Bezahlfunktion des Messenger-Giganten: Wann kommt WhatsApp Pay?

Bezahlfunktion des Messenger-Giganten: Wann kommt WhatsApp Pay?

Nachrichten schreiben, Chatten, Bilder senden, telefonieren. Funktionen, die die meisten von uns täglich über den Messenger-Dienst „WhatsApp“ nutzen. Möglicherweise kommt in nicht allzu ferner Zukunft ein neues Feature für die deutschen Nutzer hinzu: ein integrierter Bezahldienst. Was bei uns noch unter „Zukunftsmusik“ läuft, können indische WhatsApp-User bereits nutzen. Was kann WhatsApp Payment? Wieso schlug der Roll-out in Brasilien fehl? Und wann könnte es in Deutschland so weit sein? Der aktuelle Stand zum Payment-Service des populären Messengers.

Geld-Versand unkompliziert sowie schnell und einfach über den aktuell laufenden Chat des beliebtesten Chat-Dienstes der Welt – Nach über zweieinhalb Jahren Wartezeit startete der seit 2014 zu Facebook gehörende Instant Messaging-Dienst WhatsApp seine Payment-Funktion in Indien[1].

Direkt über WhatsApp bezahlen oder kostenfrei Geld an Freunde und Bekannte senden – WhatsApp springt auf einen Zug auf, den viele direkt in Richtung Zukunft des Bezahlens rasen sehen. Es geht um mobile Payment. In vielen asiatischen Ländern erfreut sich digital Payment über mobile Endgeräte schon länger großer Akzeptanz.

Auch in Deutschland steigt die Zahl der Nutzer, die immer öfter auf moderne, kontaktlose Bezahlmethoden zurückgreifen und ihr positiv gegenüberstehen. Allein im Verlauf dieses Jahres erhöhte sie sich von sechs auf zwölf Prozent[2] im Vergleich zu 2019. Neben den mit der Corona-Pandemie zusammenhängenden (Hygiene-)Bedenken liegt dies vor allem an der

  • Schnelligkeit
  • Einfachheit des Geldtransfers
  • Bequemlichkeit
  • Unkompliziertheit des Einkauf-
    und Bezahlvorgangs

Facebook bietet damit eine Zahlungsfunktion in einem Messenger, der von einem Großteil der Menschen auf der ganzen Welt genutzt wird. So kommt man künftig vielleicht gar nicht mehr an der neuen Payment-Funktion vorbei – falls diese noch in weiteren Ländern und Märkten zur Verfügung gestellt wird.

WhatsApp: Popularität und Nutzerzahlen steigen weiter

Denn die Beliebtheit von WhatsApp ist seit Jahren nicht nur ungebrochen. Sie steigt nach wie vor konstant. So nutzen etwa rund 80 Prozent aller Deutschen den Messenger[3] (Stand: Oktober 2020).  Das sind vier Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Global sieht es nicht anders aus. Mit zwei Milliarden aktiven Nutzern ist WhatsApp die international beliebteste Messanger-App, deutlich vor dem Facebook-Messenger (1,3 Milliarden User) und dem chinesischen Chat-Dienst WeChat (1,2 Milliarden Nutzer).

Entwicklung der monatlich aktiven WhatsApp-Nutzer weltweit (in Millionen, Quelle: Statista.com)

Besonders in Indien ist WhatsApp beliebt. 96 Prozent aller Smartphone-Nutzer greifen bei der Messenger-Kommunikation auf WhatsApp zurück.

Die Bedingungen für eine Einführung von mobile Payment im Allgemeinen und WhatsApp Pay im Besonderen in Indien waren daher mehr als günstig:

  • Mit 400 Millionen aktiven Nutzern gehört Indien
    für WhatsApp zu den größten Märkten
  • Kartenzahlungen erfreuen sich in dem südasiatischen Riesenreich
    weit weniger großer Beliebtheit als etwa in Europa

Voraussetzungen & Funktionsweise

“Ab heute können Menschen in ganz Indien Geld über WhatsApp senden. Diese sichere Zahlungsweise macht den Geldtransfer so einfach wie das Senden einer Nachricht.“

Mit diesen Worten, die aus einem zeitgleich zum Release veröffentlichten Blog-Beitrag stammen, gab WhatsApp den Start des neuen In-App-Bezahldienstes bekannt. Damit endete eine über zweieinhalbjährige Wartezeit. Denn bereits seit Anfang 2018[4] lief in Indien eine Betaphase für ein eigenes, über Smartphones nutzbares, digitales Payment-Feature. Die Payment-Funktion wurde gemeinsam mit der National Payments Corporation of India (NPCI), einer Dachorganisation für den Betrieb von Zahlungssystemen für indische Privatkunden, entwickelt. Zum Einsatz kommt das sog. Unified Payment Interface (UPI), das Transaktionen zwischen (insgesamt 160 unterstützenden) Banken erleichtert. Es gehört zu den

ersten Echtheit-Zahlungssysteme in dem Land. Facebook arbeitet für WhatsApp Pay mit eigenen der führenden Banken und Finanzinstitute Indiens zusammen, darunter Axis Bank, HDFC Bank, die State Bank of India und die Jio Payments Bank.

Um direkt über die App Geld zu senden oder zu empfangen, benötigt der Nutzer zwei Dinge:

  • ein indisches Bankkonto
  • eine indische Debitkarte

Und so (vereinfacht zusammengefasst) funktioniert der Service:

Zunächst wählt man in der App den Kontakt, an den man Geld schicken möchte. Ist die betreffende Person ausgewählt, kann die Transaktion an das Konto des Freundes, Bekannten oder Familienmitglieds direkt über WhatsApp erfolgen. Dazu sendet der Messenger die entsprechende Anweisung an die jeweilige Bank. Diese leitet den Geldtransfer zwischen dem Konto des Senders und dem des Empfängers über das Real-Time-Zahlungssystem UPI in die Wege. Wenige Sekunden später ist die Transaktion abgeschlossen.

Aktuell kann man so bis zu 5.000 Indische Rupien, etwas mehr als 55 Euro, mit einer Transaktion verschicken[5].

Konflikte nach Einführung in Brasilien

Doch so ganz reibungslos gestalteten sich die Einführung (sowie bereits erste Ankündigungen) des mobilen Bezahldienstes nicht. Im Gegenteil. In Brasilien wurde WhatsApp Pay bereits kurz nach Markteinführung im Sommer 2020 wieder gestoppt[6]. Nach nur einer Woche. Facebook plante, WhatsApp Pay nach erfolgreichem Start in Brasilien schnellstmöglich auf viele weitere Staaten und das gesamte Facebook-Plattformökosystem auszuweiten. Dabei war der Launch in dem südamerikanischen Land zunächst fast erwartbar und kam nicht allzu überraschend. Denn Brasilien zählt neben Indien zu den größten Märkten des Messengers. Über 100 Millionen von insgesamt rund 210 Millionen Bewohnern nutzen den Instant Messenger.

WhatsApp Pay scheiterte letztlich an der fehlenden Genehmigung. Ohne eine solche rollte Facebook das neue Angebot in Brasilien aus. Facebook vertrat die Ansicht, dass man lediglich als Zahlungsvermittler agiere und daher keine Genehmigung benötige. Die brasilianische Zentralbank und der wirtschaftliche Verwaltungsrat sahen es anders, da sie eine nachhaltige Schädigung der brasilianischen Wirtschaft durch WhatsApp Pay befürchteten.

Und: mögliche Wettbewerbsvorteile für den bei der Bevölkerung so beliebten Messenger. Im Fokus stand zudem die Frage nach dem Schutz der persönlichen Daten der Nutzer. Kurzum: Facebook ruderte zurück und WhatsApp Pay wurde in Brasilien fürs Erste vom Markt genommen.

Bezahlfunktion des Messenger-Giganten: Wann kommt WhatsApp Pay?

Auch in Indien lief nicht alles reibungslos. Schon kurz nach der Ankündigung der Markteinführung vor einigen Monaten, trat die indische Wettbewerbskommission auf den Plan. Es kamen Beschwerden gegen die Pläne von WhatsApp auf, denen die Wettbewerbshüter nachgehen mussten. Wie schon in Brasilien ging es um die Befürchtung der „unfairen Wettbewerbsvorteile“.              

Kommt WhatsApp Pay nach Deutschland?

Ob WhatsApp Pay zeitnah in anderen Staaten Europas und damit vielleicht auch bald in Deutschland zur Verfügung steht, ist gegenwärtig noch nicht bekannt. Facebook und Mark Zuckerberg halten sich zu dieser Frage bedeckt, zumal man erst einmal abwarten möchte, wie und ob die neue Payment-Funktion in Indien wie gewünscht von den Nutzern angenommen und genutzt wird. Die Erfahrungen in Brasilien sorgen wohl auch dafür, dass Facebook hier künftig etwas vorsichtiger agiert – nicht zuletzt was große Ankündigungen und über die Presse kommunizierte Ziele betrifft.

Denn ursprünglich lautete das zu Beginn des Jahres 2020 formulierte Ziel: Das Payment-Feature solle bis zur Jahresmitte 2020 auf jeden Fall in mehreren Ländern ausgerollt werden. Davon ist WhatsApp im Moment aber noch weit entfernt. In welchen Regionen und Ländern die Bezahlfunktion noch geplant ist und ob Deutschland dabei sein wird konnte (oder wollte) Zuckerberg zuletzt (Stand: Anfang November 2020) jedenfalls nicht verraten[7].

Sicher aber ist auch: Einige innovative Player am Markt, wie etwa die Smartphone-Bank N26 aber auch die Deutsche Bank, kommunizieren und diskutieren bereits fleißig mit ihren deutschen Kunden über die vielfältigen Möglichkeiten des WhatsApp-Payment-Features und des Online-Bankings per WhatsApp[8].


Quellen:

[1]WhatsApp Pay startet in Indien: Geld-Versand per Chat – teltarif.de News

[2]https://www.springerprofessional.de/mobile-payment/handel/verbraucher-wollen-neue-bezahlformen-flaechendeckend/18252864

[3]Immer aktuell: WhatsApp Nutzerzahlen, Daten und Statistiken für Deutschland (messengerpeople.com)

[4]Zahlen per WhatsApp: Nächstes Land bekommt Bezahlfunktion – CHIP

[5]WhatsApp Pay einrichten: Nur 6 Schritte sind nötig – Apps – futurezone.de

[6]WhatsApp Pay: Welches Potenzial hat der Zahlungsdienst wirklich? – internetworld.de

[7]Zahlen per WhatsApp: Nächstes Land bekommt Bezahlfunktion – CHIP

[8]Online Banking per WhatsApp? Banken-Urgestein erfindet sich neu – Digital Life – futurezone.de

Autor

  • Nicole Nitsche ist studierte Theaterwissenschaftlerin und hat mehrere Jahre als Regieassistentin beim Thalia Theater Hamburg gearbeitet. Danach war Nicole Leiterin der Presse-und Marketingabteilung eines Hamburger Musiklabels. Als klassische Quereinsteigerin hat sie die komplette Kommunikation sowie den Aufbau der Redaktion bei Payment & Banking geleitet und verantwortet. Nicole ist seit August 2021 Geschäftsführerin von Payment & Banking und ist verantwortlich für die Bereiche Struktur, Planung, Umsetzung und Konzipierung von allen Events (z.B PEX, BEX, TRX & CryptX).

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