Apple Pay ist da: Bitte gehen Sie weiter, es gibt nichts zu sehen

Apple Pay ist da. Nach dem sich Google bereits im Sommer erbarmte den deutschen Kartenverweigerern Google Pay zu bringen, kommt pünktlich vor Weihnachten das nächste Geschenk: Apple Pay. Jetzt sind sie also da, die beiden ”großen” mobilen Bezahlverfahren von Apple und Google. Nach Ländern wie Ukraine, Polen, Kasachstan dürfen wir auch Apple und Google Pay nutzen. Nichts gegen diese Länder aber das ausgerechnet wir, das Land der Techniker und Ingenieure, fast als letztes in den Genuss kommen, ist irgendwie traurig. Aber auch wenig überraschend, denn die Liebe der Deutschen zum Bargeld kann man jedes Jahr den Zahlen der Bundesbank entnehmen. Das ist ja auch der Grund, warum bisher die vielen alternativen mobilen Bezahlverfahren in Deutschland nie zum Fliegen kamen. “Nur Bares ist Wahres”, “Geld stinkt nicht” und “Bargeld lacht” sind die Leitmotive der deutschen Konsumenten.

Die Konsumenten sind schließlich auch schuld, dass sich beim mobilen Bezahlen in Deutschland seit Jahren so wenig bewegt. Möglichkeiten mobil zu bezahlen, gab es lange vor Google und Apple. Der Konsument hätte also schon vor Jahren die Lösungen der Mobilfunkbetreiber oder diverser Startups nutzen können. Hat er aber nicht. Deshalb gibt es diese Lösungen allesamt auch nicht mehr. Man hätte in Deutschland viel leichter und schneller mobiles Bezahlen etablieren können, wenn es die engstirnigen Konsumenten nicht gäbe!

Photo by Christian Dubovan
Photo by Christian Dubovan

Mobile Payment: Germany first

Und die gilt es zu überzeugen. Weshalb auch gleich eine handvoll Banken in diesem Jahr eigene, nationale Lösungen auf den Weg brachten. “Am Ende gewinnen immer die Deutschen“, sagte 1990 Gary Lineker. Und was für den Fußball gilt, kann genauso für den Zahlungsverkehr gelten. Wenn einer den deutschen Bargeldjunkies alternative Bezahlverfahren beibringen kann, dann doch bitte die deutsche Kreditwirtschaft. Im Zweifelsfall muss man den Konsumenten zu seinem Glück zwingen. Das macht man bei den Online-Bezahlverfahren schon so, warum sollte das nicht auch für mobile Bezahlverfahren funktionieren?

Das Apple und Google nun gestartet sind, interessiert abgesehen von wenigen Abtrünnigen, die deutsche Bankenlandschaft nicht. Was juckt es die deutsche Eiche wenn sich Apple oder Google daran kratzt? Gar nicht. Deshalb hat die deutsche Kreditwirtschaft Jahre lang vor allem eines gegenüber Google und Apple getan: Widerstand geleistet.

Mobile Payment: Schuld sind immer die Anderen

Das wir in Deutschland im Zahlungsverkehr an der ein oder anderen Stelle hinterherhinken hat natürlich Gründe. Einer davon ist der verbissene deutsche Konsument. Der will ja nicht anders. Der wollte auch nie eine Kreditkarte. Und es ist ja auch irgendwie beruhigend dem 80 jährigen Ich-habs-passend-Bezahler bei Edeka an der Kasse die Schuld daran zu geben, dass wir in Deutschland, was den Zahlungsverkehr betrifft, ein Entwicklungsland sind.

Realität in Deutschland. Harte Münzen.

Das selbst der willige Kunde all diese ganzen selbstgebauten Lösungen oft nur unter bestimmten Voraussetzungen nutzen kann mag zwar sein, aber da wollen wie jetzt mal nicht kleinlich werden! Zu wenig Kartenakzeptanz im Handel? Quatsch. Künstliche Limits beim Bezahlen mit Karte? Einzelfälle. Zu wenig Aufklärung über die Vorteile von Kartenzahlungen? Blödsinn! Den Kunden verwirren die unterschiedlichen Begriffe wie Kreditkarte, Girocard oder EC-Karte? Reine Propaganda. Der Kunde ist einfach noch nicht so weit, da muss man Geduld haben.

Natürlich wollen wir in Deutschland barlose Bezahlverfahren vorantreiben, aber eben bitte schön nach unseren eigenen Regeln und mit unseren eigenen Lösungen. Welcher Kunde braucht denn bitte wirklich eine Kreditkarte, wenn es doch die EC, pardon, Girocard gibt? Richtig, niemand.

Ja, der Deutsche liebt Bargeld. Aber es ist weniger eine Liebe, als eine Zwangsehe

Apple Pay und Google Pay werden keine Wunder vollbringen

Apple Pay und Google Pay sind in Deutschland gestartet. Endlich. So weit, so schön. Aber Apple und Google können leider nicht lösen, was in Deutschland schon ursächlich falsch läuft:

  • eine immer noch zu geringe Kartenakzeptanz, einhergehend mit Unterschieden in der Unterstützung der Kartenschemes
  • zu häufige künstliche Limits die bei der Kartenzahlungen zugelassen werden
  • schlecht geschultes Kassenpersonal welche ihre eigenen Kartenterminals nicht kennen
  • eine Kreditwirtschaft die lieber ihre eigene Suppe kocht anstatt dem Kunden alle Möglichkeiten zu lassen.

Ja, der Deutsche liebt Bargeld. Aber es ist weniger eine Liebe, als eine Zwangsehe. Und Zahlungsverkehr kein lokales Thema mehr. Germany first funktioniert nicht. Daher bleibt am Ende die Gewissheit, dass auch Apple und Google keine Wunder vollbringen können. Apple Pay ist da: gehen sie weiter, es gibt nichts zu sehen.

Autor

  • Maik Klotz ist Berater, Sprecher und Autor zu den Themen Banking, Payment, Digital Identity, E-Commerce und Retail mit starkem Fokus auf „mobile“. Seit vielen Jahren berät Maik Unternehmen zu kundenzentrierten Innovationsmethoden und der Fokussierung auf den Nutzer. Er wurde von der Süddeutschen Zeitung in der Serie „Impulsgeber“ der Branche portraitiert und moderiert und spricht auf vielen Branchen-Events. Maik ist Imker.Maik ist Co-Founder von Payment & Banking und ist im Team mitverantwortlich für Marketing, Strategie und Events, insbesondere der Transactions.io

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