Das Arbeiten der FinTech Branche gleicht einem Kommen und Gehen, setzt ein hohes Maß an Professionalität in einem durchaus lockeren Arbeitsumfeld voraus und ist vor allem geprägt von Innovationen sowie guten, klugen und zukunftsorientierten Ideen, so der weit verbreitete Konsens. Doch wer sind eigentlich die Köpfe und Macher hinter diesen kreativen Denkprozessen, an der Schnittstelle zwischen Finanzen, digitalen Technologien und Gründertum?
In unserer Reihe: Die Gesichter der FinTech Branche stellen wir regelmäßig einer Person aus der Payment- und Banking-Industrie die gleichen zehn Fragen. Diesmal beantwortet Malte Rau von pliant unsere Fragen.
Dürfen wir vorstellen: Malte Rau von pliant
Wer bist Du, was machst Du?
Mein Name ist Malte Rau. Mittlerweile arbeite ich seit über 10 Jahren im FinTech- und Bankenbereich. Spezialisiert habe ich mich ursprünglich auf Risikomanagment und Business Development, weil mich diese beiden Umfelder schon immer am meisten interessiert haben. Mit der Gründung von pliant, einem innovativen Anbieter für digitale Firmenkreditkarten im Mai letzten Jahres, will ich an diese Erfahrungen anknüpfen. Mein Anspruch ist es, die flexibelste Kreditkarte an Unternehmen zu bringen.
Wie sieht ein klassischer Tag in Deinem Leben aus?
Seit Corona finde ich mich eigentlich ständig in Video-Calls wieder. Zuerst habe ich diesen Teil der Work-Life-Balance sehr geschätzt. Viel von zuhause aus arbeiten, kein stressiger Weg zur Arbeit. Doch was sich zuerst wie ein Segen anfühlte, hat sich mittlerweile zu einem echten Albtaum entwickelt. Sich nur noch mit dem eigenen Bildschirm zu unterhalten und auf soziale Kontakte zu verzichten ist für mich keine Dauerlösung.
Was waren Deine ersten Berührungen mit der Payment- und Banking-Industrie?
Das erste Mal in Kontakt gekommen bin ich während meiner Tätigkeit als Berater bei KPMG 2010 als die Nachwehen der Weltwirtschafts- und Finanzkrise noch zu spüren waren. Damals hatte ich viel mit Risikomodellierung zu tuen und sah mich tagtäglich mit Payment- und Bankingthemen konfrontiert. Echte FinTecherfahrungen sammelte ich dann ab 2013 bei der renommierten Kreditkartenplattform auxomoney. Dort habe ich das Risikomanagement mit aufgebaut und viel über die Business Seite gelernt.
Wann hast Du das Wort FinTech das erste Mal wahrgenommen?
Das war 2011 als mein damaliger Beraterkollege von dem Begriff erzählte. Zu der Zeit war das alles noch relaltiv frisch aber klang schon super spannend.
Wie definierst Du FinTech?
Für mich gibt es am zwei Definitionen. Entweder digitalisieren FinTechs durch beispielsweise Automatisierung noch viel zu statische Finanzprozesse und optimieren dadurch Geschäftsabläufe, oder sie öffnen ein komplett neues Feld durch open banking oder payment-Lösungen, die es so vorher noch nicht am Markt gegeben hat.
Was glaubst Du machen etablierte Unternehmen besser als FinTechs?
Während FinTechs gefühlt von allem ein bisschen was können wollen, haben Banken immer ihren speziellen Fokus und sind darin quasi unschlagbar. Meiner Meinung nach unterschätzen die meisten Markteilnehmer, wie viel Banken schon von der Finanzgeschichte gesehen haben. Dadurch entwickelte das gesamte Bankensegment eine Resilienz gegenüber aggressiven Disruptionen.
Was kann man von FinTechs lernen?
FinTechs sind Beispielgeber in Sachen Flexibilität und können in extrem schneller Zeit den Fokus auf einen Service setzen. Auch wenn es um Partnerschaften geht, befinden sich FinTechs ganz weit oben. Das kann man unter anderem an den verdichteten Kooperationen zwischen Banken und eben FinTechs festmachen.
Wieso tun sich etablierte (große) Unternehmen bei der Digitalisierung eigentlich so schwer?
Die noch nicht digitalen Prozesse sind deutlich schwerer abzulösen als man denkt. Sie sind zu fest in bestehenden Systemen integriert, als dass man sie einfach „wegdigitalisieren“ könnte. Insofern liegt die Transformation von digitalen Prozessen weniger an der Größe eines Unternehmens, sondern vielmehr an der Transformation an sich. Ich glaube allerdings, dass die Digitalisierung auch den großen Unternehmen einen kräftigen Innovationsschub verleihen werden. Denn je mehr Freude die Konsumenten an solchen digitalen Prozessen haben, desto mehr Vertrauen entsteht auch auf der Unternehmensseite.
Was macht deinen Job täglich interessant?
Am spannendsten ist tatsächlich die extreme Vielzahl an sich ständig ändernden Themen. Regelmäßig entwickeln sich neue aufregende Herausforderungen, die von einem Schlag auf den anderen höchstrelevant werden. Mehr noch: Eigentlich kann man als Gründer nie sagen, was am nächsten Tag oder im nächsten Jahr sind wird.
Was würdest Du beruflich machen, wenn Du nicht in der Payment- und Banking-Industrie arbeiten würdest?
Höchstwahrscheinlich wäre ich in einem generischerem Feld der Beratung gelandet, da ich Abwechslung sehr mag. Das Thema Risikomanagement und später FinTech ist durch ein paar Zufälle entstanden.
Worauf bist du stolz?
Ehrlich gesagt war und ist es die Gründung von pliant selbst, woran ich mich immer wieder erinnere. Vor allem, da wir gleich zum Start mit zwei „black swans“, also Covid-19 und dem Thema Wirecard kämpfen mussten und diese erfolgreich überstanden haben.
Wieso gibt es nicht mehr Frauen in der Tech-Branche?
Das frage ich mich auch manchmal und denke darüber nach, wie wir bei pliant derartige Fragestellungen am besten händeln können. Ehrlich gesagt versuchen wir bei uns ausgewogen einzustellen. Wenn allerdings 50% unseres Teams aus dem Technologiebereich besteht und sich für diesen Sektor nur eine Frau unter 20 Bewerbern befindet, stehen wir vor vollendeten Tatsachen und müssen trotzdem das Team ausbauen.
Wenn man das Tech Team allerdings rausrechnet, haben wir wiederrum eine sehr ausgegelichene Gesamtsituation innerhalb des gesamten Teams. Für die Zukunft müsste sich meiner Meinung nach vordergründig etwas im Ausbildungsbereich ändern und IT-Jobs attraktiver für Frauen gemacht werden. An der Nachfrage kann es zumindest nicht liegen.
Bei welchem Unternehmen würdest Du gerne mal einen Tag arbeiten?
Ich lache gerne und höre viele Podcasts von US Komikern. Dort wäre es mal spannend in einer Produktion vorbei zu schauen.
Mit wem würdest Du gerne ein Bier trinken?
Nichts ist schöner als ein Bier mit guten Freunden. Da kann man am besten abschalten. Man muss nicht immer nur und ausschließlich neue Leute kennen lernen.