Dürfen wir vorstellen: Jens Röhrborn von Banxware
Das Arbeiten in der FinTech Branche gleicht einem Kommen und Gehen, setzt ein hohes Maß an Professionalität in einem durchaus lockeren Arbeitsumfeld voraus und ist vor allem geprägt von Innovationen sowie guten, klugen und zukunftsorientierten Ideen, so der weit verbreitete Konsens. Doch wer sind eigentlich die Köpfe und Macher hinter diesen kreativen Denkprozessen, an der Schnittstelle zwischen Finanzen, digitalen Technologien und Gründertum? In unserer Reihe: Die Gesichter der FinTech Branche stellen wir regelmäßig einer Person aus der Payment- und Banking-Industrie die gleichen zehn Fragen. Diesmal beantwortet Jens Röhrborn unsere Fragen.
Dürfen wir vorstellen…
Während unseres Arbeitsalltags begegnen uns immer wieder spannende Menschen, die im gleichen Umfeld tätig sind, die uns nur einmal oder immer mal wieder begegnen oder uns sogar schon privat sehr ans Herz gewachsen sind – jeder von Ihnen hat eine eigene Geschichte. Wir haben ein paar dieser Menschen aus unserem nächsten FinTech-Umfeld interviewt, um ihnen ein Gesicht zu geben. Um zu teilen, warum diese Branche für sie viel mehr ist als eine weitere Art, seine Miete zu bezahlen. Diese Menschen und deren Vita möchten wir in einer ganz eigenen Kategorie kurz porträtieren und vorstellen und haben dazu einen immer gleichen Fragenkatalog entworfen.
Diesmal beantwortet Jens Röhrborn unsere Fragen. Jens ist Founder und CEO vom Berliner Fintech Banxware, das Kredite an Plattformhändler vergibt.
Wer bist Du, was machst Du?
Mein Name ist Jens Röhrborn, ich bin Founder und CEO von Banxware sowie Rechtsanwalt im Bereich Venture Capital und M&A, insbesondere für Fintechs. Letzteres mache ich seit 1996. Ich hatte mich damals entschieden nach nur einem Jahr praktischer Erfahrung mit zwei Partnern eine Anwaltskanzlei zu gründen. Unser Schwerpunkt war die Interessensvertretung von Gründern in der New Economy.
Sehr bald ist es uns gelungen, damals aufstrebende Firmen wie Intershop, Mobilcom, Freenet und Wirecard als Mandanten zu gewinnen. Wir sind relativ schnell auf 16 Anwälte gewachsen und haben von da an vor allem viele Start-ups und große Unternehmen in gesellschafts- und wertpapierrechtlichen Fragen, vor allem im Technologiebereich beraten.
Wann hast Du das Wort FinTech das erste Mal wahrgenommen?
Das kam über Wirecard, die ich seit 1999, fast ab Gründung beraten habe. Heute möchte man Wirecard kaum aussprechen – aber Wirecard war nichts desto trotz der absolute Vorreiter im Thema Fintech, Payments und Banking as a Service in Deutschland und hat heute viele Nachahmer, die von dem Niedergang profitieren. Und so kam ich mit der Fintech-Welt in Kontakt.
Was waren Deine ersten Berührungen mit der Payment- und Banking-Industrie?
Auch das war wie gesagt Wirecard- meine Aufgabe war es, das damals noch nicht regulierte Payments-Geschäft der Wirecard und ihrer Vorgängergesellschaft an die gerade verabschiedeten Regelungen anzupassen. Neben der Beantragung der seinerzeit neuen sog. Finanztransferlizenz bei der BAFIN habe ich eine Bank gefunden, für Wirecard gekauft, in die Wirecard-Gruppe integriert und sodann Principal Memberships bei VISA und Mastercard für die Bank beantragt – was damals kaum möglich war. Dennoch ist uns dies durch innovative Alleinstellungen gelungen- wir haben uns schon 2006 eine virtuelle und sofort ausgestellte Special-Purpose Prepaid-Karte im Geschäftsbereich ausgedacht, so etwas gab es lange Zeit nur über Wirecard. In der Folge habe ich vor allem der Wirecard Bank geholfen, ihr Banking as a Service Geschäft aufzubauen und über die reine Zahlungsabwicklung hinaus einen weiteren Geschäftsbereich aufzubauen.
In meiner Arbeit als Anwalt habe ich des Weiteren viele Unternehmen aus der Payment- und Banking Branche beraten, darunter auch die Deutsche Handelsbank, Orderbird, IC Cash, PPRO, Stocard, Railsbank und viele andere. Meine Schwerpunkte waren dabei Finanzierung, M&A, regulatorische und Compliance-Fragen, einschließlich der Beantragung von Bank- oder E-Geld-Charters in Deutschland und anderen Jurisdiktionen, darunter Luxemburg, die Vereinigten Staaten und Litauen.
Wie definierst Du FinTech?
Mittlerweile ist Fintech, d.h. financial technology, ein sehr weit ausgedehnter Begriff geworden. Dazu gehören aus meiner Sicht alle Anbieter von innovativen Technologien, die entweder damit direkt Finanzdienstleistungen anbieten oder andere enablen, dies zu tun. Für mich zählen daher auch Banking as a Service und Enabler-Banken dazu, die es geschafft haben, ihre Prozesse so umzustellen, dass sie Fintech-Startups ermöglichen können, ihre Lizenz zu nutzen, denn dieses Umdenken in der Bankenbranche ist ein Paradigmenwechsel den ich sehr respektiere.
Was glaubst Du machen etablierte Unternehmen besser als FinTechs?
Etablierte Unternehmen sind in der Regel besser organisiert, finanziell besser ausgestattet und verfügen über einen großen Kundenstamm.
In der Regel nimmt jedoch die Innovationswachstumskurve mit mehr Etablierung eines Unternehmens ab – bei Banken ist dies ganz besonders zu beobachten. Dort kommen Fintechs ins Spiel, die sich außerhalb der Unternehmen schneller, innovativer und flexibler bewegen können. Gute etablierte Unternehmen haben dies erkannt und nutzen Fintechs – wie auch andere Startups in anderen Branchen um außerhalb der starren Strukturen dennoch innovativ und flexibel agieren zu können.
Was kann man von FinTechs lernen?
Fintech ist nicht nur Tech sondern eben auch die Regulierung die mit Finanzdienstleistungen einhergeht. Ein Fintech ist komplex, ist häufig auf externe Enabler angewiesen und muss sich regelmäßig an sich ändernde Regulierung oder Kundenanforderungen anpassen. Das bedarf einer klaren Planung und Strukturierung aber auch einer Weitsichtigkeit hinsichtlich künftiger Entwicklungen und Bedürfnisse.
Erfolgreiche Fintech-Gründer denken von der Strukturierung her wie Banker oder Anwälte aber entwickeln Produkte aus der Perspektive des Kunden und machen komplexe Prozesse einfach und convenient.
Wieso tun sich etablierte (große) Unternehmen bei der Digitalisierung eigentlich so schwer?
Etablierte Unternehmen verfügen über etablierte Mitarbeiter mit etabliertem Mindset. Sie reagieren sehr spät auf neue Tendenzen, weil sie sich ja ein etabliertes Geschäft aufgebaut haben und die Notwendigkeit, dieses anzupassen oder sich neu zu erfinden erst dann erkennen, wenn sich das Geschäft massiv verschlechtert. Dann sind oft schon andere mit innovativeren Lösungen am Start.
Ferner sind diese Unternehmen wie Tanker, selbst wenn sie Handlungsbedarf erkennen sind komplexe Strukturen bei der Entscheidungsfindung einzuhalten. Mitarbeiter fühlen sich aus ihrer Komfortzone gedrückt oder durch Innovation bedroht und haben keinen Incentive, die Prozesse zu beschleunigen. Meist werden teure Berater beauftragt, die bei noch so offensichtlichen Entscheidungen die Hand halten sollen.
All dies ermöglicht es Startups etablierte Unternehmen und deren Kunden als Kundschaft zu erschließen. Es bildet sich gerade ein eigenes Ökosystem, bei dem etablierte Unternehmen das Problem erkannt haben und es durch eine Zusammenarbeit mit einem oder Akquisition eines Startups versuchen zu beheben.
„Es bildet sich gerade ein eigenes Ökosystem.“
Was würdest Du beruflich machen, wenn Du nicht in der Payment- und Banking-Industrie arbeiten würdest?
Eigentlich bin ich als Anwalt ja branchenunabhängiger Berater. Die Spezialisierung ist das, was einen von der Konkurrenz abhebt. Aber ich kann mir auch etwas ganz anderes vorstellen, wie den medizinischen Bereich zum Beispiel – oder das Betreiben einer Strandbar in Hawaii, solange es Aktivität mit sich bringt und Spaß macht bin ich glaube ich sehr vielseitig und offen.
Bei welchem Unternehmen würdest Du gerne mal einen Tag arbeiten?
Ich kann mir einige Unternehmen vorstellen, bei denen man (wenngleich wohl nicht an nur einem Tag) viel über Unternehmenskultur und -führung lernen kann. Von Google über Apple, Tesla, Netflix u.a. Als Anwalt habe ich einmal beruflich eine Woche im Hauptquartier von Microsoft in Redmont verbracht – schon das hat gute Einblicke gezeigt, vor allem wie es gelingen kann, Mitarbeiter loyal auf sein Unternehmen einzuschwören. Hätte ich nur einen Tag wäre es vermutlich im Vorstandsbüro von Tim Cook bei Apple.
Mit wem würdest Du gerne ein Bier trinken?
Bill Gates finde ich faszinierend: Den Wechsel vom harten, erfolgsgetriebenen Mastermind von Microsoft zum altruistischen, großzügigen Philanthropen gibt sicher viel Gesprächsstoff.
Elon Musk scheint mir nicht derjenige zu sein, der die Ruhe für ein Gespräch über einem Bier mit sich bringt, wenngleich ich ihn natürlich bewundere – aber er verfügt glaube ich über sehr einzigartige Fähigkeiten, die man nicht erlernen kann.