sich meist auf ein echtes, klar abgegrenztes Problem mit einer überzeugende Lösung, die durch agiles Arbeiten sehr viel schneller iteriert und damit meist auch schneller besser wird als bei etablierten Unternehmen. FinTechs können meist auch schneller Entscheidungen treffen als Großunternehmen, weil die Hirarchien viel flacher sind.
Wieso tun sich etablierte (große) Unternehmen bei der Digitalisierung eigentlich so schwer?
Etablierte und große Unternehmen tun sich in der Tat bei der Digitalisierung schwer. Das hat oft mit den Teams und den Anreizen zu tun. Start-ups sind sehr unternehmerisch getrieben; die Gründer tragen letztlich für alles die Verantwortung und können schneller entscheiden. In großen Unternehmen leiten überwiegend angestellte Manager solche Projekte.
Dort verdient man mehr Lorbeeren, wenn man keine Fehler macht und die bestehende Maschine einsatzfähig hält. Da hat man es mit bahnbrechenden Innovationen schwer, zumal die meisten Projekte (genau wie Start-ups) scheitern und Geld kosten. Und wenn man dann doch erfolgreich ist, muss man mit internen Widerständen rechnen, weil neue Produkte oft bestehende Lösungen ablösen und auch damit häufig auch Arbeitsplätze gefährden. Sehr deutlich wird das bei den mobile-only Neobanks wie N26 oder Revolut, die ohne Filialen und Filialmitarbeiter auskommen.
Hinzu kommt, die meist veraltete digitale Infrastruktur, die grundsätzlich verlässlich funktioniert, aber keine neuen Applikationen unterstützen kann. Als großes reguliertes Institut sind große IT-Projekte oft Operationen am offenen Herzen und mit dem Risiko verbunden, dass eine große Zahl von Kunden Störungen erlebt. Und Bankeninfrastruktur ist sehr wichtig: Nicht auszudenken, wenn beispielsweise Kunden zum Monatsende kein Gehaltszahlungen bekommen, aber trotzdem Miete zahlen oder Kredite bedienen müssen.
„Als großes reguliertes Institut sind große IT-Projekte oft Operationen am offenen Herzen und mit dem Risiko verbunden, dass eine große Zahl von Kunden Störungen erlebt.“
Was würdest Du beruflich machen, wenn Du nicht in der Payment- und Banking-Industrie arbeiten würdest?
Ich würde vermutlich wieder ein Unternehmen gründen, nur eben in einem anderen Sektor wie vielleicht Gesundheitsversorgung oder Recht.
Bei welchem Unternehmen würdest Du gerne mal einen Tag arbeiten?
Grundsätzlich habe ich ja das Privileg, in meinem eigenen Unternehmen zu arbeiten und damit an Dingen zu arbeiten, die ich mir selber ausgesucht habe und gestalten kann. Insofern gibt es keinen brennenden Wunsch, woanders zu arbeiten. Fasziniert bin ich aber von den großen chinesischen Digitalkonzernen wie Alibaba oder Tencent, die ihre riesigen Märkte noch viel radikaler, schneller und nachhaltiger verändert haben als Google, Amazon, Facebook oder PayPal. Dort mal einen oder auch zwei Tage zu arbeiten wäre spannend.
Mit wem würdest Du gerne ein Bier trinken?
Wenn ich schon für einen Tag bei Alibaba arbeiten würde, dann würde ich gern mit Jack Ma ein Bier trinken.