Acht Millionen Kunden für Trade Republic – aber reicht das?

Die neuen Zahlen des Fintechs sind erfreulich. Doch machen sie die mittelfristigen Herausforderungen nicht kleiner. Worauf es in den nächsten Monaten für Trade Republic ankommt. 

Es läuft aktuell einfach bei Deutschlands Groß-Fintechs. Nachdem vor einigen Wochen bereits N26 gute Zahlen etwa bei den Neuanmeldungen verkündete, zieht nun Trade Republic nach. Acht Millionen Kundinnen und Kunden hat der Neobroker aktuell nach eigenen Angaben, das von ihnen über die Plattform verwaltete Vermögen stieg auf 100 Milliarden Euro. „In ganz Europa entsteht eine neue Generation von Sparern am Kapitalmarkt, die ihr Geld selbst in die Hand nimmt“, erklärte Trade-Republic-Gründer Christian Hecker: „Ein Großteil dieser Kunden startet diesen Weg bei Trade Republic.“

Große Worte, die man ihm aber nicht verübeln kann, denn die Zahlen sind tatsächlich gut. Innerhalb eines Jahres konnte Trade Republic die Zahl der Kundinnen und Kunden verdoppeln. Andere Neobroker wie etwa Scalable haben deutlich weniger. Und selbst so manche Direktbank kann da nicht mehr mithalten, die DKB etwa hatte Mitte vergangenen Jahres berichtet, dass sie 5,7 Millionen Kundinnen und Kunden habe. Selbst Deutschlands größte Direktbank, die ING Deutschland, hatte Stand Mitte 2024 „nur“ etwa 1,5 Millionen mehr. Was sind die Gründe hinter dem explosionsartigen Anstieg? Und kann das Fintech die neue Größe nutzen, um sich auf bevorstehende Herausforderungen vorzubereiten?

Trading-Boom und neue Produkte

Trade Republic profitiert zunächst wie alle Broker vom Boom bei Börsengeschäften und Aktienhandel. Rund um die US-Wahl erreichten Kryptowerte, Indizes und andere Wertpapiere Höchststände, die Handelsvolumina stiegen 2024 allerorten. Die positive Stimmung lockte nicht nur bei Trade Republic Neukundinnen und -kunden an, auch Konkurrenten wie Scalable Capital und Flatexdegiro verkündeten Zuwächse.

Die Berliner taten aber auch ansonsten einiges, um neue Nutzerinnen und Nutzer anzulocken. Die Weitergabe der EZB-Zinsen an die Kundinnen und Kunden war ein Marketing-Erfolg. Die hauseigene Karte schlug voll ein. Rund zwei Millionen Kundinnen und Kunden sollten die Karte schon angefordert haben. Nun kommt nach und nach noch das Girokonto-Angebot hinzu. Klar ist: Trade Republic will nicht mehr reiner Broker sein, sondern Kundinnen und Kunden auch mit anderen Finanzdienstleistungen versorgen.

Harte PFOF-Wand voraus

Die Notwendigkeit, neue Geschäftsfelder zu erschließen, ist für Trade Republic allerdings auch groß. Denn ein wichtiger Erlöskanal wird sehr weit wegbrechen. Einen wichtigen Teil seiner Erträge erzielt die Firma über Payment for Order Flow (PFOF). Das soll aber laut einer beschlossenen EU-Regulierung bis 2026 verboten sein. Für Neobroker wie das Berliner Unternehmen ein Problem, auch wenn sich die Marktteilnehmer bisher betont gelassen geben.

Eine Option wäre, einen eigenen Handelsplatz aufzubauen. Scalable Capital hat das bereits in Angriff genommen. In Anbetracht der Tatsache, dass Trade Republic nun ein Vielfaches der Kundinnen und Kunden des Konkurrenten hat, könnte das Unternehmen einen solchen sicher auch stemmen. Pläne wurden bisher allerdings nicht bekannt.

Kann der Service endlich aufschließen?

Dringend nachlegen muss Trade Republic weiterhin beim Service für seine Kundinnen und Kunden, gerade jetzt mit viel mehr Kund:innen, die logischerweise auch viel mehr Anfragen stellen. Im vergangenen Jahr waren die Beschwerden über die lahmarschigen und oft wenig hilfreichen Services ein dauerndes Hintergrundrauschen. Trotz aller Beteuerungen seitens des Unternehmens, dass man investiere und das Problem bald in den Griff bekomme, sind die Klagen aber nicht verschwunden. Damit aus den Millionen Neukundinnen und -kunden aber auch langjährige werden, muss damit 2025 Schluss sein.

Spannend für Trade Republic wird im Angesicht der nahenden Bundestagswahl sicher auch, ob staatlich geförderte ETF-Sparpläne noch einmal auf die Agenda kommen. Das entsprechende Vorhaben der Ampelkoalition überlebte den Regierungsbruch nicht, im Bundestagswahlkampf spielt es bisher keine Rolle. Für Broker-Plattformen ist das ärgerlich, viele sahen hier Chancen, neue Kundinnen und Kunden zu gewinnen und neue Produkte anbieten zu können.

Wie die aussehen können, erprobt Trade Republic nun zunächst in Frankreich. Wie das Unternehmen ebenfalls jetzt bekanntgab, können Kundinnen und Kunden dort das staatliche Spardepot (PEA) provisionsfrei besparen. Für das größte deutsche Nachbarland haben sich die Berliner auch extra eine eigene Lizenz besorgt (ebenso für Spanien und Italien).

Trotz guter Unternehmenszahlen bleibt also auch 2025 reichlich zu tun. Vor allem, weil im Hintergrund auch noch der unausgesprochene Fintech-Cold-War mit N26 tobt, die mit ihren ebenfalls fast fünf Millionen Kundinnen und Kunden auf den Tradingmarkt drängen. Und ob der Markttrend auch 2025 so positiv bleibt, in einem Jahr ohne US-Wahl, bleibt ebenfalls abzuwarten. Das Los des Fintech-Gründers: Zeit zum Feiern bleibt selten.

Autor

  • Lars-Thorben Niggehoff ist freier Journalist und Gründer des Journalistenbüros dreimaldrei. Er schreibt über Finanzthemen, Mittelstand und den Immobilienmarkt, neben Payment & Banking unter anderem auch für Brand Eins, Capital, Welt und Wirtschaftswoche.

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