Ein Gastbeitrag von Tim Lopens, Associate Management Consultant, und Valentin Schell, Senior Management Consultant, bei diconium
Die Klimakrise bedroht nicht nur einen Großteil der Artenvielfalt unseres Planeten – sie ist auch eine Gefahr für unsere globale Wirtschaft. Um die Auswirkungen der Erderwärmung möglichst gering zu halten, unterstützt auch die Europäische Kommission das Pariser Abkommen von 2015. Da die EU der Finanzbranche einen großen Hebel für die Einhaltung des 2-Grad-Ziels von Paris zuschreibt, rief sie die Initiative „Sustainable Finance“ ins Leben. Diese soll Banken dazu bewegen, einen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele zu leisten und eine aktive Rolle in der Beratung von Unternehmen und der Industrie zu nachhaltigeren Geschäftsmodellen einzunehmen.
Die Ergebnisse der aktuellen Studie des WWF dazu, wie deutschen Banken die Integration von Nachhaltigkeit gelingt, zeigen jedoch, dass Finanzinstitute noch einen langen Weg vor sich haben. Viele Banken sehen Nachhaltigkeit als Herausforderung und vergessen dabei das große Potential, welches nachhaltige Geschäftsmodelle bieten können. Doch anhand fünf konkreter Handlungsempfehlungen für Finanzinstitute lässt sich das Ziel des WWF einer „nachhaltigen Bank 2025“ realisieren.
Tipp 1: Nachhaltigkeit in der Unternehmensstrategie verankern
Der Appell der WWF-Studie zeigt sich entschlossen: Finanz-dienstleister sollen nicht nur passive Akteure des Wandels innerhalb unserer Wirtschaft sein, sondern sich zu einem aktiven Mitgestalter transformieren. Um diesem Ziel einen Schritt näher zu kommen, darf die Nachhaltig-keitsstrategie dabei nicht separat betrachtet werden, sondern muss vielmehr als essenzielles Element einer umfassenden Unternehmensstrategie auftauchen.
Nur so schaffen Banken die nötige Grundlage, die es ermöglicht, alle Entscheidungen und Prozesse basierend auf den vereinbarten klimaneutralen Kennzahlen zu treffen sowie Ziele und Maßnahmen zu entwickeln, die wegweisend für die gesamte Branche sind.
Tipp 2: Das Management aktivieren
Konsequentes Nachhaltigkeits-Management beginnt bei der Geschäftsführung. Die Geschäftsführung hat einerseits die Verantwortung die Nachhaltigkeitsstrategie einzuführen und diese konsequent voranzutreiben. Andererseits hat sie eine große Strahlkraft und stellt eine wichtige Vorbildfunktion für Mitarbeiter und weitere Stakeholder, wie z.B. Kunden oder Geschäftspartner, dar. Damit das Vorhaben einer nachhaltigen Strategie langfristig nicht vom Radar verschwindet, können für das Management zusätzliche Anreize geschaffen werden, wie beispielsweise Vergütungsvereinbarungen beim Erfüllen von Nachhaltigkeitszielen. Denn eins ist klar: Eine konsequente und glaubwürdige Nachhaltigkeitsstrategie ist viel mehr als ein Image-Booster. Die Entwicklung hin zu einer nachhaltigen Bank ist der Schlüssel für die Institute, um langfristig im Markt bestehen zu können.
Tipp 3: Produkte und Services nachhaltig denken
Bereits in der Produktentwicklung müssen Nachhaltigkeits-Faktoren konsequent mitbedacht werden. Banken sollten nachhaltige Produkte und Services entwickeln und anbieten, die sich am Lebenszyklus ihrer Kunden orientieren und ihren Präferenzen und Anforderungen an eine klimafreundliche Bank entsprechen. Um die Glaubwürdigkeit zu steigern, sollten Finanzdienstleister außerdem mit ihren innovativen Produkten und Services eine Customer Journey schaffen, also ein Kundenerlebnis, das durch passende digitale Angebote und die Transparenz hinsichtlich der Nachhaltigkeitskriterien besticht. Ein nachhaltiges Produktangebot ist dabei heutzutage fast schon Pflicht; es geht vielmehr um ein ganzheitliches, innovatives Serviceangebot entlang der gesamten Customer Journey.
Tipp 4: Banken als Vorbild und Mentor für die gesamte Wirtschaft verstehen
Die Rolle von Kreditinstituten für den Wandel der Gesamtwirtschaft darf nicht unterschätzt werden. Banken können mit einer erfolgreich implementierten Nachhaltigkeitsstrategie als Vorreiter für andere Unternehmen fungieren und diese dabei unterstützen, ihre existierenden Geschäftsmodelle hin zu klimafreundlichen zu transformieren – so beispielsweise mit federführender Beratung und Produkten, die Finanzierungs-lösungen für klimafreundliche Investitionen bieten. Folglich sind Banken zum einen in der Lage die Geschäftspotenziale von Unternehmen zu erweitern und zum anderen auch ihre eigenen Produkte und Dienstleistungen an die Nachfrage ihrer Kunden anzupassen. Eine Win-Win-Situation!
Tipp 5: Datenbasiertes Nachhaltigkeitsmanagement etablieren
Die Bank 2025 zeichnet sich durch ihre Fähigkeit aus, alle ihre Geschäftsfelder inklusive Produkte und Services permanent unter die Lupe zu nehmen und zu hinterfragen. Um das gewährleisten zu können, gehören Messdaten zu nachhaltigen Faktoren ebenso in die klassische Reporting-Struktur wie traditionell wirtschaftlich getriebene Indikatoren – beide Arten von Messwerten dürfen nicht getrennt voneinander analysiert werden. Nur so kann ein ganzheitliches Bild zum aktuellen Stand der Nachhaltigkeitsstrategie einer Bank entstehen. Für solch eine Auswertung stehen schon heute zahlreiche Tools zur Verfügung, auf die Banken und Finanzdienstleister zugreifen können, z.B. die Sustainable Balanced Scorecard oder das Toolset der United Nations Finance Initiative. Entsprechende Tools helfen nicht nur bei der Auswertung, sondern steigern gleichzeitig auch die Sichtbarkeit des Themas in der Geschäftsführung. Darüber hinaus helfen die zusätzlichen Daten auch anderen Abteilungen wie dem Risikomanagement bei einer adäquaten Einschätzung von möglichen strategischen Risiken.
Die nachhaltige Bank 2025 – darauf kommt es an
Um dem Titel einer nachhaltigen und visionären Bank 2025 gerecht zu werden, ist es von elementarer Bedeutung die vorhandene Strategie zu überdenken. Nachhaltigkeit sollte keinen zusätzlichen Aspekt darstellen, sondern als fundamentaler Teil in die Gesamtstrategie einfließen. Dabei ist der Kern einer erfolgreichen klimafreundlichen Strategie die verpflichtende Einsicht, dass es nicht ausschließlich darum geht, Gesetze und Richtlinien zu befolgen. Banken müssen verstehen, dass diese notwendige Transformation der Schlüssel zum künftigen Erfolg ist, der die gesamte Wertschöpfung auf ein neues Level heben kann.
Denn obwohl heutzutage Kunden ihren Banken noch loyal gegenüberstehen, ist diese Loyalität langfristig nicht selbstverständlich. Der Finanzmarkt befindet sich in einem ständigen Wandel und immer mehr FinTech-Anbieter bieten ihren Kunden ein nachhaltigeres und durch digitale Lösungen oftmals innovativeres Kundenerlebnis. Dieser Erkenntnis sollte man sich in erster Linie und insbesondere in der Chefetage etablierter Banken stellen.
„Obwohl Kunden heutzutage ihren Banken noch loyal gegenüberstehen, ist diese Loyalität langfristig nicht selbstverständlich.“
Etabliert sich das Thema Nachhaltigkeit erkennbar in der Unternehmensstrategie, im Geschäftsmodell und dem alltäglichen Geschäftsbetrieb, kann weiteres Marktpotenzial erschlossen und die Wettbewerbsfähigkeit von Finanzinstituten langfristig gesichert werden.
Über die Autoren
Valentin Schell ist Senior Management Consultant bei diconium strategy. Zuvor war er bei der Kreissparkasse Köln, bei der Deutschen Telekom und bei Bearing Point im Bereich Finance/Capital Markets tätig. Mit den Führungskräften namhafter Unternehmen überführt er bei diconium aktuelle Technologie-Trends in neuartige Geschäftsideen und leitet daraus innovative und tragfähige Geschäftsmodelle und Strategien ab.
Tim Lopens ist Digital-Experte bei diconium strategy und arbeitete bereits für die Volkswagen AG und A.P. Møller – Mærsk A/S. Als Associate Management Consultant unterstützt er u.a. Banken und Versicherungen bei der Entwicklung digitaler, nachhaltiger Geschäftsmodelle, der zukunftsfähigen Gestaltung der Kundenschnittstelle und der digitalen Organisations-entwicklung.