Das irisch-US-amerikanische Fintech will in Deutschland mächtig angreifen und kündigt zahlreiche neue Produkte an. Die Konkurrenz kann das nicht kalt lassen.
Es sollte ein ziemlich großes Spektakel sein, das der Finanzdienstleister Stripe am Dienstag vor 350 Besucher:innen in Berlin veranstaltete. Von 8 bis 19 Uhr ging es im Konferenzzentrum Estrel um die großen Themen: die Zukunft des Handels, Pay by Bank, Stablecoins und selbstverständlich auch KI. Eine Roadshow mit namhaften Sprecher:innen. Stripe, so die Botschaft, die sich schon aus dem Programm ablesen lässt, will nun so richtig was reißen im deutschen Markt.
Das dürfte durchaus für Aufsehen sorgen, nicht nur bei den 350 Besucher:innen. Denn Stripe ist vielleicht der Fintech-Star der Stunde. Im vergangenen Jahr hatten Firmen, die Stripe nutzen, ein Gesamtzahlungsvolumen von 1,4 Billionen US-Dollar, gab das Fintech bekannt. Und im vergangenen Jahr leistete sich der Finanzdienstleister die Übernahme des Stablecoin-Start-ups Bridge für kolportierte 1,1 Milliarden Dollar.
Und tatsächlich soll es einige Neuerungen geben. Bis Jahresende will Stripe die neue europäische Echtzeit-Zahlungsoption Wero einführen. Das passt auch ganz gut zum neuen Konzept der europäischen Zahlungsinitiative (EPI), die nun auf Kooperationspartner setzt, anstatt Wero alleine an den Markt zu bringen. Stripe selbst will seinen Kund:innen noch die Option Pay by Bank anbieten, um Bankzahlungen für europäische Verbraucher und Unternehmen attraktiver und reibungsloser zu gestalten – sowie 25 weitere globale Zahlungsmethoden.
Neue Partnerschaften angekündigt
Für das Pay-by-Bank-Angebot, bei dem Kund:innen direkt von ihrem Bankkonto aus bezahlen können, arbeitet man mit dem Truelayer zusammen. In Großbritannien war diese Zahlungsmethode via Stripe schon verfügbar. Nun soll sie neben Deutschland auch nach Frankreich kommen. Die Vorteile für Händler:innen: Bei solchen Zahlungen sind keine Schemes mehr eingebunden, die Gebühren verlangen. Und die Transaktionen werden in Echtzeit verarbeitet, das Geld ist also sofort da. Sollten das tatsächlich einmal viele Kund:innen nutzen, schwächt das die Position von Visa, Mastercard und Co. Damit Händler:innen das tatsächlich anbieten und Kund:innen auch nutzen, muss es mindestens so einfach sein wie die Kartenzahlung. Zumindest technisch möglich wäre das.
Es kommen noch weitere Partnerschaften hinzu: Gemeinsam mit Allianz Trade startet Stripe einen nach eigenen Angaben verbesserten Order-to-Cash-Prozess für B2B-Transaktionen, unter anderem mit automatisierten Payment Links. Zudem ist das Unternehmen Partner im kürzlich gestarteten Payment Hub des deutschen Softwareanbieters Commercetools, der globale Marken wie Audi, Danone und Sephora unterstützt. Stripe setzt also auf, typisch für das Fintech, gleich auf mehrere Geschäftszweige.
Und dann wäre da noch der Dienst Stripe Capital, der nun nach Deutschland kommen soll. Mit ihm können Mittelständler Darlehen und Vorschüsse erhalten. Im Idealfall geht das für sie schneller, als mit einer etablierten Bank über einen Kredit zu. Eine Nachfrage nach schnellen Krediten dürfte sicherlich vorhanden sein. Laut einer Untersuchung der nationalen Förderbank KfW klagt fast ein Drittel der mittelständischen Unternehmen in Deutschland über ein restriktives Verhalten ihrer Banken bei der Kreditvergabe. Wobei es gerade in diesem Umfeld Stripe mit zahlreichen Konkurrenten in Deutschland zu tun bekommt. Allein für den Bereich Factoring tummeln sich die Anbieter hierzulande. Mit großen Ankündigungen und auch schon der einen oder anderen Übernahme drängt zum Beispiel Teylor aus der Schweiz auf andere europäischen Märkte.
Die vielleicht größte Neuerung ist aber eine andere: Noch in diesem Jahr sollen deutsche Unternehmen ihr Guthaben bei Stripe auch in Stablecoins halten, bewegen und auszahlen können, kündigt das Fintech an. Umrechnungsgebühren soll es keine geben. Das mag im ersten Moment nach einer Spielerei für Krypto-Enthusiasten klingen, doch es ist ein Angriff auf die etablierten Banken. Das Potenzial hinter Stableocins ist für Unternehmen groß, denn mit Stablecoins lassen sich internationale Überweisungen innerhalb von Sekunden, oder sagen wir Minuten, durchziehen. Das ist deutlich schneller als bei einer Banküberweisung, die oft Tage dauern kann. Zudem sind derartige Geldtransfers zumeist günstiger als Überweisungen über das sonst übliche Swift-Netzwerk.
Durchbruch in 101 Ländern
Darüber hinaus lassen sich digitale Geldreserven schneller verschieben, ohne Intermediäre. „Zudem können Unternehmen nun ihre Mitarbeiter weltweit mit einer stabilen Währung bezahlen, Kosten durch Inflation und Währungsumtausch reduzieren und dadurch ihre finanzielle Effizienz massiv steigern”, sagt der Krypto-Verantwortliche von Stripe, John Egan, zu Payment & Banking. Denn das neue Stablecoin-Angebot gibt es laut Egan nicht nur in Deutschland, sondern gleich in 101 Ländern. Für ihn ist das einer der ganz großen Vorteile von digitalen Währungen. „Wir können Produkte nun direkt in zahlreichen Ländern ausrollen, das wäre vorher so nicht möglich gewesen“, sagt er.
Gemeinsam mit Visa und dem kürzlich übernommenen Fintech Bridge will man nun auch das erste globale Stablecoin-Kartenprogramm auf den Markt bringen. Damit sollen Kund:innen überall mit ihrem Stablecoin-Guthaben bezahlen können, wo Visa akzeptiert wird. Die Verschmelzung von digitalen Währungen und dem bisherigen Zahlungsalltag vieler schreitet damit weiter voran.
Aus Stripe-Sicht gilt es nun also vor allem darum, die neuen Produkte auch an den Händler zu bringen. Da kommt so eine Roadshow wie in Berlin sicherlich sehr gelegen. Jetzt müsste nur noch die große Stablecoin-Euphorie einsetzen. Zumindest in Deutschland ist davon in der Breite aber noch nichts zu spüren.