Deutsche Fintechs und Insurtechs: So lief das erste Halbjahr

Fintech- und Insurtech-Logos auf Geldscheinen – Symbolbild für Start-up-Investitionen 2025

Rund 1,2 Milliarden Euro haben deutsche Fintech und Insurtechs im ersten Halbjahr erhalten, dazu gab es noch mehrere Exits und Fusionen. Eine Übersicht über das erste Halbjahr. 

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Deutsche Start-ups im Finanzbereich haben im ersten Halbjahr dieses Jahres rund 1,2 Milliarden Euro von Investoren erhalten. Insgesamt haben wir 19 Finanzierungsrunden von Fintechs und zwei Finanzierungsrunden bei Insurtechs verzeichnet. Im Mittel erhielten die Start-ups 20 Millionen Euro, die geringste Finanzierung lag bei 3,1 Millionen Euro.

Das Volumen ist getrieben von einer 500 Millionen Euro hohen Finanzierungszusage an das Berliner Fintech Bees & Bears aus dem Januar. Das Geld dient dazu, Ratenkredite für Wärmepumpen, Energiespeicher und Wallboxen zu finanzieren und stammt von einer nicht näher genannten börsennotierten Bank aus der DACH-Region. 

Ein weiteres hohes Funding konnte sich Scalable Capital im Juni sichern: 155 Millionen Euro erhielt der Neobroker von Investor:innen wie Sofina, Noteus Partners, Balderton Capital, Tencent und HV Capital. 

Im Februar sammelte Solaris 140 Millionen Euro in einer Series-G-Finanzierungsrunde ein. Investiert haben vor allem die SBI Group und die Boerse Stuttgart Group. Die millionenschwere Finanzspritze machte die japanische SBI zum Mehrheitsinvestor und rettete die Existenz des Unternehmens – jedoch zu einem hohen Preis. Die Bewertung des einstigen Unicorns brach auf nur noch 90 Millionen Euro ein. 

Die meisten Finanzierungsrunden haben wir im Juni verzeichnet: Im letzten Monat des Halbjahrs erhielten sechs Start-ups Geld, darunter Payrails, Banxware, Scalable Capital, NaroIQ, Dealcircle und das Insurtech Baobab. Im Januar, April und Mai gab es jeweils vier Finanzierungsrunden. Im Februar und März war die Funding-Tätigkeit am geringsten mit jeweils zwei Finanzierungsrunden.

Geld steckten die Investoren vor allem in Kredit-Start-ups wie Neoshare, Bees & Bears, Tapline, Flexvelop und Banxware sowie Payment-Start-ups wie Nelly Solutions, Circula, Aufinity Group und Payrails. Die weiteren Finanzierungsrunden verteilen sich auf Geschäftsmodelle im Bereich API Banking, Insurtech, Trading, Investing und Krypto, Accounting, Geldwäscheprävention, Banking, Compliance, Finanzwissen, Immobilien, Nachhaltigkeit und Savings. 

Exits

Insgesamt zehn Exits gab es im ersten Halbjahr. Im Januar verkauften Marko Bradic und Mohit Tilwani ihr Krypto-Start-up Alphalink bereits wenige Monate nach der Gründung an den rumänischen Konkurrenten xPortal. 

Die KMU-Kreditplattform Fincompare hat den Wettbewerber Compeon übernommen. Gemeinsam wollen sie nun zum Marktführer für Mittelstandsfinanzierung werden. Compeon gehörte seit 2022 zu Dock Financial, das im vergangenen Jahr Insolvenz anmelden musste. Fincompare kaufte das Start-up aus der Insolvenzmasse, das nötige Kapital dazu stammte aus einer Finanzierungsrunde von der genossenschaftlichen Finanzgruppe. Auch die Technologie von Dock Financial fand im japanischen Technologiekonzern Rakuten einen neuen Käufer.

Ebenfalls im Januar ging das Buchhaltungs-Start-up Sevdesk an das französische Unternehmen Cegid, einen Abieter von Cloud-Business-Management-Lösungen. Mit der Akquisition baut Cegid seine Präsenz im deutschsprachigen Raum weiter aus. Seit Anfang Februar ist die Übernahme abgeschlossen. 

Im März erregte der Exit des Identitätsprüfungs-Start-ups IDnow an den Bestandsinvestor Corsair Aufmerksamkeit. Die Investmentgesellschaft legte nach Angaben des Manager Magazins 300 Millionen Dollar auf den Tisch und unterstützt IDnow nun beim weiteren Wachstum in Europa sowie bei weiteren Zukäufen.

Die Steuer-App Accountable wurde im April vom norwegischen Cloud-Softwareanbieter Visma für einen hohen zweistelligen Millionenbereich übernommen. Das Unternehmen soll eigenständig innerhalb der Visma-Gruppe bleiben.

Mit Account Digital ging im Mai ein drittes Start-up im Bereich Steuern und Buchhaltung vom Markt. Der Hamburger Konkurrent Taxdoo übernahm das Unternehmen, um sein eigenes Angebot für Steuerkanzleien und Online-Händler um KI-gestützte und automatisierte Buchhaltung zu erweitern. 

Mitte Juni übernahm das italienische Unternehmen Fabrick 75 Prozent der Anteile an FinAPI von der Schufa. Die Übernahme ermöglicht es Fabrick, im Bereich der Zahlungen zwischen Konten stärker zu werden und seine Marktposition in Deutschland und Österreich auszubauen. Die FinAPI-Kund:innen sollen vom Portfolio von Fabrick profitieren. 

Dann übernahm im Juni das Hamburger Unternehmen Dealcircle den Wettbewerber Deutsche Unternehmerbörse für einen mittleren siebenstelligen Betrag. Beide bieten Plattformen an, über die Unternehmen Käufer:innen suchen und den Verkauf abwickeln können.

Zuletzt kaufte das japanische Schifffahrtsunternehmen Nippon Yusen Kabushiki Kaisha (NYK) noch das Fintech Kadmos, das sich auf internationale Zahlungen für die Schifffahrt-Branche konzentriert. NYK möchte Kadmos mit seiner eigenen Zahlungsplattform Marcopay zusammenschließen, die sich bisher nur auf Zahlungen für Seefahrer:innen in den Philippinen konzentriert hat.

Fusionen

Im ersten Halbjahr konnten wir vier Fusionen beobachten. Unter dem Namen Harvest Group machen das deutsche Fincite und das französische Harvest nun gemeinsame Sache. Die beiden Wealthtechs wollen gemeinsam innerhalb Europas expandieren, unter anderem durch strategische Übernahmen, und in den nächsten vier Jahren ihren Gruppenumsatz verdoppeln. 

Im März entstand aus Billwerk+, Plenigo und Sofacto die neue Plattform Frisbii. Gemeinsam bieten sie in mehreren Märkten Lösungen rund um das Management von wiederkehrenden Zahlungen wie Abonnements an. Die deutschen Unternehmen Billwerk+ und Plenigo waren beide vorher in der Abonnementverwaltung tätig, wobei Plenigo sich auf die Medienbranche spezialisiert hatte. Auch Sofacto aus Frankreich hat eine Lösung für die Abonnementverwaltung entwickelt, die direkt in den Produkten von Salesforce eingebunden war.

Seit Januar kooperierten die beiden Investmentplattformen Wiwin und Zinsbaustein.de. Im April gaben sie bekannt, sich vollständig zusammenzuschließen. Derzeit sind beide Plattformen noch zugänglich, die technische Integration soll schrittweise erfolgen. Die beiden Unternehmen bieten Crowdinvesting in sich gut ergänzenden Branchen an: Zinsbaustein.de ermöglicht digitale Investitionen in Immobilien, Wiwin in erneuerbare Energien und Start-ups.

Zeitgleich gab es einen weiteren Zusammenschluss von mehreren Investmentplattformen: Seedmatch, Econeers und Mezzany machen nun gemeinsame Sache unter dem Namen OneCrowd und wollen zur ersten Anlaufstelle für alternative Investments im DACH-Raum werden. Seedmatch startete als Crowdinvesting-Plattform für Start-ups. Der Fokus von Econeers lag bei Investitionen in nachhaltige Geschäftsmodelle und erneuerbare Energien. Mezzany bot Immobilieninvestments an. 

Insolvenzen

Im Januar eröffnete die Finanzaufsicht Bafin ein vorläufiges Insolvenzverfahren gegen Element, seit März gibt es Gewissheit: Das Insurtech ist endgültig insolvent. Die Versicherungsverträge endeten zum 1. April automatisch. Nachdem die Hannover Rück im Dezember 2024 die Rückversicherungsverträge gekündigt hatte, ging der Niedergang des Insurtechs ganz schnell: Die BaFin verhängte ein Verbot für die Aufnahme von Neukund:innen und Element überschuldete sich. 

Autor

  • Sophie Deistler berichtet als freie Journalistin vor allem über Themen aus der Finanzwelt. Sie studiert Sozioökonomie im Master an der Universität Duisburg-Essen, hat einen Bachelor in Sozialwissenschaften von der Universität zu Köln und hat eine journalistische Ausbildung an der Kölner Journalistenschule abgeschlossen.

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