Seit Monatsbeginn unterliegen all diejenigen, die vermögenswertreferenzierte Token ausgeben, der Bundesfinanzaufsicht. Die Regulierung des Kryptomarktes nimmt damit immer weiter Gestalt an.
Papier, so hieß es damals in der analogen Welt, ist geduldig. Doch nun entfaltet Micar, die EU-Verordnung über Märkte für Kryptowerte (Markets in Crypto-Assets Regulation, kurz Micar), immer mehr seine Wirkung. Bereits vor über einem Jahr, am 9. Juni 2023, in Kraft getreten, gelten seit Wochenbeginn die Titel III und IV des europäischen Regelwerks. Für die Kryptowelt bedeutet das mehr Aufsicht, für die Anleger soll es mehr Schutz bringen und die Bafin selbst gibt als Ziel „Innovationen fördern und Risiken eindämmen“ aus. Es steckt also eine ganze Menge drin. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Was ist Micar?
Micar ist Teil eines EU-Pakets zu Digitalisierung des Finanzsektors. Die EU-Verordnung soll dazu dienen, einen harmonisierten europäischen Regulierungsrahmen für Kryptowerte zu schaffen. So sollen auch nach dem Willen der EU Innovationen gefördert, das Potenzial von Kryptowerten gehoben und Verbraucher geschützt werden.
Was reguliert Micar?
Im Grunde unterscheidet Micar zwischen dem Primär- und dem Sekundärmarkt. Unter dem Primärmarkt fasst die Verordnung die Emission von Kryptowerten, beim Sekundärmarkt geht es um Dienstleistungen. Micar gibt den Marktteilnehmern Offenlegungspflichten für die Emission und den Handel von Krypotwerten vor. Zudem brauchen Dienstleister wie Anbieter eine Zulassung und werden beaufsichtigt.
Micar besteht dazu aus mehreren „Titeln“, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten in Kraft treten. Noch nicht gültig ist etwa Titel V. Dabei geht es um die Anwendbarkeit der Regelungen für die Anbieter von Krypto-Dienstleistungen. Auch bei Titel II und VI ist es noch nicht soweit.
Neben dem Begriff Kryptowert definiert Micar spezifische Kategorien solcher Werte: E-Geld-Token, vermögenswertreferenzierte Token und sonstige Token, einschließlich Utility Token. Zu den sonstigen Token zählen laut Bafin auch bekannte Kryptowerte wie Bitcoin und Ethereum.
Was wird nun von der Bafin überwacht?
Von nun an gelten die Titel III und IV von Micar. Titel IV betrifft Emittenten von E-Geld-Token. Dabei handelt es sich im juristischen Sinne um eine neue Klasse des digitalen Geldes. E-Geld-Token sind eine digitale Darstellung von Fiat-Geld (wie Euro oder US-Dollar). Ein solcher Token muss dabei zwei Merkmale erfüllen: Er muss wertstabil erscheinen, weil er sich auf den Wert einer offiziellen Währung bezieht und er muss eine Technologie wie Distributed Ledger nutzen. Diese Technologie ist oftmals die Grundlage für virtuelle Währungen. Bekannte Beispiele sind Stablecoins wie Tether. Um die Frage, was Micar für solche Stable Coins bedeutet, geht es auch in der neuesten Folge des Podcasts Bitcoin, Fiat & Rock ’n‘ Roll.
Bei Titel III geht es um vermögenswertreferenzierte Token (Asset-Referenced-Token, ART). Das sind Kryptowerte, deren Stabilität nicht an einer Währung ausgerichtet ist, sondern an anderen Mitteln, etwa Gold. Grundsätzlich gilt für Emittenten von ART, dass sie eine Zulassung von ihrer nationalen Aufsichtsbehörde benötigen. Zudem müssen sie ihren Sitz in der EU haben und sind verpflichtet, ein Whitepaper zu erstellen. Diese leicht verständliche Zusammenfassung der wesentlichen Informationen über den Emittenten und zum ausgegebenen Kryptowert wird von der Bafin vorab kontrolliert.
ART-Emittenten müssen zudem eine Vermögenswertreserve vorhalten, die einige Risiken abdecken soll. So sollen Kunden zum Beispiel jederzeit die Möglichkeit haben, ihr eingezahltes Geld wieder abzuziehen..
Eine Rolle dürfte zukünftig bei all dem auch das Finanzmarktdigitalisierungsgesetz spielen. Dort geregelt wird dann unter anderem, was bei Verstößen gegen Micar passieren soll. Ein Regierungsentwurf liegt bereits vor, doch aktuell hakt es in der Koalition bei dem Thema.
Wie sinnvoll ist Micar?
Eine europäisch einheitliche Regulierung und klare Definitionen zu Kryptomärkten können sicherlich helfen. Die Bafin sieht darin auch eine Maßnahme, die Vertrauen in digitale Finanzangebote schaffen kann.
Micar führt für die Branche aber bereits zu Problemen. Die Krypo-Börse Binance hat daher bereits Einschränkungen für Stable Coins auf ihrer Plattform angekündigt. Denn Micar macht für ausländische Stable Coins, die also nicht den Euro abbilden, strengere Vorgaben. Mehr dazu gibt es ebenfalls im Podcast Bitcoin, Fiat & Rock ’n‘ Roll.
Selbst die Bafin sieht weitere Herausforderungen. Das ist zum einen der technische Fortschritt. „Regulierung und Aufsicht müssen mit der dynamischen Entwicklung der Kryptobranche Schritt halten“, heißt es in einem von der Bafin veröffentlichten Artikel zu dem Thema. Zudem warnen die Aufseher, dass Micar nur eine europäische Regelung und kein internationaler Standard ist. Der müsse noch geschaffen werden.