Dürfen wir vorstellen: Ellen Kuder von Afterpay
Das Arbeiten in der FinTech Branche gleicht einem Kommen und Gehen, setzt ein hohes Maß an Professionalität in einem durchaus lockeren Arbeitsumfeld voraus und ist vor allem geprägt von Innovationen sowie guten, klugen und zukunftsorientierten Ideen, so der weit verbreitete Konsens. Doch wer sind eigentlich die Köpfe und Macher hinter diesen kreativen Denkprozessen, an der Schnittstelle zwischen Finanzen, digitalen Technologien und Gründertum? In unserer Reihe: Die Gesichter der FinTech Branche stellen wir regelmäßig einer Person aus der Payment- und Banking-Industrie die gleichen zehn Fragen. Diesmal beantwortet Ellen Kuder unsere Fragen.
Dürfen wir vorstellen…
Während unseres Arbeitsalltags begegnen uns immer wieder spannende Menschen, die im gleichen Umfeld tätig sind, die uns nur einmal oder immer mal wieder begegnen oder uns sogar schon privat sehr ans Herz gewachsen sind – jeder von Ihnen hat eine eigene Geschichte. Wir haben ein paar dieser Menschen aus unserem nächsten FinTech-Umfeld interviewt, um ihnen ein Gesicht zu geben. Um zu teilen, warum diese Branche für sie viel mehr ist als eine weitere Art, seine Miete zu bezahlen. Diese Menschen und deren Vita möchten wir in einer ganz eigenen Kategorie kurz porträtieren und vorstellen und haben dazu einen immer gleichen Fragenkatalog entworfen.
Diesmal beantwortet Ellen Kuder unsere Fragen. Ellen ist Vice President DACH beim Payment-Unternehmen Afterpay.
Wer bist Du, was machst Du?
Ich leite seit Mai 2020 als Vice President DACH AfterPay, dem Bertelsmann / Arvato Financial Solutions Pay-after-Delivery Anbieter. In dieser Position bin ich für Growth, Team-Skalierung, Operations und Technical Implementation in der DACH-Region zuständig.
Wann hast Du das Wort FinTech das erste Mal wahrgenommen?
Der Begriff ist mittlerweile so stark in unserem Alltagsgebrauch übergangen, dass ich das gar nicht konkret einordnen kann. Es muss zirka 2013-2014 gewesen sein, als ich bei Microsoft für Digital Workplace zuständig war und wir viele große Unternehmen, u.a. auch Finanzinstitutionen bei der Transformation bzw. Digitalisierung ihres Geschäftsmodells beraten haben.
Zu der Zeit wurde der Druck auf die Branche aufgrund der großen Tech-Player und der FinTechs immer größer, was letztlich zu dem Umbruch der Branche geführt hat, indem wir uns heute noch befinden.
Was waren Deine ersten Berührungen mit der Payment- und Banking-Industrie?
Ich hatte von Anfang an meiner Karriere in der Tech-Branche viele Anknüpfungspunkte mit der Bankenbranche, da sie meine Kunden bei Microsoft oder NTT war. Im Rahmen meiner Tätigkeit bei einem Mobilitäts-Startup 2017 habe ich mich auch konkreter mit Bezahlsystemen auseinandergesetzt, da viele unserer Dienstleistungen darauf abzielten, eine reibungslose Einbettung in den öffentlichen Nahverkehr zu ermöglichen und unseren Endkunden eine optimale Customer Experience zu bieten. Es ist erstaunlich, wie schnell sich die Payments-Branche entwickelt hat und heute viel bessere Lösungen anbietet als noch vor vier Jahren.
Wie definierst Du FinTech?
FinTech bedeutet für mich die smarte Anpassung von Finanzdienstleistungen durch Technologie. Viele verbinden damit nur Startups. Ich bin aber der Meinung, dass auch ein Unternehmen wie Arvato Financial Solutions, das bereits seit 20 Jahren Tech-Lösungen für Finanzdienstleistungen anbietet, dazu gehören.
Was glaubst Du machen etablierte Unternehmen besser als FinTechs?
Fortschritt ist essentiel, weswegen die Disruption der Finanzbranche notwendig war. In einer so sensiblen Branche, sind es Regularien jedoch auch. Deswegen erlebt die FinTech-Branche gerade selbst einen Umbruch, da in den letzten Jahren immer klarer geworden ist, dass es mehr Standards, Gesetze und regulatorische Institutionen geben muss, die die Industrie nachhaltig festigen.
Für etablierte Unternehmen – insbesondere Finanzdienstleister – gehören diese zur DNA. Für FinTechs (noch) nicht. Aber genau das ist ja das spannende an dieser Branche. FinTechs und etablierte Unternehmen nähern sich immer mehr an und haben verstanden, wie viel sie voneinander lernen können.
„FinTechs und etablierte Unternehmen nähern sich immer mehr an und haben verstanden, wie viel sie voneinander lernen können.“
Was kann man von FinTechs lernen?
Mittlerweile gehören FinTech-Lösungen zu jeder etablierten Institution, bspw. als Bezahldienstleister wie bei Apple, UBER oder IKEA. Die Ökosysteme der Unternehmen werden immer größer, es gibt aber nur wenige, die die Kundenbeziehungen halten können. FinTech-Lösungen sind mittlerweile unverzichtbar und müssen Teil der Lösungen sein, die diese Unternehmen ihren Kund*innen anbieten. Dabei geht es nicht darum, dass einer alles können muss, sondern darum, dass die richtigen FinTech-Lösungen in einem Ökosystem orchestriert werden.
Wieso tun sich etablierte (große) Unternehmen bei der Digitalisierung eigentlich so schwer?
Digitalisierung ist mehr als ein klassischer Anpassungsprozess. Es wirft das gesamte Geschäftsmodell und somit auch bestimmte Machtverhältnisse um. Es ist sozusagen ein Angriff auf die DNA vieler Unternehmen. Insbesondere Unternehmen, die mit Legacy arbeiten, wie Infrastrukturen, Produktionssystemen usw. haben große Schwierigkeiten, dies profitabel und schnell genug umzustellen, was jedoch notwendig ist, damit sie marktfähig bleiben.
Die Pandemie hat uns jedoch gezeigt, wie schnell es plötzlich gehen kann, weshalb ich jedem Unternehmen, was nicht digital geboren wurde, nur raten kann, keine Zeit mehr zu vergeuden und keine Mühe zu scheuen.
Was würdest Du beruflich machen, wenn Du nicht in der Payment- und Banking-Industrie arbeiten würdest?
Ich liebe die Tech-Branche und alles, was mit der Gestaltung unserer zukünftigen Gesellschaft zusammenhängt. Deswegen könnte mir sehr gut vorstellen, in einem anderen Bereich zu arbeiten, der gerade von Tech disruptiert wird. Ich beschäftige mich privat zur Zeit sehr viel mit der BioTech-Branche, die mich unglaublich fasziniert.
Bei welchem Unternehmen würdest Du gerne mal einen Tag arbeiten?
Es ist zwar kein Unternehmen, aber einen Tag im Weißen Haus arbeiten, das könnte ich mir sehr gut vorstellen.
Mit wem würdest Du gerne ein Bier trinken?
Wein, kein Bier :) Dies aber sehr gerne mit der fiktiven Figur Klara aus dem Roman “Klara and the Sun” von Kazuo Ishiguro. Sie ist ein Artificial Friend aus der Zukunft und ich würde gerne herausfinden, wie es sich anfühlt, eine Mensch-zu-Artificial Friend Beziehung zu führen.