Die sehr heterogene Kundengruppe der kleineren und mittleren Unternehmen verbindet eines: Sie kommt bei den Produktangeboten traditioneller Banken nicht so richtig vor. Der Kampf um diese Zielgruppe tobt jedenfalls rund um den Globus.

Die Leser:innen unseres täglichen Newsletters wissen, dass Investoren in den vergangenen zwölf Monaten ihr Geld abseits von Krypto vorzugsweise in zwei Segmente gesteckt haben: BNPL und Angebote für kleinere Unternehmen. Wenig verwunderlich, denn die „Small and medium-sized enterprises“ (SME) sind erstaunlich schlecht versorgt, wenn es um das Banking geht.

Fast alle Unternehmen sind SME

Die Statistiken sprechen eine eindeutige Sprache. Das Statistische Bundesamt schreibt, dass „fast alle Unternehmen in Deutschland zu den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) gehören“. Demnach arbeiteten, jedenfalls im Jahr 2019, gut die Hälfte der in Unternehmen Beschäftigten in kleinen und mittleren Unternehmen. Und auch die EU-Kommission kommt auf ihrer Seite zu dem gleichen Schluss. Damit stellt sich schon die Frage, wieso die Banken dieser Kundengruppe eher wenig passende Angebote unterbreiten, wenn sie zahlenmäßig denn so bedeutsam ist.

In Zeiten hoher Zinsen und toller Erträge hat man diesen Unternehmen zwar gern den Status des „Geschäftskunden“ verliehen. Aber abgesehen von höheren Kontoführungsgebühren und einem größeren Dispositionskredit hatten die Institute wenig im Angebot. „Kleinvieh macht auch Mist“, lautete die Devise. Und macht eben Arbeit. Denn die SME sind zwar zahlreich, aber wie die Statistiken auch zeigen, waren sie in Deutschland nur für knapp 30 Prozent des Umsatzes insgesamt verantwortlich. Mehr zu verdienen gab es für die Banken also bei den großen Firmen. 

Die Bedürfnisse von SME

Was SME benötigen, unterscheidet sich gar nicht von größeren Unternehmen. Die Ausgangssituation ist nur unterschiedlich. So gibt es weniger Personal, das sich um Banking, Buchhaltung und Finanzplanung kümmern kann. Es fehlt oft an tieferen Kenntnissen, weil die Finanzen von den Inhaber:innen des Unternehmens „nebenbei“ mitgemacht werden müssen. Und natürlich unterscheiden sich die Volumina.

Im Kern wollen SME wissen,

  • welche finanziellen Ressourcen das Unternehmen überhaupt hat,
  • wie die wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung ist,
  • welche Schritte notwendig sind, um den wirtschaftlichen Erfolg fortzusetzen.

Zudem müssen Sie Einnahmen und Ausgaben verwalten, eventuell Reisekosten verbuchen und möglicherweise Gelder aus dem Ausland annehmen oder ins Ausland überweisen. Und natürlich benötigen sie auch Kapital.

Einfache Lösungen sind gefragt

So unterschiedlich die SME auch sind, stoßen sie in der Zusammenarbeit mit Banken auf die gleichen Probleme:

  • Was, wenn kurzfristig Geld benötigt wird, um ein Projekt vorzufinanzieren oder Waren einzukaufen? Einen Kontokorrentkredit, also der klassische Dispo, muss den Banken erst einmal abgerungen werden. Der Kreditrahmen fällt natürlich umso kleiner aus, je kleiner und jünger das Unternehmen ist.
  • Die Schaltung von Werbung im Web geht nur per Kreditkarte? Klar, es geht auch die persönliche Kreditkarte der Inhaber:innen. Das ist aber unter Gesichtspunkten der Steuerprüfung eher schwierig.
  • Die Mitarbeitenden haben unterwegs Geld für das Unternehmen ausgelegt und sind gereist? Die Ausgaben zu erstatten und sie zugleich korrekt zu verbuchen, erfordern schon solide Kenntnisse in der Buchhaltung. Und eine passende Software, damit das auch alles dokumentiert werden kann.
  • Halsbrecherisch wird es für kleine Unternehmen, wenn sie Geld von ausländischen Kunden erhalten wollen. Cross Border Commerce klingt in der Theorie verführerisch, erweist sich in der Praxis dann aber als ungleich schwerer.

Für alle diese Aufgaben bietet die klassische Bank oder Sparkasse auch eine Lösung. Nur die sind komplex und die Antragsstrecken nicht einfach zu durchschauen. Von den Erfolgsaussichten bei kurzfristigen Krediten für ein Startup, etwa im E-Commerce, gar nicht erst zu reden. 

Bleiben die Fintechs allein – oder reagieren die Banken?

Eine ganze Reihe von Fintechs adressieren mit ihren Lösungen inzwischen die genannten Probleme der SME. Spesen- und Ausgabenmanagement, individuelle IBAN für die Abwicklung von Fremdwährungszahlungen, Warenvorfinanzierungen mit schneller Kreditzusage, Firmenkreditkarten und nicht zu vergessen die Unterstützung der Compliance sind alles Tätigkeitsfelder, die von jungen Unternehmen in Europa und den USA in Angriff genommen werden. So unterschiedlich ihre Lösungen sind, eint sie der Grundgedanke, dass bei ihnen Startups und Solo-Selbstständige keine Bittsteller, sondern erstzunehmende Kund:innen sind. Dank der durchgängigen Nutzung digitaler Ansätze versprechen sie auch, mit ihren Kund:innen mitwachsen zu können. 

Und wie sieht es mit den klassischen Banken aus? In den vergangenen Monaten mehren sich in den Fachmedien Artikel, in denen die Institute deutlich darauf hingewiesen werden, dass sie hier viel Geschäft liegen lassen, was sich rächen kann. Denn das Startup von heute ist vielleicht das Fortune–500-Enterprise von morgen. Zumindest die Deutsche Bank hat mit ihrer eher still gestarteten Initiative „Fyrst“ auf die Herausforderung durch die Fintechs reagiert. 

Wie entwickelt sich der Markt weiter? Bleiben die Fintechs mehr oder weniger unter sich? Oder kommt da von den Banken noch was? Das wird nur eine der Fragen sein, der wir auf dem Panel „Angriff der SME-Attacker. Sind sie schon unter uns und wenn ja, wie viele?“ auf der BEX22 nachgehen wollen. Zu Gast werden Vertreter von Moss, Pliant, Taxdoo, Fyrst Banking und Senacor sein.

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