Gesetzgebung, Recht und Finanzwelt – mit diesen Themenfeldern beschäftigst sich ab sofort unsere monatliche Rechts-Kolumne. Die Partner von PayTechLaw erläutern darin neue Entscheidungen des Gesetzgebers, Fragestellungen zu regulatorischen Rahmenbedingungen und viele weitere rechtliche Untiefen der Juristerei aus der Payment, Banking und FinTech-Branche. Heute: BNPL und die rechtliche Struktur. So sind die Produkte in Deutschland aufgestellt
Unter den Anbietern scheint ein wahrer Goldrausch ausgebrochen zu sein. Immer weitere „Buy now, Pay later“ (BNPL)-Produkte drängen zurzeit auf den deutschen Markt. Grund genug, diese von der rechtlichen Seite beleuchten. Nachfolgend wird eine in Deutschland marktübliche rechtliche Struktur dargestellt werden – eine Auswahl.
Echtes vs. unechtes Factorin
BNPL ist in Deutschland meistens als Factoring ausgestaltet. Beim Factoring wird zivilrechtlich zwischen echtem und unechtem Factoring unterschieden. Wo liegt der Unterschied?
- Beim echten Factoring kauft das Factoring-Unternehmen Forderungen von Unternehmen auf, welche dieses Unternehmen wiederum gegenüber seinen Kunden hat. Das Factoring-Unternehmen übernimmt das Risiko, dass die Forderungen ausfallen (sog. Ausfallrisiko oder Delkredere-Risiko). Zivilrechtlich handelt es sich um einen Forderungskaufvertrag.
- Beim unechten Factoring werden die Forderungen auch an den Factoring-Unternehmen übertragen, doch übernimmt das Factoring-Unternehmen nicht das Ausfallrisiko. Das Factoring-Unternehmen kann bei Ausfall der gekauften Forderungen Rückgriff bei dem Unternehmen nehmen. Zivilrechtlich wird dies als Darlehensvertrag eingeordnet.
Üblicherweise sind BNPL-Produkte als echtes Factoring ausgestaltet.
Mehrere Parteien sind bei echtem Factoring beteiligt
Bei BNPL-Produkt als echtes Factoring sind folgende Parteien beteiligt:
Der Händler, der Ware oder Dienstleistungen an seine Kunden anbietet. Der Händler und der Kunde schließen in der Regel einen Kaufvertrag, aus dem der Händler eine Forderung gegen den Kunden hat. Diese Forderung verkauft der Händler an den BNPL Provider und erhält dafür einen Kaufpreis in Höhe des Nominalbetrages der Forderung bzgl. Gebühren.
Es gibt demnach zwei Kaufverträge, ein Kaufvertrag zwischen Händler und Kunden über die Ware und einen Kaufvertrag zwischen dem Händler und dem BNPL Provider. Je nach Set-up schließt der BNPL Provider eine Vereinbarung mit dem Kunden und vereinbart die Zahlungsziele, die Ratenzahlung und die Gebühren.
Alternativ vereinbart der Händler direkt die Zahlungsziele bzw. die Ratenzahlungen mit dem Kunden und tritt diese Forderung mit den vereinbarten Zahlungszielen / Raten an den BNPL Provider ab. In diesem Fall hat der BNPL Provider keine direkte Vereinbarung mit dem Kunden.
Aufsichtsrechtliche Einordnung von BNPL
Die aufsichtsrechtliche Einordnung von BNPL ist nach deutschem Recht etwas schwierig, denn nach Ansicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht („BaFin“) kann das echte Factoring aufsichtsrechtlich ein Zahlungsdienst nach dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) oder eine Finanzdienstleistung nach dem Kreditwesengesetz (KWG) sein.
Die BaFin unterscheidet danach, ob die Dienstleistung wirtschaftlich betrachtet auf die Zahlungsabwicklung oder auf die Finanzierung des Vertragspartners abzielt. Steht die Finanzierung im Vordergrund ist es ein Factoring nach dem KWG. Handelt es sich hingegen eher um eine Zahlungsabwicklung, wird das Factoring als Zahlungsdienst angesehen.
Da die BaFin eine wirtschaftliche Betrachtung anstellt, ist die Abgrenzung im Detail schwierig.
Mit einer Zahlungsdiensteerlaubnis kann man u.U. das Factoring sowohl in Form des Zahlungsdienstes nach dem ZAG als auch in Form des Finanzdienstleistungsgeschäft nach dem KWG betreiben. Umgekehrt geht es nicht. Mit einer Genehmigung nach dem KWG kann kein Factoring in Form eines Zahlungsdienstes erbracht werden.
Verpflichtungen der BNPL-Provider nach dem Geldwäschegesetz
Unabhängig davon, ob das Factoring als Zahlungsdienst oder als Finanzdienstleistung angeboten wird, ist der BNPL Provider ein Verpflichteter nach Geldwäschegesetz (GwG). Daher treffen den BNPL Provider die Pflichten nach dem GwG, insbesondere muss der BNPL Provider seine Kunden identifizieren. Daher muss der BNPL Provider auf jeden Fall den Händler geldwäscherechtlich identifizieren.
Ob der Kunde geldwäscherechtlich zu identifizieren ist, hängt davon ab, ob der BNPL Provider eine separate Geschäftsbeziehung mit dem Kunden schließt. Dies ist der Fall, wenn der BNPL Provider mit dem Kunden eine separate Vereinbarung schließt, beispielsweise die gekaufte Forderung nachträglich in eine Ratezahlung umwandelt. Dann besteht das Risiko, dass der BNPL Provider auch die Kunden des Händlers geldwäscherechtlich identifizieren muss.
Dies möchte der BNPL Provider in der Regel vermeiden, da die Identifizierung jedes Kunden im Check-out des Händlers viel zu aufwendig ist.
Bei Folgeprodukten zu BNPL kann dies unter Umständen ein Problem werden, beispielsweise wenn der BNPL Anbieter, dem Kunden anbieten möchte, nachträglich gegen Gebühr das Zahlungsziel nochmal zu verschieben. Auch dann kann unter Umständen eine Geschäftsbeziehung begründet werden.
Das sind Verbraucherkreditrechtlichen Vorschriften
Bei der Gestaltung der BNPL-Produkte ist entscheidend, ob und welche verbraucherkreditrechtlichen Vorschriften Anwendung finden. Dies setzt zuerst natürlich voraus, dass der Kunde ein Verbraucher ist. Eine erste entscheidende Weichenstellung ist, ob das BNPL-Produkt entgeltlich oder unentgeltlich angeboten wird.
Wird das BNPL-Produkt entgeltlich für den Kunden angeboten, greifen in der Regel sämtliche Vorschriften des Verbraucherkreditrechts. Bei dem typischen Ratenkauf mit Verzinsung oder Entgelt greifen daher sämtliche Vorschriften des Verbraucherkreditrechts. Dies sind insbesondere folgende Regelungen:
- Schriftform
- Vorvertragliche Informationspflichten
- Widerrufsrecht
- Pflicht zur Bonitätsprüfung
Insbesondere im eCommerce stellt das Schriftformerfordernis eine kaum zu überwindende Hürde dar. Daher sieht das Gesetz beim Ratenkauf eine Erleichterung vor. Ein Ratenkauf kann digital abgewickelt werden, wenn der Check-out die gesetzlichen Mindestangaben vorsieht und den Vertragsinhalt auf einem dauerhaften Datenträger mitteilt.
Die Mindestangaben sind u.a. die Angaben, die bei Ratenzahlungen im Check-out angezeigt werden müssen: Barzahlungspreis, Sollzinssatz, effektiver Jahreszins und ein Tilgungsplan. Wird das BNPL-Produkt dagegen unentgeltlich angeboten, greifen keine oder nur stark reduzierte Regelungen des Verbraucherkreditrechts.
Ein typisches unentgeltliches BNPL-Produkt ist der Rechnungskauf, für den in der Regel dem Kunden keine Gebühr auferlegt wird.
Keine einheitliche Regulierung in der EU
Kann diese Struktur in andere Länder übertragen werden? Eine einheitliche Regulierung von Factoring in der EU gibt es nicht. Auch die aufsichtsrechtliche Einordnung der BNPL-Produkte ist nicht zwingend auf jedes Land in der EU übertragbar. Die Genehmigung zum KWG-Factoring kann nicht in andere Länder gepassportet werden.
Dagegen kann eine Genehmigung für Zahlungsdienste in andere Länder der EU gepassportet werden. Dies sieht auf den ersten Blick nach einer Vereinfachung aus, doch ist die Einordnung der BNPL-Produkte als Zahlungsdienst (siehe Nr. 3) nicht zwingend auf andere Länder übertragbar. In anderen Jurisdiktionen besteht das Risiko, dass das Factoring kein Zahlungsdienst ist, sondern beispielsweise ein Kreditgeschäft darstellt. Dafür wäre u.a. eine Erlaubnis zum Betreiben von Kreditgeschäften notwendig. Dies ist leider von Jurisdiktion zu Jurisdiktion unterschiedlich.