Als Nelson Holzner und seine beiden Mitgründer Sven Brauer und Jan Wehrs 2018 mit Modifi an den Start gingen, planten sie schon damals groß. Mit Wachstum kennen sich die drei schließlich aus, denn sie gehörten zum Kernteam von Billpay, einem Dienstleister zur Abwicklung von Rechnungszahlungen, der bereits 2017 vom schwedischen Zahlungsdienstleister Klarna gekauft wurde.
Modifi sammelt seit Start 111 Mio. US-Dollar ein
„Unser Ziel ist es, aus Deutschland heraus die führende globale Plattform für digitale Handelsfinanzierung mit Fokus auf kleine und mittelständische Unternehmen zu werden“, sagt Holzner im Gespräch mit Payment and Banking. Mit dem Einstieg der Silicon Valley Bank ist das Gründerteam nun einen erheblichen Schritt weitergekommen. Durch die neue Finanzierung hat das Berliner Unternehmen alles in allem seit Start vor drei Jahren nun – Achtung: Schnapszahl! – 111 Mio. US-Dollar eingesammelt!
Das ist mitnichten allerdings Fremd- oder Eigenkapital, sondern 60 Mio. Euro davon entfallen nun auf die Kreditlinie, die die Silicon Valley Bank künftig zur Verfügung stellt, um Händlern und KMUs Exportfinanzierungen vorzufinanzieren.
Für die SVB ein eher ungewöhnlicher Schritt, denn das Institut, gerne auch als „Hausbank der Hightechbranche in den Vereinigten Staaten“ bezeichnet, vergibt sonst Kredite an Erfolg versprechende Wachstumsunternehmen, denen das Geld für die ersten Schritte fehlt.
Schnelle Skalierung möglich
„Das Produkt ist so gebaut“, so verrät Holzner, „dass sich das Volumen vervielfachen kann nach den ersten 12-18 Monaten.“ Es wurde eine Verbriefungsstruktur aufgesetzt, die es Modifi ermöglicht, die Re-Finanzierung für Exporteure weltweit garantieren zu können. Das Unternehmen konnte in den letzten Jahren in über 40 Ländern Transaktionen durchführen, die Hälfte der Warenströme komme dabei mittlerweile aus den USA, verrät Holzner.
Mit der Einkaufsfinanzierung von Modifi können Händler und KMUs Bestellungen bis zu 120 Tage digital finanzieren. In der Regel können Kreditentscheidungen innerhalb von 48 Stunden getroffen werden, Modifi zahlt das Geld zum Fälligkeitstermin an den Lieferanten und räumt dem Käufer ein Zahlungsziel von 30 bis 120 Tagen ein. Die Bewertung über die Bonität erfolgt per automatisierter Datenanalyse. Ein durchschnittliches Ticket beläuft sich, so Holzner, auf durchschnittlich 30.000 Euro. Aktuell betreibt das Fintech Büros in Berlin, Amsterdam, Delhi, Shenzhen, Hong Kong und Dubai.
Bereits in den vergangenen Wochen kristallisierte sich heraus, dass das Team trotz der pandemiebedingten Unsicherheiten im weltweiten Warenverkehr nicht untätig war.
Vor einigen Wochen wurde bekannt, dass die Berliner den britischen Konkurrenten PrimaDollar zu einem nicht bekannten Kaufpreis übernehmen und künftig auch dessen Kunden bedienen werden. Zudem verkündete das Berliner Unternehmen die Expansion in die Niederlande. Dort bietet Modifi gemeinsam mit der Solarisbank kleinen und mittelgroßen Unternehmen Einkaufsfinanzierung an.
Heimliche Investmentrunde im alten Jahr
Zu den Investoren gehörten neben Rocket Internet zunächst auch der Corporate Venture-Arm von A.P. Moller-Maersk, der größten Containerschiffsreederei der Welt, die 2019 mit 5,5 Mio. Euro in das Unternehmen investiert hatten. Still und heimlich hatte das Unternehmen Ende Sommer 2020 noch eine weitere Runde gemacht, über dessen Höhe Holzner jedoch Stillschweigen bewahrt. Die Bestandsinvestoren sind die Runde jedoch alle mitgegangen.
Modifi will die anstehende Expansion in die USA nun mit aller Kraft vorantreiben ebenso wie das Wachstum in den bestehenden Märkten in Asien und Europa. Mit dem Schritt über den Atlantik wird das Unternehmen eigenen Angaben nach 80 Prozent des globalen Handels ab. Weitere Ideen kursieren längst in den Köpfen des Gründerteams. Kein Wunder: KMUs sind für viele Unternehmen in den Fokus gerückt und das Rennen um diese Zielgruppe ist in vollem Gange.