Immer mehr Digitalkonzerne geben Kleinunternehmen einfache Möglichkeiten, um schnell Finanzierungen zu beantragen. Vor allem in den USA bieten schon viele Unternehmen diesen Service an. Wer die Bedürfnisse seiner Kunden im Blick hat, der wird auch in Deutschland nicht darum herumkommen.
Die Pandemie hat digitale Prozesse beschleunigt. Mit Blick auf das Feld der Finanzierungen wird schnell klar, warum: Für viele Firmen sind gerade jetzt kurzfristige, kleine Finanzierungen wichtig, um Liquiditätsengpässe zu überbrücken. Die Bundesbank stellte zuletzt fest, dass die Vergabe seit einem Zwischentief im Jahr 2014 kontinuierlich wuchs, streckenweise um fast sechs Prozent pro Jahr.
Die Vorbilder sitzen in den USA
Wer an diesem Geschäft teilhaben möchte, der muss die Prozesse für seine Kunden so angenehm wie möglich machen. Bequemlichkeit ist in der Finanzwelt des 21. Jahrhunderts längst einer der entscheidenden Treiber von Veränderungen geworden. Kein Kunde, ob nun privat oder geschäftlich, akzeptiert noch unnötige Hindernisse, die ihm seine Hausbank bei Geldgeschäften in den Weg stellt. Fühlt er sich nicht wertgeschätzt oder hat er das Gefühl, das Angebot sei woanders besser, dann wechselt er schnell. Dazu kommen viele Neobanken, die voll auf eine komfortable User Experience bei Finanzierungen setzen und damit den alteingesessenen Instituten Konkurrenz machen.
Kurzfristige Liquidität ist wichtig
International ist die Etablierung digitaler Liquiditätsbeschaffung bereits deutlich weiter vorangeschritten. Dies beweisen etwa der US-amerikanische Online-Bezahldienst Stripe oder die kanadische E-Commerce-Softwarefirma Shopify; Beide stellen den Unternehmern, die ihre Angebote nutzen, kleinere Kredite zur Verfügung, um kurzfristig Liquidität zu sichern. Gerade bei Kleinunternehmern, für die es um reibungslose Abläufe, die wenig Zeit und Anstrengungen kosten, geht, sind solche Optionen sehr beliebt.
Neben Stripe und Shopify ist auch Square dabei. Das Fintech von Twitter-Gründer Jack Dorsey stellt Firmen kurzfristig Liquidität zur Verfügung. Und auch bei Amazon gibt es Finanzierungsangebote. Für diese Unternehmen besteht durch die Bereitstellung von Finanzierungsangeboten der Vorteil, dass die Kleinunternehmen, ihr Geschäft entwickeln und etablieren können und so als Kunden bestehen bleiben und gegebenenfalls ihre Nachfrage erhöhen.
Wer die Berührungspunkte hat, gewinnt
Warum aber sind diese Angebote bequemer für die Unternehmer als etwa vergleichbare Kredite ihrer Hausbank? Das Entscheidende sind die Berührungspunkte, die die Kleinunternehmer mit anderen Firmen haben. Wer den Amazon Marketplace als Vertriebskanal nutzt, ist tagtäglich mit dem Konzern in Kontakt und nutzt dessen Benutzeroberfläche für viele Prozesse. Wenn dann die mögliche Liquiditätsspritze nur einen weiteren Klick entfernt ist, ist das deutlich bequemer, als der Weg zur Bank. Auch in Deutschland weitverbreitete Praktiken wie etwa das Factoring, also das Übertragen von Forderungen an Dritte, kann da nicht mithalten, allein schon, weil es in der Regel teurer ist.
Handel hat noch die Pole-Position
Hierzulande ist dieses Angebot aber vielerorts noch nicht besetzt. Natürlich nimmt beim Onlinehandel der jeweilige Marktplatz die Pole-Position ein –Wobei auch hier nicht jeder bereits eine Lösung wie Amazon hat. Allein in Deutschland gibt es Jahr für Jahr mehr Marktplatzangebote. Alteingesessene Händler wie Otto oder Media-Saturn haben solche gestartet, dazu kommen neue Anbieter wie Etsy oder Ideal.
Bei Offlinegeschäften, wie etwa einem Kiosk, gibt es ganz andere Berührungspunkte. Hier könnte es zum Beispiel die Buchhaltungssoftware des Betreibers sein, die ihm die entsprechende Liquiditätshilfe direkt mitanbietet. Oft haben diejenigen, die den Kleinunternehmern Kredite anbieten können, auch bereits einen bemerkenswerten Datensatz über diese vorliegen, was es einfach macht, die Kreditwürdigkeit frühzeitig zu bewerten und das Risikomanagement entsprechend auszurichten. Darauf basierend lassen sich dann auch Zinssätze berechnen.
Je nach eigenem Angebot können dann auch Zinszahlungen direkt aus der Geschäftstätigkeit abgeführt werden. Sowohl für den Kreditgeber als auch den Kreditnehmer wird der Prozess so sicherer, bequemer und schneller, eine klassische Win-win-Situation.
Im Ende der Coronakrise liegt die Chance für Fintechs
Während die Großen wie Amazon oder PayPal hier auf In-House-Lösungen setzen, gibt es auch eine Nachfrage nach Angeboten von Externen. FinTechs haben hier beste Karten, um etwa mit Whitelabel-Lösungen viele Anbieter gleichzeitig zu beliefern. Die Banken selbst sind dafür nicht agil genug, werden aber trotzdem eine wichtige Rolle einnehmen. Sie stellen weiterhin die Infrastruktur und sind diejenigen, die die Finanzierung letztendlich ausgeben. Gerade jetzt sollten sich alle an diesem Ökosystem Beteiligten Gedanken machen, wie Lending in Zukunft funktionieren wird. Nach Corona wird es einen Schub an Unternehmensgründungen geben. Dieser erfordert Liquidität. Genau wie alteingesessene Firmen, die kurzfristig ihre Liquidität gewährleisten müssen, haben auch neu gegründete Unternehmen das Problem, dass Banken oft erst nach einer gewissen Phase Finanzierungen an Unternehmen ausgeben. Das ist eine Chance für die Unternehmen, die an den Berührungspunkten sitzen, direkt gute Beziehungen zu ihren Kunden aufzubauen und diese langfristig für das eigene Finanzierungsangebot zu gewinnen.