Ein Gastbeitrag von Silvia Follmann
Um Vision und Werte eines Unternehmens zu transportieren, braucht es mehr als die kommunikative Ebene der Worte. Auch visuell muss erfahrbar sein, für was ein Unternehmen steht. Die Idee, dabei möglichst gefällig zu bleiben, unterschätzt sowohl die Kraft eines guten Designs als auch die KundInnen selbst.
Aber wie mutig darf man dabei sein? Wie stark kann man sich von der gewohnten Ästhetik entfernen, in der sich die Branche als Ganzes bewegt und nachhaltiges Banking im Speziellen?
Tomorrow schaut mittlerweile auf rund 35.000 KundInnen, fast zehn Millionen Euro in Impact Investments und über 40 Millionen geschützte Quadratmeter Regenwald. Aber auch auf die Realisierung des ersten Kontos weltweit, das den eigenen CO2-Fußabdruck kompensiert. Was einmal eine abenteuerliche Vision war, ist zweieinhalb Jahre nach Gründung zur Realität geworden.
Wir von Tomorrow wollen die Branche aufrütteln und dies auch mit seinem bislang für die Bankenlandschaft unbekannten Design. Wir wollen auch visuell zeigen, was es heißt, radikal umzudenken und nachhaltiges Banking aus der Nische zu holen. Sicher ist es leichter, sich in den gewohnten Bahnen zu bewegen und allenfalls an ein paar ästhetischen Schrauben zu drehen.
Doch manchmal lohnt es sich, aus der Komfortzone auszubrechen. Denn wer wirklich Gewohnheiten verändern und Veränderungen voranbringen will, muss mehr, als Details korrigieren.
Ein gutes Design nimmt die KundInnen mit und macht Möglichkeiten auf
Während sich die etablierten Akteure des Bankings meist stählern, kühl und tendenziell maskulin zeigen, bedienen sich die nachhaltigen Banken mehrheitlich einer fast illusorischen Naturidylle, um ihre Werte zu transportieren. Jede Sparte bewegt sich in ihren eigenen, homogen gehaltenen ästhetischen Grenzen und vermittelt damit zwar eine leicht verständliche Message, schließt in der Eindimensionalität ihrer visuellen Ansprache aber gleichzeitig viele Zielgruppen aus.
Hier wird ein Entweder-Oder zwischen modernem Banking und Nachhaltigkeit aufgemacht – aber Design sollte mehr! So komplex die Aufgabe ist, Geld und Technologie zum Teil einer Lösung zu machen, so sind es auch die Menschen, die angesprochen werden wollen. Das gilt für moderne Banken, die eine neue Generation finanzbewusster, nachhaltig orientierter Anleger ansprechen, umso mehr. Mobiles, nachhaltiges Banking und auch ein gutes Design müssen sich an den Bedürfnissen der KundInnen orientieren, sie in ihrer Lebenswelt abholen – aber eben parallel auch neue Möglichkeiten aufmachen. Tomorrow hat sich für das Berliner Künstler-Duo Platform entschieden.
Die Künstler sollten eine bislang ungesehene, neue Bilderwelt im Banking entwickeln. Als Grundlage sollten Wärme und mehr Substanz dienen, um damit auch die menschliche Seite von Technologie herauszustellen. So ungewöhnlich das Medium Malerei als Grundlage für das Design eines Technologie-Unternehmens zu sein scheint, so sehr zahlt es auf den kulturellen Aspekt von Finanzen ein. Jedes nachhaltig orientierte Unternehmen sollte sich immer wieder überprüfen: Zu was für einer Kultur tragen wir bei und wie verändern wir, was noch nicht unserer Vorstellung entspricht?
„Nachhaltigkeit erstreckt sich über viele Ebenen, von denen die ökologische nur eine ist. Dies farblich darzustellen, stellt jedes Design vor eine Herausforderung, denn viele Unternehmen nutzen farbliche Komponenten, um ein ökologisches Bewusstsein vorzugaukeln, aber eigentlich nur Green-Washing betreiben“, sagt Jakob Berndt, Mitgründer von Tomorrow.
Ein völlig neuartiges Design entsteht nicht in einer Hau-Ruck-Aktion. In der Regel ist der Weg dahin intensiv. Wir haben beispielsweise über ein Jahr in die Entscheidungsfindung investiert und dabei sowohl die Community sowie alle Gewerke innerhalb von Tomorrow einbezogen. Der Weg, eine gemeinsame Idee zu entwickeln, macht vieles aufwendig. Ziel aber sollte es sein, eine authentische Darstellung zu finden, die von all jenen mitgetragen wird, die an der Unternehmensvision arbeiten.
„Ein völlig neuartiges Design entsteht nicht in einer Hau-Ruck-Aktion. In der Regel ist der Weg dahin intensiv.“
Tomorrows Design bietet durchaus Reibungsfläche – auch für einen Teil unserer KundInnen, der sich im alten Design aufgehoben fühlte. Jakob Berndt: „Der Anspruch, es allen Recht machen zu wollen, führt oft direkt ins Mittelmaß. Oft ist ein Hadern mit Veränderung auch mit einer zeitlichen Komponente verbunden, weil man sich an Neues erst gewöhnen muss. Wir setzen deshalb auf Transparenz und Austausch mit unserer Community, um sie im Prozess mitzunehmen.“
Reibung und Diskurs sind entscheidend für eine Bewegung nach vorne, weil sie neue Räume aufmachen. Genau die brauchen wir, um die Finanzwelt weiter zu verändern. Um die Nische des nachhaltigen Bankings zu sprengen, reicht kein Ausfallschritt zur Seite, sondern nur der mutige Schritt nach vorne – und das mit jedem Werkzeug, das einem zur Verfügung steht.
Die Autorin: Silvia Follmann
Photo by: Birgit Kaulfuß