Das Geldwäschevolumen in Deutschland beläuft sich laut einer Analyse des Bundesfinanzministeriums heute auf mehr als 100 Milliarden Euro jährlich. Zur Vermeidung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sind deshalb in den letzten Jahren die gesetzlichen Anforderungen stark gestiegen. Eine Vielzahl von Unternehmen ist mittlerweile verpflichtet, ein Risikomanagement zu implementieren, das Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung frühzeitig erkennt und damit möglichst verhindert.

Die Erfüllung einer Geldwäsche (GwG)- konformen Prüfung bedeutet bisher einen hohen manuellen Aufwand, ist zeit- und kostenintensiv. Um Verpflichteten nach GwG beim aufwendigen und schwierigen KYC-(Know Your Customer)-Prozess, der beim Eingehen einer neuen Geschäftsbeziehung durchgeführt werden muss, zu unterstützen, haben die SCHUFA Holding AG und fino ihre Aktivitäten rund um KYC-Dienstleistungen zur Erfüllung regulatorischer Pflichten gebündelt und die Tochtergesellschaft ClariLab gegründet.

„Wir führen zwei Assets in einem neuen Unternehmen zusammen“
Tobias Eiss (links) und Tobias Weber (rechts) von ClariLab

Kooperationen zwischen Fintechs und etablierten Unternehmen gibt es viele. Nun haben fino und die Schufa ClariLab an den Start gebracht – was ist das Besondere an dem Zusammenschluss?

Tobias Eiss: Was beide Unternehmen zusammenführt, ist die Verbindung aus technologischem Know-how, Entwicklungsfähigkeit, Geschwindigkeit, Markterfahrung und existierenden Lösungen sowie Kundenzugang und dem gemeinsamen Verständnis, was Banken heutzutage benötigen. In ClariLab kommen diese Erfolgsfaktoren zusammen.

Die SCHUFA verfügt neben ihren engen und langjährigen Kundenbeziehungen zu Unternehmen  unterschiedlicher  Branchen  über  anerkannte  Expertise  zur  sicheren Identifizierung und über die für  eine  GwG-konforme Prüfung  notwendigen Informationen zu juristischen und natürlichen  Personen.

„Wir führen zwei Assets in einem neuen Unternehmen zusammen“

fino bringt neben der ausgeprägten Entwicklungskompetenz und Vernetzung in die Finanzwelt die Möglichkeit ein, einen BaFin-regulierten Betrieb über die fino run GmbH abzubilden. Diese Kombination erlaubt es uns, die Themen Geldwäschebekämpfung und Verhinderung von Terrorismusfinanzierung weiterzuführen.

Tobias Weber: Wir senden ein klares Signal in den Markt: Wir kümmern uns um das Thema im Sinne der Banken und Kunden. Was die SCHUFA thematisch bereits vor Jahren begonnen hat, erweitert ClariLab als eigene Entität aber im Schulterschluss mit der SCHUFA. Wir sind Lösungsanbieter für regulatorische Themen, unterstützen aber auch bei der Vermittlung zwischen Gesetzgeber, Aufsichtsbehörden und Verpflichteten.

Seit dem 1. Januar 2020 müssen Unternehmen wie Banken, Auktionshäuser oder Immobilienmakler, die regelmäßig mit Vermögenswerten zu tun haben, sich auf deutlich strengere Vorschriften gegen Geldwäsche einstellen. Wie groß ist das Problem „Geldwäsche“ über die letzten Jahre geworden? Wie viele regulatorische Hindernisse gibt es zu überwinden und wo stehen wir im Jahr 2020?

Tobias Weber: Aufschluss darüber wird unserer Einschätzung nach die diesjährige FATF-Prüfung geben, auf deren Ergebnis wir gespannt sind. Dieses wird Einfluss auf die 6. Novellierung des Geldwäschegesetzes haben. Wir bieten mit der KYCnow-Plattform eine Lösung, die den Großteil der Aufgaben wie die Unternehmensabfrage, die Ermittlung des wirtschaftlich Berechtigten und den Abgleich gegen PEP- und Sanktionslisten automatisieren. So möchten wir unsere Kunden sukzessive dazu befähigen, ihr Wissen unter Berücksichtigung der Gesetze einsetzen sowie um weitere Ideen und neue Geschäftszweige finden zu können. Sicherlich ist das noch ein weiter Weg, aber ein Ziel, auf das wir hinarbeiten. 

Wie kann ich als Zielgruppe ClariLab künftig einsetzen?

Tobias Eiss: Unterschiedliche Verpflichtetengruppen können heute die KYCnow-Plattform für eine komplette Automatisierung des KYC-Prozesses nutzen. Wir beraten darüber hinaus zu den Themen Geldwäscheprävention und Verhinderung von Terrorismusfinanzierung. 

Woher kommt der Name ClariLab eigentlich?

„Wir führen zwei Assets in einem neuen Unternehmen zusammen“

Tobias Weber: Wir sind mit dem Bereich KYC gestartet, bei dem es unter anderem darum geht,  Klarheit (englisch clarity) über die Verflechtungen von Unternehmen und Personen oder Berechtigten zu erlangen und den Abgleich gegen Risikolisten vorzunehmen. Am Ende dieses Prozesses steht ein Ergebnis, das eine Bank als Grundlage für eine Risikoentscheidung verwenden kann. 

ClariLab versteht sich zudem als Joint-Venture, das unter Laborbedingungen Lösungen im Bereich der Regulatorik entwickelt. Schnell, gründlich und vor allem für die Praxis anwendbar.

75 Prozent der Unternehmensanteile von ClariLab liegen bei der Schufa, die restlichen 25 Prozent bei fino? Was bedeutet das für das Operative konkret?

Tobias Eiss: Die Aufteilung schlägt sich im operativen Geschäft  nicht nieder. Wir können in allen Bereichen die Expertise beider Unternehmen voll ausschöpfen und einbringen. Entscheidend ist, dass hier etwas ganz Neues entstanden ist und wir durch die Zusammenarbeit, Lösungen geschaffen haben und anbieten können, die SCHUFA oder fino alleine nicht hätten. Ein Beispiel: Die Automatisierung und Geschwindigkeit bei der Personen- oder Unternehmensabfrage alleine, wäre ohne die Unterfütterung mit dem größten nationalen Datenbestand, welchen die SCHUFA bereithält, am Ende nicht zweckdienlich. Operativ können wir deshalb neue Lösungen schaffen, weil wir zwei Assets in einem neuen Unternehmen zusammenführen. 

Geplant sind weitere Leistungen im RegTech-Umfeld: Was genau ist damit gemeint?

Tobias Weber: Lösungen wie der SCHUFA-FrauPool oder Bonitätsinformationen sowie die vollständige KYC-Akte der ClariLab sind drei große und wichtige Bausteine für die Vermarktung von Finanzprodukten und -dienstleistungen.

Der hohe Grad an Automatisierung lässt initiale Kosten deutlich schrumpfen und es ergeben sich so ganz neue Potenziale. Wir helfen, indem wir Transaktionskosten reduzieren, sodass KMU künftig Finanzprodukte trotzdem in Anspruch nehmen können. Durch das Wegfallen dieser Kosten ergibt sich ein neuer Markt, den es zu bespielen gilt.

„Der hohe Grad an Automatisierung lässt initiale Kosten deutlich schrumpfen und es ergeben sich so ganz neue Potenziale.“

Vor der Gründung von ClariLab hatten fino und die SCHUFA bereits die Plattform „KYCnow“ gemeinsam entwickelt. Worin unterscheidet sich ClariLab im Angebot?

Tobias Eiss: Die Gründung von ClariLab ist die logische Konsequenz aus dem bisherigen Erfolg der KYCnow Plattform. Mit dem neuen Unternehmen haben wir aus einem Vertragskonstrukt der beiden Entitäten nun eine juristische Einheit geschaffen und dieser alle Möglichkeiten an die Hand zu geben, selbst am Markt agieren zu können. Damit wollen wir die Erfolgsgeschichte konsequent und mit weniger Aufwand fortschreiben.

Und es funktioniert: ClariLab konnte sich unmittelbar nach seiner Gründung mit der Realisierung der SCHUFA-B2B-Förderkreditauskunft beweisen und mit dieser im Rahmen der Covid-19-Hilfe der KfW Banken dabei unterstützen, die Anträge nach Schnellkrediten zu bearbeiten. Inzwischen nutzen hunderte Banken die Plattform, um schnell und zugleich gesichert Unternehmen in Not zu helfen. Ein schönes Beispiel, wie wir als ClariLab schnell auf Markterfordernisse reagieren und in kürzester Zeit konkrete Lösungen bereitstellen können. 

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