Dürfen wir vorstellen: Cornelia Schwertner von Finleap Connect
Das Arbeiten in der FinTech Branche gleicht einem Kommen und Gehen, setzt ein hohes Maß an Professionalität in einem durchaus lockeren Arbeitsumfeld voraus und ist vor allem geprägt von Innovationen sowie guten, klugen und zukunftsorientierten Ideen, so der weit verbreitete Konsens. Doch wer sind eigentlich die Köpfe und Macher hinter diesen kreativen Denkprozessen, an der Schnittstelle zwischen Finanzen, digitalen Technologien und Gründertum? In unserer Reihe Die Gesichter der FinTech Branche stellen wir regelmäßig einer Person aus der Payment- und Banking-Industrie die gleichen zehn Fragen. Diesmal beantwortet Cornelia Schwertner unsere Fragen.
Dürfen wir vorstellen…
Während unseres Arbeitsalltags begegnen uns immer wieder spannende Menschen, die im gleichen Umfeld tätig sind, die uns nur einmal oder immer mal wieder begegnen oder uns sogar schon privat sehr ans Herz gewachsen sind – jeder von Ihnen hat eine eigene Geschichte. Wir haben ein paar dieser Menschen aus unserem nächsten FinTech-Umfeld interviewt, um ihnen ein Gesicht zu geben. Um zu teilen, warum diese Branche für sie viel mehr ist als eine weitere Art, seine Miete zu bezahlen. Diese Menschen und deren Vita möchten wir in einer ganz eigenen Kategorie kurz porträtieren und vorstellen und haben dazu einen immer gleichen Fragenkatalog entworfen.
Diesmal beantwortet Cornelia Schwertner unsere Fragen. Cornelia ist Geschäftsführerin und Chief Risk Officer bei finleap connect.
Wer bist Du, was macht Du?
Ich bin Cornelia Schwertner, Geschäftsführerin und Chief Risk Officer bei finleap connect – einem PSD2-lizenzierten Technologie- und Softwareanbieter. Ich verantworte die Compliance und die volle Bandbreite an Risikothemen sowie Legal und Public Affairs bei uns. Da die Mehrheit unserer Kunden klassische Banken, Versicherungen oder bereits etablierte FinTechs sind, liefere ich auch Produktqualität und Kundenservice, d.h. Vertrauen in die Sicherheit unserer Produkte und eine komfortable Betreuung rund um die Outsourcing-Fragen unserer Kunden.
Daneben vertrete ich finleap als Board-Member der kürzlich neu gegründeten European FinTech Association in Brüssel. Hierüber wollen führende FinTechs aus Europa ihre Kräfte und ihre Tech-Kompetenz bündeln, um den Zugang zu bequemen, sicheren Online-Finanzdienstleistungen als Norm für alle Europäer zu unterstützen.
Was waren Deine ersten Berührungen mit der Payment- und Banking-Industrie?
Wenn wir meine KNAX-Comics-Phase in den frühen 1990ern überspringen dann ein Beratungsprojekt für die Umsetzung der gruppenweiten Fraud-Risikoanalyse bei einer Landesbank – direkt nach der Uni 2007.
Wann hast Du das Wort FinTech das erste Mal wahrgenommen?
Bewusst 2014 in meinem letzten Jahr als Beraterin. Eine junge Peer-to-Peer-Kreditplattform, die sich als FinTech definierte, wollte seinen Online-Marktplatz durch das “Gütesiegel” einer etablierten Big 4 Company aufwerten. Es hat dann aber noch zwei weitere Jahre und ein Bier mit André M. Bajorat gebraucht, bis ich realisiert habe, dass die Branche auch eine Chance für mich bedeuten könnte.
Wie definierst Du FinTech?
FinTech ist in jedem Fall nicht nur für die Branche sondern auch für mich ganz persönlich ein willkommener Neuanfang gewesen. Den Rest der Definition überlasse ich gern der Schwarmintelligenz von Wikipedia.
Was glaubst Du machen etablierte Unternehmen besser als FinTechs?
In Sachen Public Affairs, also klassischer Lobbyarbeit, haben etablierte Player natürlich einen wahnsinnigen Erfahrungs- , Netzwerk- und Ressourcenvorsprung, um den ich sie in meiner täglichen Arbeit so manches Mal beneidet habe. Ob sie ihn sinnvoll einsetzen, steht auf einem anderen Blatt.
Vor allem sind sie reflektierter und erkennen aufgrund ihrer langfristigen Erfahrungen in einer komplexen Industrie Risiken mit mehr Weitsicht. Sie sind methodisch sauberer in Strategiefragen, besser vorbereitet sowie geduldiger und realistischer, wenn es um Projekte geht. Sie sind also professioneller in der Umsetzung von Ideen. Leider stehen Ihnen aber genau diese Eigenschaften auch so manches Mal im Weg.
„Erfahrene Player sind reflektierter und erkennen aufgrund ihrer langfristigen Erfahrungen in einer komplexen Industrie Risiken mit mehr Weitsicht.“
Was kann man von FinTechs lernen?
- Ungeduld, Geschwindigkeit und Flexibilität.
- Kreativität und Ideenfindung: Offenheit für neue Impulse und auch mal mutige neue Wege (“Mistakes are proof that you are trying”).
- Den Eifer stehende Systeme und Strukturen mit Nachdruck zu hinterfragen und wandeln zu wollen, statt sie resigniert als unverrückbar hinzunehmen.
- Und von den erfolgreichen FinTechs: Technologie-Know How und Nutzer-Zentriertheit.
Banken und FinTechs sind also ein gutes Match, weil sich ihre Stärken und Schwächen ausgleichen. Genau deshalb bewegen wir uns ja bereits seit einer Zeit weg von der reinen David gegen Goliath-Sicht hin zu erfolgreichen Kooperationsmodellen.
Wieso tun sich etablierte (große) Unternehmen bei der Digitalisierung eigentlich so schwer?
Weil die Digitalisierung traditioneller Unternehmen und somit bestehender Strukturen vor allem eine Kulturfrage ist. Wenn man ein Unternehmen tatsächlich nachhaltig und nicht über jahrzehnte kleckerweise durch teure Projekte und Berater digitalisieren will, muss man es schaffen, die Unternehmenskultur maßgeblich zu ändern. Erfolgreiche Kultur-veränderungen müssen wiederum vorgelebt werden. Dies braucht schlaue, weltoffene und vor allem unterschiedlich denkende Köpfe, die es schaffen, neue Ideen voranzutreiben sowie harte Entscheidungen mit Transparenz und Empathie auszubalancieren. Viele Etablierte stehen leider noch am Anfang hinsichtlich der Diversität.
Somit fällt auch die Digitalisierung wesentlich schwerer. Ein weißes, klassisch männlich geprägtes Management neigt vielleicht eher dazu Digitalisierung als Kampf gegen alte Produkte, Prozesse und vielleicht sogar Mitarbeitergruppen zu führen und sich folglich Feinde zu schaffen, während ein neues, durchmischtes Management frische Ideen mitbringt und bei der Kommunikation auf die positive Seite der Veränderung für Teams fokussiert ist – somit auf ganz natürliche Art, Kollegen als Verbündete bei der Veränderung mitzunehmen weiß.
Was würdest Du beruflich machen, wenn Du nicht in der Payment- und Banking-Industrie arbeiten würdest?
Kommissarin, Lektorin, Kuratorin, Kapitänin, Ornithologin, Punkband-Gitarristin… wirklich schwer zu sagen.
Bei welchem Unternehmen würdest Du gerne mal einen Tag arbeiten?
Mit großer Produkt-Neugier bei Tomorrow oder mit großem Spaß im Internationalen Maritimen Museum in Hamburg.
Mit wem würdest Du gerne ein Bier trinken?
Mit Ruth Bader Ginsburg, deren Biographie mich unglaublich beeindruckt und Sylvie Matherat würde ich gern bei einem Bier zu ihren Erfahrungen ausfragen.